Aufnahmestopp in Traiskirchen, UNO kritisiert Zustände

Über 4000 Flüchtlinge in Traiskirchen. Viele haben kein Bett und schlafen im Freien.
Keine neuen Asylwerber ab kommender Woche, im Innenministerium werden Notpläne vorbereitet.

Die Bundesbetreuungsstelle Traiskirchen steht vor einem Aufnahmestopp. Ab kommender Woche dürften in die vollkommen überfüllte Einrichtung in der niederösterreichischen Gemeinde keine neuen Asylwerber mehr aufgenommen werden. Angesichts der unhaltbaren Zustände mit Hunderten Obdachlosen auf dem Gelände wird das Innenressort aller Voraussicht nach neue Notquartiere schaffen.

Offiziell haben die Länder noch bis Ende des Monats, also bis Samstag, Zeit, genügend Ressourcen zu schaffen, um eine Entlastung Traiskirchens zu ermöglichen. Immerhin beherbergt die örtliche Aufnahmestelle, die für rund 1.800 Personen ausgelegt ist, mittlerweile etwa 4.500 Flüchtlinge. Immer wieder werden erschreckende Fotos veröffentlicht. Doch es gilt als höchst unwahrscheinlich, dass bereits in den kommenden Tagen genug Unterkünfte seitens der Länder angeboten werden, um zu einer echten Entspannung der Lage beizutragen.

Gesundheitspolizei

Druck kommt derweil von Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP), der gestern in der "ZiB 2" kundtat, eine gesundheitspolizeiliche Untersuchung in Traiskirchen angeordnet zu haben. Denn es gebe die latente Gefahr von Epidemien und Seuchen. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) wiederum kündigte gestern in der "ZiB 1" an, Traiskirchen als Anlaufstelle zu stoppen, "wenn die Bundesländer bis zum 31. Juli keine tragfähigen Konzepte auf den Tisch legen".

Da auch die bereits in Betrieb befindlichen Verteilerquartiere in den Ländern voll sind, müssen wohl seitens des Bunds neue Ressourcen geschafft werden. Aus dem Innenministerium hieß es auf Anfrage der APA, dass man an der Bereitstellung von notdürftigen Quartieren arbeite.

Auf Details will man sich vorerst nicht einlassen. Als möglich gilt beispielsweise, dass wie beim umstrittenen Quartier in Spital am Semmering im Vorjahr jetzt wieder größere, allenfalls leer stehende Hotels angemietet werden, um dort größere Flüchtlingsgruppen unterbringen zu können. Auch weitere Zeltstädte sind nicht auszuschließen. Eher unwahrscheinlich sind Container-Lösungen, da hier in den meisten Bundesländern die Zustimmung der Gemeinden notwendig wäre.

UNHCR

Mit dem sich anbahnenden Aufnahmestopp in Traiskirchen würde das Innenministerium einem Appell des UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR entsprechen. Die Situation sei "untragbar, gefährlich und menschenunwürdig", meinte Christoph Pinter, der Leiter von UNHCR Österreich, anlässlich eines Besuchs in Traiskirchen. Es brauche äußerst rasch kurzfristige Übergangslösungen, um die Obdachlosigkeit zu beenden.

Das UNHCR geht davon aus, dass aufgrund der weltweiten Krisen die Zahlen der Asylsuchenden global und auch in Europa auf hohem Niveau bleiben werden: "Wir schlagen vor, eine Task Force zu gründen, um eine mittel- und langfristige Strategie im Asylbereich zu erarbeiten." Vordringlich erscheint Pinter dabei auch eine Erhöhung der Tagsätze für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, um adäquate Betreuungsplätze für sie zu finden.

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