Nach Paris: Mikl-Leitner will "Sicherheitsoffensive"

Sechs, sieben, acht? Johanna Mikl-Leitner will sich in puncto Verteilerzentren auf keine genaue Zahl festlegen.
Innenministerin will mehr Kontrollen, auch an Landesgrenzen. Verlängerte Vorratsdatenspeicherung als Thema.

Nach den blutigen Terroranschlägen und Geiselnahmen in Paris sind die EU-Innenminister am Sonntag in Paris zusammen gekommen, um neue Wege der Terrorbekämpfung zu diskutieren. Für Österreich nahm Ressortchefin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) teil. Mikl-Leitner sprach im Ö1-Morgenjournal am Montag von einem "Zeichen der Solidarität" und einem "Signal, dass wir Terroristen die Stirn bieten".

Erhöhte Alarmbereitschaft

Für stärkere Sicherheitsvorkehrungen in Österreich werde ein Maßnahmenpaket für eine "Sicherheitsoffensive" bis Ende der Woche ausgearbeitet. So soll der Schutz der Einsatzkräfte etwa durch schwergepanzerte Fahrzeuge und die Mobilität durch größere Hubschrauber ausgebaut werden. Die Kosten dafür dürften im dreistelligen Millionenbereich liegen, sagte Mikl-Leitner am Montag vor dem Bundesparteivorstand der ÖVP in Wien. Nach den Anschlägen herrsche auch in Österreich "erhöhte Alarmbereitschaft", bekräftigte die Ministerin vor Journalisten. So seien etwa vermehrt Polizisten an stark frequentierten Plätzen unterwegs.

Auch Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) hat am Montag seine Forderung nach verstärkten Grenzkontrollen erneuert. Er habe immer wieder strengere Grenzkontrollen sowohl an Flughäfen, an der EU-Außengrenze aber auch an den nationalen Grenzen gefordert. Da nun diese Maßnahmen nach den Anschlägen in Paris europaweit diskutiert werden, fühle er sich nun in seiner Meinung "mehr denn je bestärkt".

Österreich soll Vorreiter sein

Aus Österreich seien bisher 170 Menschen in den Dschihad gezogen, 60 von ihnen seien bereits zurück gekehrt - die Personen stünden im Fokus des Staatsschutzes. "Da braucht es strengere Kontrollen", so Mikl-Leitner gegenüber Ö1 . Österreich habe damit im Herbst begonnen. Es gehe darum, dass andere Länder dem Beispiel Österreichs und Deutschlands folgten.

Im Kampf gegen den Terrorismus wollen die EU-Innenminister die Kontrollen an den Außengrenzen des Schengenraums verstärken und pochen auf ein europäisches Fluggastdatenabkommen. In der Abschlusserklärung findet sich das Bekenntnis zu einer besseren Kontrolle der EU-Außengrenzen. Empfohlen wird auch eine "Anpassung" des Schengen-Informationssystems "in einer zeitgerechten Art und Weise".

Vorratsdatenspeicherung

Beim Treffen der Innenminister am Sonntag in Paris sei auch die Vorratsdatenspeicherung Thema gewesen. Seitens der Kommission sei versprochen worden, dass ein neuer Vorschlag vorgelegt wird. Mikl-Leitner sieht es als Problem, dass auch beim Beobachten eines mutmaßlichen Dschihadisten die entsprechenden Daten derzeit nach neun Monaten wieder gelöscht werden müssen. Konkreter wollte die Ministerin nicht werden - man habe im Juni die Diskussion über ein neues Staatsschutzgesetz begonnen und der Diskussionsprozess werde zeigen, was es braucht.

Unsere Demokratie, unsere Freiheit kann man nicht auslöschen!", hieß es am Sonntag bei der Gedenkveranstaltung "Gemeinsam gegen den Terror" seitens der Bundesregierung in Wien. Doch das sind nichts als leere Worte. Einmal mehr dient der Terrorismus dem Deckmantel unsere Freiheitsrechte weiter einzuschränken.

Der Terroranschlag auf die Mitarbeiter des Satire-Magazins Charlie Hebdo soll mit Maßnahmen wie der Vorratsdaten- und Fluggastdatenspeicherung bekämpft werden. Die Kommunikationsdaten von uns allen sollen ohne Verdacht gespeichert werden. Die Behörden wollen wissen, wohin wir wann fliegen. Sie sollen Zugriff auf unsere konsumierten Mahlzeiten an Bord eines Flugzeugs erhalten. Wer ein koscheres Essen bestellt, ist besonders verdächtig. Pauschal verdächtig sind wir damit aber alle.

Trügerisches Bild

Verkauft werden uns diese Dinge als Maßnahmen zu unserer eigenen Sicherheit. Doch dieses Bild ist trügerisch. Der Schock und die Angst der Menschen nach der Attacke in Paris wird einmal mehr – wie bereits nach dem Terror 9/11, Madrid, London oder Glasgow ausgenutzt, um uns mit gefühlter Sicherheit zufriedenzustellen und uns zu beruhigen.

Ausgerechnet Österreich soll nun auch Vorreiter sein, wenn es um neue Sicherheitsmaßnahmen gegen den Terror geht. Doch der Weg der vorgegaukelten Sicherheit ist der falsche Weg. In Paris sind die Sicherheitsgesetze bereits scharf. Dort gibt es die Vorratsdatenspeicherung bereits seit 2006, ebenso wie eine flächendeckende Videoüberwachung. Verhindert werden konnte der Anschlag dennoch nicht.

Der Aufschrei nach "mehr Befugnissen" für die Polizei geht daher in die falsche Richtung. Unsere Freiheit soll nicht weiter eingeschränkt werden, aus Angst. Erinnern wir uns daher an die Worte des norwegischen Ministerpräsidenten Stoltenberg nach dem Anschlag von Olso: "Unsere Antwort lautet: mehr Demokratie, mehr Offenheit, mehr Menschlichkeit."

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