Ausweg aus Obergrenzendebatte? "Auf Quote für 2017 vorgreifen"

Als „unglücklich“ qualifiziert Ferry Maier, rechte Hand von Flüchtlingskoordinator Christian Konrad, den Zwist um Zahlen.
Für Ferry Maier, Co-Koordinator für Flüchtlinge im Auftrag der Regierung, wäre Notverordnung damit nicht nötig.

"Unglücklich" nennt Ferry Maier, rechte Hand des von der Regierung beauftragten Flüchtlingskoordinators Christian Konrad, das, was sich Mitte der Woche zwischen Rot und Schwarz abgespielt hat. Auslöser war die simple Frage: Wie viele Asylsuchende gibt es seit Jahresbeginn, die zur "Obergrenze" von 37.500 gezählt werden? 11.000, wie SPÖ-Kanzler Christian Kern sagte, oder schon 22.200?

Drei Herren

Nach Hin und Her hatten sich die Koalitionäre zusammengerechnet. Und ÖVP-Innenminister Wolfgang Sobotka tat kund: Bis dato seien 18.950 Asylanträge gestellt worden. Maiers Befund via KURIER: "Es haben drei Herren – Kanzler, Innen- und Verteidigungsminister – über die Obergrenze geredet, die bei der Beschlussfassung noch nicht im Amt waren. Dass die Zahlen von 2015 in die Quote für 2016 eingerechnet wurden, hat mich überrascht – und ist offensichtlich eine Interpretation der Beamten. Das war nicht Gegenstand der Verhandlungen." Nach diesen hatten Regierung, Länder und Gemeinden am 20. Jänner festgelegt, bis Mitte 2019 nicht mehr als 127.500 Asyl-Anträge (1,5 % der Bevölkerung) anzunehmen (2016: maximal 37.500; 2017: 35.000; 2018: 30.000; 2019: 25.000).

Aus Maiers Sicht könnten sich Kanzler & Co "die Debatte darüber, was man tut, wenn die Obergrenze erreicht ist, ersparen". Er regt an: "Man sollte auf die Quote für das Jahr 2017 vorgreifen. Im kommenden Jahr darf es entsprechend weniger Anträge geben. Das würde die innenpolitische Lage entspannen. Und eine Notverordnung wäre nicht nötig." Zögert man die Notverordnung (Asylanträge werden an der Grenze nicht mehr angenommen) damit nicht nur hinaus, weil die Quote dann 2018 oder 2019 schneller erreicht ist? Das glaubt Maier nicht: "Man kann wohl annehmen, dass bis dahin europäische und internationale Maßnahmen gegen die Flüchtlingskrise greifen."

Die Flüchtlingszahlen sorgen weiter für Stirnrunzeln in der Politiklandschaft. So forderte der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) vom neuen Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) „mehr Elan“ bei der Rückführung der 10.039 sogenannten Dublin-Fälle. Das sind jene Flüchtlinge, die in Österreich nicht zum Asylverfahren zugelassen sind, weil sie in einem anderen Land erstregistriert wurden – im Fall des Burgenlands vornehmlich in Ungarn.

Aktuell sind das 4367 Flüchtlinge, für die Ungarn zuständig wäre. Von den 1148 die via Italien kamen, wurden laut Innenministerium im ersten Quartal 190 Flüchtlinge zurückgeschickt. Für jene 4848, die bereits in Griechenland registriert wurden, gilt eine Sonderregelung: Sie werden in Österreich zum Asylverfahren zugelassen, weil Griechenland nicht als sicheres Drittland gilt.

Rechtliche Bedenken

Sobotka stimmt mit Niessl überein: Das müsse geändert werden. „Es ist für die Einhaltung der Obergrenze wesentlich, dass Rückführungen nach Ungarn und Griechenland möglich sind. Dazu müssen aber erst die rechtlichen Bedingungen geschaffen werden“, betont er.

Für Ungarn gibt es nach einem Urteil des Verwaltungsgerichtshofes im September 2015 zwar keinen generellen, aber einen faktischen Rückführungs-Stopp. Das Höchstgericht verhinderte damals aus humanitären Bedenken die Rückführung einer afghanischen Familie.

Aktuell gibt es Verhandlungen im Europäischen Rat sowie einzelne Arbeitsgespräche. So ließ sich Sobotka vor etwa drei Wochen vom ungarischen Justizminister versichern, dass sein Land sicher sei. Demnächst besucht der Direktor des Bundesasylamts, Wolfgang Taucher, seine ungarische Amtskollegin.

Das deutsche Bundesamt für Migration hat übrigens keine Bedenken, Flüchtlinge nach Ungarn zurückzuschicken: Laut einer Sprecherin gab es alleine im Mai 35 Rückführungen, von Jänner bis April waren es 135.

(Raffaela Lindorfer)

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