Blaue im Visier der Justiz

Gerhard Dörfler, Jörg Haider: FPÖ-Bundesrat gerät wegen illegaler Parteispende ins Zwielicht
Parteispenden-Skandal und Steuerreform ändern Polit-Klima.

Kärnten kommt aus dem Skandal-Sumpf nicht heraus. Mehr als sechs Jahre nach dem Tod Jörg Haiders apern immer noch neue Belege heraus, wie unverfroren der ehemalige Oberblaue und seine Gefolgsleute mit öffentlichem Geld umgingen. Die Justiz ermittelt nun erneut gegen "frühere Mitglieder der Kärntner Landesregierung", wie ein Sprecher der Korruptionsstaatsanwaltschaft dem KURIER bestätigt. Namen würden vorerst keine genannt, dazu sei die Causa "zu frisch", es sei "zu viel im Fluss". Der Verdacht lautet auf Untreue.

Kurz zur Vorgeschichte: Die Ex-Freundin von Haiders Pressesprecher Karl Heinz Petritz, Elisabeth Kaufmann-Bruckberger, hat nach langem Hinhalten letzte Woche vor der Justiz ausgepackt und zugegeben, 700.000 Euro verdeckt kassiert zu haben, von denen sie 35.000 behielt und den Rest in Tranchen an Haider-Leute bzw. an Haider persönlich weiterreichte. Die 700.000 Euro sind Kärntner Steuergeld, die als "Nebenkosten" – offiziell als "Provisionen" – beim Ankauf von Seen-Immobilien durch das Land Kärnten anfielen. Verkäufer der Seen-Immobilien war ein Konsortium aus Bawag und ÖGB. Bruckberger – nunmehrige Landesrätin in Niederösterreich (sie kandidierte für das Team Stronach, von dem sie schon wieder weg ist) – sagte dem KURIER und vor der Justiz, die "Parteispende" sei "von den Verkäufern", also Bawag und ÖGB, angeboten worden. Der damalige ÖGB-Präsident, Sozialminister Rudolf Hundstorfer, hat mehrfach, auch vor dem Kärntner Landtag, wo ein Untersuchungsausschuss die Causa durchleuchtet, betont, er habe weder Provisionen bekommen noch welche bezahlt.

Ein Blick ins Archiv zeigt: Der Seen-Deal fand im November 2007 statt. Damals gehörte die Bawag dem US-Fonds Cerberus (sie war im Mai 2007 vom ÖGB verkauft worden). Bruckberger sagt, sie nenne in Absprache mit der Staatsanwaltschaft keine Namen derer, die die Parteispende angeboten haben.

Parteikassier im BZÖ war damals Gerhard Dörfler, späterer Landeshauptmann und nun Inhaber eines Bundesratssitzes der FPÖ. Dörfler will von all dem nichts mitbekommen haben. Haiders Büroleiter in der fraglichen Zeit war Harald Dobernig, später Finanzlandesrat. Auch er sagt, er wisse von nichts. Insgesamt ermittelt die Justiz gegen 15 Personen. Auch andere Befragte sollen "ausgepackt" haben.

In Kärnten beteuern BZÖ und FPÖ, sie hätten kein Geld erhalten. Dagegen steht die Aussage Bruckbergers von der "Parteispende". Die Kärntner SPÖ verlangt jedenfalls, dass die 700.000 Euro ans Land zurückbezahlt werden. Immerhin werden Landes-Kredite, mit denen Haider den Seenkauf finanzierte, aus Steuergeld abbezahlt. Und zwar ausgerechnet mit Zinserträgen aus dem berühmten Zukunftsfonds. Haiders Hymne auf den Kärntner Reichtum lässt sich auch so interpretieren: An der Wiege des Zukunftsfonds stand der Verkauf der Hypo an die Bayern. Bei dieser Transaktion baute Haider Birnbacher als Geldschleuse ein. Bei den Zinserträgen aus dem Zukunftsfonds schnitt Haider über die Geldschleuse Bruckberger mit.

SP/VP verspüren Aufwind

So schnell kann es gehen. Vor einigen Wochen noch war Kanzler Werner Faymann von Sorgen geplagt, seine Partei könnte ihn ablösen – doch eine Steuerreform später ist alles anders. Faymann sitzt so fest im Sattel wie schon lange nicht mehr. Und das, obwohl er – wie Finanzminister Hans Jörg Schellingvorrechnet – statt zwei Milliarden "Reichensteuern" gerade einmal 35 Millionen nach Hause gebracht hat.

Den Erfolg hat Faymann einem Überraschungseffekt zu verdanken. "Keiner hat der SPÖ zugetraut, dass sie ein so großes Volumen bei der Lohnsteuersenkung durchbringen wird", sagt Josef Muchitsch, streitbarer Gewerkschafter aus der Steiermark. "Niemand hat mit dieser Größenordnung gerechnet", bestätigt Daniel Fellner, Geschäftsführer der SPÖ-Kärnten.

Zur positiven Resonanz für die SPÖ trägt bei, dass sie den Verhandlungserfolg auch kommunikativ ins Ziel brachte. "Die Bundes-SPÖ hat das diesmal perfekt gemacht", lobt Fellner. Die SPÖ-Funktionäre wurden mit Infos versorgt, Werbesujets waren vorbereitet und auf Knopfdruck abrufbar. Auch der ÖGB reagierte prompt. Muchitsch: "Alle 882.000 Personen, die die Steuer-Kampagne unterschrieben, wurden kontaktiert."

Obwohl die Steuersenkung erst ab Jänner 2016 wirksam wird, glaubt Muchitsch, dass sie sich schon bei den kommenden Wahlen positiv auswirken wird.

In Muchitschs steirischer Heimat findet der erste Test statt. Heute wählen die Steirer ihre Gemeinderäte und Bürgermeister (außer Graz), in wenigen Wochen, am 31. Mai, den Landtag. "Die Steuersenkung wird von den Leuten als überfällig empfunden", weiß der ÖVP-Abgeordnete Werner Amon von seinen Werbetouren in der Obersteiermark zu berichten. "Dass uns die Steuerreform übermäßig nützt, glaube ich dennoch nicht, weil die Leute misstrauisch sind, ob da nicht noch etwas nachkommt", meint Amon.

ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka erzählt aus der Oststeiermark, es herrsche zwar "keine Jubelstimmung", aber die kommenden Wohltaten seien zumindest schon weithin bekannt. Lopatka: "Die Leute wissen größenordnungsmäßig Bescheid, wie viel sie profitieren werden." Die medialen Proteste aus ÖVP-Wirtschaftskreisen würden das Stimmungsbild verzerren. Lopatka: "Die Mehrheit der ÖVP-Wähler sind Arbeitnehmer, und sie profitieren von der Steuersenkung."

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