Länder wollen für Kärnten nicht zahlen

Die versammelten Landeshauptleute eint nun ein Problem: Der vom Bund verhängte Zahlungsstopp für die Hypo-Bad-Bank reißt auch ein Riesenloch in die Bilanzen der Landes-Hypos. Daher soll Kärnten zahlen. Nur Michael Häupl ist nicht betroffen, Wien hat keine Landes-Hypo.
Über den Umweg ihrer Landes-Hypos drohen den Bundesländern nun Haftungszahlungen von 800 Millionen. Sie wollen nicht am Hypo-Debakel beteiligt werden und sich an Kärnten schadlos halten. Krisensitzung in Wien.

Die Bundesländer sind mit dem am Sonntag verkündeten Zahlungsstopp des Bundes bei der Hypo-Bad-Bank "Heta" extrem unglücklich und entsprechend aufgebracht. Sie wollen mit dem nun aufgetauchten Loch von fast acht Milliarden Euro, das der Bund als Eigentümer der Hypo-Alpe-Adria-Abbaueinheit nicht mehr auffüllen will, am liebsten gar nichts zu tun haben. Über ihre Landes-Hypos hängen sie aber tief mit drin.

Nach einer längeren Schrecksekunde läuten die Alarmglocken jetzt umso lauter. Die Länderchefs von Bregenz bis Eisenstadt fürchten einen schmerzhaften Dominoeffekt für ihre Landes-Hypos – und wollen sich deshalb an Kärnten schadlos halten. In ihrer für Mittwochnachmittag angesetzten Sondersitzung werden dem Vernehmen nach auch die Vertreter der Landeshypos sowie die Finanzmarktaufsicht anwesend sein.

800 Millionen

Der Reihe nach: Die Hypo-Nachfolgerin Heta schuldet der gemeinsamen Pfandbriefbank der Landes-Hypos 1,2 Milliarden Euro, davon 800 Millionen zahlbar innerhalb der nächsten zwölf Monate. Geld, das nun nicht mehr fließt.

Zu diesem Liquiditätsproblem kommt ein sofortiger Abwertungsbedarf der Pfandbriefbank in Höhe von 600 Millionen Euro (geht man von dem angestrebten 50-Prozent-Schuldennachlass der Hypo-Gläubiger aus). Daraus entsteht ein massives Eigenkapital-Problem, wenn die Landes-Hypos ihrer Pfandbriefbank nicht zu Hilfe eilen. Die Beträge sind aber zu hoch, als dass sie die Landes-Hypos so einfach auf der hohen Kante hätten. Bei einzelnen Landes-Hypos könnten die Fehlbeträge durchaus existenzgefährdend werden. Etwa bei der Bank Burgenland. Ein Ausweg wäre, dass die Bundesländer ihren Landes-Hypos aushelfen. Doch das überfordert entweder die jeweiligen Budgets oder kommt mit dem EU-Beihilfenrecht in Konflikt. Sowohl in Tirol als auch in Oberösterreich geht es um je 150 Millionen Euro.

Zu diesem komplexen Thema jagte am Dienstag eine Krisensitzung die nächste. Heute tagen dazu die Finanzreferenten unter dem Vorsitz Niederösterreichs, die über die Hypo-NÖ betroffen ist.

Die schwarzen Landeschefs von Oberösterreich, Tirol und Vorarlberg, Josef Pühringer, Günther Platter und Markus Wallner, gingen schon im Vorfeld der Sitzung davon aus, dass Kärnten werde zahlen müssen, mahnen aber auch einen Beitrag des Bundes ein. Pühringer will "jede Regressmöglichkeit" gegen Kärnten prüfen. Platter sagte: "Die Haftungen Kärntens müssen schlagend werden." Zudem gelte es zu besprechen, "wie es mit dem Bund ausschaut".

Regress

Auch Vorarlberg befürchtet einen Schaden für die landeseigene Hypo. Wallner will daher umgehend prüfen, "wie Kärnten regressiert werden kann." Der angesprochene Landeshauptmann Peter Kaiser will sich jedoch an der Haftungsdebatte momentan nicht beteiligen. Er bezeichnete die Diskussion im Ö1-Mittagsjournal als "Kaffeesudleserei".

