Aufstand der Wirtschaft: SPÖ will Steuerpaket nicht aufschnüren

Aufstand der Wirtschaft: SPÖ will Steuerpaket nicht aufschnüren
Trotz Nein des VP-Wirtschaftsbundes bleibt SPÖ hart: "Das Paket ist fix." Begründung: Im Finale gab es bereits Nachbesserungen für die Wirtschaft.

Die Fünf-Milliarden-Entlastung findet fast überall Anklang. Doch der Aufschrei in der Wirtschaft – von den Hoteliers und Gastronomen über die Banken und Sparkassen bis hin zur Wiener Börse – ist nicht zu überhören.

Die "Liste der Grausamkeiten" ist aus betrieblicher Sicht lang: Das Erben von Immobilien wird teurer, die Kapitalertragssteuer auf Dividenden und Anleihen steigt, das Bankgeheimnis fällt, die verhasste Registrierkassa kommt, die Abschreibung für Gebäude wird deutlich schlechter gestellt – und so weiter und so fort (siehe unten).

Der einflussreiche ÖVP-Wirtschaftsbund hat noch am Freitag umgehend Nachbesserungen gefordert – und, wie sich jetzt herausstellt, schon ein paar Zugeständnisse bekommen. Weitere könnten folgen.

Einstimmig dagegen

Nach der einstimmigen Ablehnung der Steuerreform im Wirtschaftsbund-Präsidium soll Kammer-Präsident Christoph Leitl im ÖVP-Vorstand dem Paket nur unter diesem Vorbehalt zugestimmt haben.

Das Dilemma der beiden Wirtschaftsbündler Reinhold Mitterlehner und Hans Jörg Schelling ist : Sie würden vielleicht nachliefern, haben jedoch kaum Spielraum. Der Koalitionspartner besteht ab jetzt auf Punkt und Beistrich: "Gar nichts ist denkbar. Das Paket ist fix und das Paket ist zu", hieß es in der SPÖ gestern auf KURIER-Nachfrage. Denn erste und nicht unwesentliche Nachbesserungen hätte es bereits gegeben, beziehungsweise seien bereits zugesagt:

Grunderwerbssteuer Die ursprünglich fixierten Schwellenwerte für die Neuberechnung beim Erben/Schenken von Immobilien wurden kräftig angehoben, um die Verteuerung abzumildern. War bisher von 150.000 Euro und 300.000 Euro die Rede, wurden nun auf Druck der Wirtschaft 250.000 und 400.000 Euro als Stufen fixiert, ab der die Steuersätze 2 bzw. 3,5 Prozent greifen. Am Sonntag kündigten Faymann und Mitterlehner in der ORF-Pressestunde weitere Erleichterungen in Sonderfällen an.

Mehrwertsteuer Die Verteuerung für Übernachtungen von 10 auf 13 Prozent dürfte wie vereinbart kommen. Mitterlehner hat aber ein späteres Inkrafttreten per Mitte 2016 in Aussicht gestellt.

Registrierkassenpflicht Die Anschaffungskosten sind absetzbar bzw. es wird eine Prämie (200 Euro) für die Anschaffung geben. Die von der SPÖ begehrte Beleg-Lotterie kommt nicht. Weitere Erleichterungen könnten folgen. Der Handel bekämpft vor allem den geplanten Spezialchip in den Kassen, der für die Finanz jede Buchung registriert.

Bankgeheimnis Groß ist auch der Unmut wegen des fallenden Bankgeheimnisses. Auch hier wettern die Interessenvertreter, dass die Betriebe unter einen unzulässigen Generalverdacht gestellt würden. Derzeit dürfen Betriebskonten nur im Zuge eines Finanzstrafverfahrens durchleuchtet werden. Künftig sollen Betriebs- und Finanzprüfer sofort in Konten, offenbar auch jene in der Privatsphäre der Unternehmer, hineinschauen können. Leitl pocht darauf, dass vorher zumindest ein "begründeter Verdacht" vorliegen müsse.

Aufstand der Wirtschaft: SPÖ will Steuerpaket nicht aufschnüren

Viele Bürger werden von der Steuerreform profitieren (Grafik oben). Bei einem Teil der Bevölkerung wird sich die Lohnsteuersenkung aber relativieren, weil manches höher besteuert wird und Abschreibposten eingeschränkt werden. Allein in der Rubrik "Ausnahmen im Steuerrecht" sollen 900 Millionen Euro lukriert werden. Was bedeutet das?

"Topf-Sonderausgaben" Unter diesem Titel möchte die Koalition kurzfristig 80, mittelfristig sogar 430 Millionen einsparen. So werden freiwillige Kranken-, Unfall-, Pensions- und Lebensversicherungen (Letztere sind schon eingeschränkt) künftig nicht mehr von der Steuer abgesetzt werden können (nur neue Verträge). Dasselbe wird für Kreditzahlungen (für Kauf o. Sanierung des Eigenheims) gelten.

Abschreibungen in Betrieben Die pauschale Abschreibung von Gebäuden wird eingeschränkt (400 Millionen).

Dienstautos Wird ein Dienstauto privat genutzt, sind 1,5 % der Bemessungsgrundlage (bei Neuwagen der Kaufpreis bzw. 450 Euro/Monat) als Sachbezug zu versteuern. Künftig sollen es ab 120g-CO2-Ausstoß 2 % sein (max. 960 Euro).

Verlustverrechnungsbremse Wer an "kapitalistischen Personengesellschaften" beteiligt ist (stille Beteiligte, Kommanditisten), kann deren Verluste mit der Einkommensteuer gegenrechnen, künftig ist das mit der Höhe der Einlage begrenzt.

Mehrwertsteuer Was mit 10 % besteuert ist, wird in Zukunft teils mit 13 % besteuert: Lebende Tiere, Saatgut, Pflanzen, Theater-, Opern- und Kino-Karten, Futtermittel, Holz, Jugendbetreuung, Luftverkehr, Eintritte in Bäder, Museen und Tiergärten. Auch Hotel-Übernachtungen fallen darunter, aber die Tourismus-Branche wehrt sich dagegen vehement.

Grunderwerbsteuer Wer ein Haus, eine Wohnung und/oder ein Grundstück erbt oder geschenkt bekommt, zahlt künftig bis zu 3,5 % Grunderwerbsteuer (derzeit für Angehörige 2 %). Bemessen wird sie nach den Verkehrswerten (derzeit dreifacher Einheitswert). In 80 Prozent aller Fälle ist laut Finanzministerium keine höhere Steuer zu erwarten. Der KURIER hat nach gerechnet:

Für eine Eigentumswohnung (Wert: 130.000 Euro zahlt man künftig 650 Euro Grunderwerbsteuer (derzeit 780). Für ein Haus (Wert: 450.000 Euro) sind es 6000 Euro (derzeit 2400 Euro). Für eine Villa (Wert: eine Million) sind 25.250 Euro dem Fiskus abzuliefern (derzeit 3600 Euro). Ausgenommen sind die Landwirte, sie behalten ihre aktuelle Regelung.

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