Auch Nationalrat beschäftigt sich mit IS

Justizminister Wolfgang Brandstetter
Breite Mehrheit für Verschärfung des Verhetzungsparagrafen - Mitte Oktober kommt ein Entwurf.

Um den Aufruf zu Hass und Gewalt gegen bestimmte Gruppen besser bekämpfen zu können, will Justizminister Wolfgang Brandstetter bei einem ÖVP-Sicherheitsgipfel am 14. Oktober einen Entwurf für die Verschärfung des Verhetzungsparagrafen vorlegen. Bei einer Parlamentsdebatte am Mittwoch zeigten sich viele Mandatare einverstanden. Die Neos warnen jedoch davor, im "Kampf gegen den Terrorismus" zu weit zu gehen und etwa die Vorratsdatenspeicherung durch die Hintertür wieder einzuführen.

Derzeit ist strafbar, "wer für eine breite Öffentlichkeit wahrnehmbar gegen eine bezeichnete Gruppe (Rasse, Religion, Weltanschauung) hetzt oder sie in einer die Menschenwürde verletzenden Weise beschimpft und dadurch verächtlich zu machen sucht". Eine "breite Öffentlichkeit" ist mit 150 Personen definiert und somit erforderlich, um den Tatbestand zu erfüllen. Künftig soll dafür schon ein Kreis von zehn bis 20 Personen reichen.

Der Justizsprecher der Grünen, Albert Steinhauser, findet eine Größe von rund 30 Personen angemessen. "Mit zehn Personen kommt jeder Stammtisch ins Visier." Im Prinzip sind die Grünen aber gesprächsbereit. Die SPÖ will sich erst äußern, wenn der Entwurf konkret vorliegt. Ein Anliegen der SPÖ ist es, die Anwerbung von Jugendlichen für den Dschihad zu erschweren.

IKG-Chef ist angetan

Positiv sieht die geplante Verschärfung des Verhetzungsparagrafen der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), Oskar Deutsch. "Ich finde es sehr erfreulich, dass man die Verschärfung in Angriff nimmt. Zuerst kommt das Wort – und dann die Tat", sagt er zum KURIER. Vom Justizminister erwartet er sich, dass Österreich auf EU-Ebene für ein einheitliches Gesetz gegen Verhetzung aktiv wird.

Die Grüne Nationalratsabgeordnete Berivan Aslan gab sich im Nationalrat aktionistisch: Sie trug ein T-Shirt mit der Aufschrift "Save Our Girls from IS".

Die FPÖ hat am Mittwoch die Aktuelle Europastunde im Nationalrat dafür genutzt, nach Neutralität im Ukraine-Konflikt zu rufen und Österreichs Regierung eine Teilnahme am "Wirtschaftskrieg" gegen Russland vorzuwerfen. Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) wies dies wie fast alle Fraktionen vehement zurück. Lediglich das Team Stronach sprang den Freiheitlichen bei.

Österreich habe den Weg der in der Verfassung verankerten Neutralität verlassen und in dem Konflikt Partei ergriffen, kritisierte Klubobmann Heinz-Christian Strache. Die Teilnahme an "sinnlosen Sanktionen" sei klarer Verfassungsbruch, die FPÖ habe daher Ministeranklage eingebracht. "Das ist eine neutralitätspolitische und wirtschaftspolitische Geisterfahrt, die Sie beschritten haben", sagte Strache in Richtung des Bundeskanzlers.

Faymann ließ das nicht auf sich sitzen. "Ich bin froh, dass die Europäische Union mehr Moral und Gewissen hat als Sie", hielt er Strache entgegen. In der Ukraine herrsche Krieg mit menschlich verheerendem Leid, und die EU könne nicht einfach sagen, dass sie das nichts angehe. Die Souveränität und Integrität eines Landes stehe zurecht im Vordergrund, und handelte die Union anders, würde sie sich schuldig machen. Es sei der FPÖ unbenommen, für Russlands Präsident Wladimir Putin zu arbeiten, so der Kanzler. Aufgabe der Regierung sei es aber, unabhängig von Putin und der NATO Politik zu machen.

SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder sprang Faymann bei. Es herrsche unter den Fraktionen große Einigkeit in dieser Frage, "nur die FPÖ entwickelt sich zum großrussischen Arm hier im Parlament, und das will ich nicht". Er verwies auf die vielen Reisen von Freiheitlichen nach Russland. Die Frage sei, was die FPÖ davon habe.

ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka schloss sich dem an. "Ihr Neutralitätsverständnis ist aus meiner Sicht ein äußerst Skurriles", sagte er zu Strache. Experten sprächen auch von völligem Unsinn. Österreich habe keine wertfreie, sondern eine militärische Neutralität, betonte er. "Wir dürfen vor einem Völkerrechtsbruch nicht die Augen verschließen, Putin darf nicht alles machen." Die FPÖ ergreife hingegen Partei, goutiere, dass das Völkerrecht verletzt werde und stelle sich damit selbst gegen die neutrale Position.

Ähnlich sah das der grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz. "Die FPÖ ist die erste österreichische Parlamentspartei, die einen militärischen Überfall auf einen souveränen Staat politisch rechtfertigt." Selbst der KPÖ sei das - mangels Repräsentanz im Hohen Haus - nicht gelungen. Wenn Strache in Österreich so unglücklich sei, "warum gehen Sie nicht nach Moskau?", fragte er. Christoph Vavrik (NEOS) verwies ebenfalls auf Russlands Völkerrechtsverletzungen. "Die Neutralität verpflichtet nicht zur Äquidistanz zwischen Unrecht und Recht."

Nur vom Team Stronach kam Unterstützung für die Freiheitlichen. "Wirtschaftsbeziehung und Handel sind das beste Mittel gegen Unfrieden und Kriegen", kritisierte Klubchefin Kathrin Nachbaur die Sanktionen. Die Regierung gegenüber den Österreichern zugeben, dass die Neutralität seit dem EU-Beitritt nicht einmal mehr auf dem Papier existiere.

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