Wirtschaftsprofessor Gottfried Haber von der Uni Krems ist die Sachlage jedoch klar: Über den Umweg der Landes-Hypos müsse am Ende des Tages wohl wiederum der Steuerzahler für Hunderte Millionen Euro geradestehen. Haber glaubt: "Das allgemeine Aufatmen war verfrüht."

Landes-Hypos und ihre Pfandbriefbank

Finanzierungen Die alte Pfandbriefstelle wurde in den 1930er-Jahren gegründet und agiert seither als gemeinsames "Emissionsinstitut" der österreichischen Landes-Hypothekenbanken. Das heißt, sie begibt Anleihen und reicht das eingenommene Geld an die Landes-Hypos weiter. So geschehen auch bei der Kärntner Hypo. Weil diese ja nicht mehr zahlen kann, schuldet nun die Pfandbriefstelle den Anleihezeichnern das Geld – die Landeshypos müssten einspringen. Seit heuer heißt sie übrigens Pfandbriefbank.

"Unverzichtbar" sei "die Entscheidung" von Finanzminister Hans Jörg Schelling gewesen, sagt Kanzler Werner Faymann, "alternativlos" nennt sie Vizekanzler Reinhold Mitterlehner. Am Sonntag hat die Regierung in einem Geheimministerrat beschlossen, kein weiteres Steuergeld in die Hypo-Abbaueinheit Heta zu pumpen. Alle fälligen Zahlungen an die Gläubiger werden bis Mai 2016 ausgesetzt (siehe oben). Vom Bund soll also nichts mehr kommen.

Was bedeutet das für Kärnten, das nach wie vor mit rund zehn Milliarden Euro für Hypo-Anleihen haftet?

Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser meint, Land und Bund hätten damit eine "Atempause" erwirkt. Jetzt müsse die Finanzmarktaufsicht mit den Gläubigern (andere Banken, Versicherungen, Fonds etc.) über einen Schuldennachlass verhandeln – "um den weiteren Schaden" für Kärnten "so gering wie möglich zu halten".

Finanzminister Schelling befindet, die Gläubiger müssten dazu gebracht werden, auf Klagen gegen Kärnten zu verzichten. Immerhin würden sie bei einem Schuldenschnitt einen Teil ihrer Forderungen erhalten. Experten gehen aber nicht davon, dass sich alle Gläubiger damit begnügen werden. Sie rechnen mit Klagen gegen Kärnten.

Wie wirkt sich das auf die Haftungen aus? Einigt man sich etwa auf einen Schuldennachlass von 50 Prozent, "würden die Haftungen in Höhe von rund fünf Milliarden Euro schlagend", sagt der Wirtschaftsprofessor Gottfried Haber. Das heißt, die Investoren bekämen die Hälfte ihrer Forderungen von der Heta. Den Rest müssten sie in Kärnten einklagen. Bekämen die Kläger Recht, würde das für Kärnten wohl die Pleite bedeuten – angesichts eines Jahresbudget von 2,2 Milliarden Euro. Kaiser geht davon aus, dass Kärnten die Finanzlast, die letztlich bleibt, nicht alleine stemmen muss. Der Bund werde wohl helfen. Der Kanzler lässt das offen. Er wolle "nicht philosophieren. Das würde den Verhandlungsablauf beeinträchtigen", sagt Faymann.

Auch Mitterlehner verspricht den Kärntnern nichts. Er denkt gar daran, ein Länder-Insolvenzrecht "zu prüfen. Möglicherweise brauchen wir neben dem BaSAG ein LaSAG". Er spielt auf das Bankenabwicklungsgesetz an, das seit 1. Jänner gilt und auf dessen Basis die Bad Bank Heta nun abgewickelt wird. Kanzler Faymann will Mitterlehners Begehren nicht kommentieren – "um die Verhandlungen nicht zu beeinflussen". Fiskalratspräsident Bernhard Felderer fände "nicht so schlecht, über ein Länder-Insolvenzrecht zu diskutieren. Derzeit hat der Bund nämlich keine Sanktionsmöglichkeiten, wenn sich Landeshauptleute nicht an Haftungsregeln und Schuldenbegrenzungen halten." In Deutschland seien Bundesländer schon pleite gewesen, Saarbrücken zwei Mal, Bremen ein Mal. "Der Bund hat einen Administrator geschickt, der jede öffentliche Ausgabe unterschreiben musste. Zwei Jahre später waren diese Länder saniert."

Kommentare