Mikl-Leitner hält an umstrittener Weisung fest

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner erntet für ihre Entscheidung, Asylanträge mehr oder weniger liegen zu lassen, Kritik aus dem Europarat.
Oberösterreichs Landeshauptmann Pühringer will verstärkte, zeitlich begrenzte Grenzkontrollen.

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) verteidigt ihre Weisung, keine neuen Asylverfahren mehr einzuleiten und nur mehr Rück- und Abschiebungen (Dublin-Fälle) zu bearbeiten (der KURIER berichtete), erneut als eine "Entscheidung der Vernunft". Wegen der hohen Anzahl an Asylanträgen sei diese "Schwerpunktsetzung nötig", meinte sie bei einer Pressekonferenz am Montag in Linz zu Kritik der SPÖ vom Wochenende.

Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) forderte zur Eindämmung der "kriminellen Schlepperbanden" die Wiedereinführung von Grenzkontrollen. Er wolle zwar die Grenzen "nicht dicht machen", meinte er auf der Pressekonferenz. Aber dort, wo illegal Einwanderer ins Land kommen, sollte auf Anordnung des Innenministeriums temporär kontrolliert werden. Schwerpunktkontrollen gebe es bereits, erklärte Mikl-Leitner. So seien etwa von Jänner bis Mai 2014 rund 9.000 illegale Einwanderer von Sonderkommandos gefasst worden, im selben Zeitraum des heurigen Jahres schon mehr als 19.000.

"Wir haben eine Stimmung in der Bevölkerung, die uns Politikern nicht mehr egal sein kann" begründete Pühringer, warum jetzt etwas gegen die wachsende Zahl an Asylwerber unternommen werden müsse, nicht zuletzt auch im Hinblick auf die Landtagswahlen im Herbst. Man muss "regulierend eingreifen, sonst denken die anderen säumigen EU-Ländern nicht im Traum daran, ihre Quote zu erfüllen". Die Weisung der Innenministerin, neue Asylverfahren liegen zu lassen, sei eine Möglichkeit, den Druck in der EU zu erhöhen, stimmte Pühringer der Ministerin zu.

Europarat kritisiert Entscheidung

Die Entscheidung der Innenministerin sorgt auch außerhalb Österreichs für negative Resonanz. Der Menschenrechtskommissar des Europarats Nils Muiznieks spricht von einer falschen Antwort auf mangelnde Solidarität innerhalb Europas.

In einem Twitter-Eintrag fügt der Lette noch an: Humanitäre Verpflichtungen dürften nicht aufgegeben werden.

Innenministerin Mikl-Leitner hatte zuletzt ihre Beamten angewiesen, prioritär jene Asyl-Fälle zu behandeln, in denen gemäß Dublin-Abkommen ein anderes Land erstzuständig ist. Das heißt, zunächst werden jene Ansuchen behandelt, bei denen die Flüchtlinge vermutlich in einen anderen Staat gebracht werden können. Automatisches Ergebnis wäre zudem aus Sicht der Ministerin, dass die übrigen (chancenreicheren) Anträge liegen bleiben und es länger bis zu einer Asyl-Entscheidung dauert. Damit soll die Attraktivität Österreichs als Asyl-Aufnahmeland gesenkt werden.

Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl spricht sich in der Asyl-Diskussion für einen "Marshallplan" für Afrika aus. Europa müsse dort investieren, um den Betroffenen eine Zukunftsperspektive zu ermöglichen. Es brauche eine "gesamteuropäische Solidarität", forderte Leitl am Montag im Ö1-"Morgenjournal".

Die aktuellen Vorstöße aus der ÖVP zu Sozialleistungen fügen sich seiner Meinung nach "in eine Reihe von Vorschlägen ein", um der Asylproblematik "Herr zu werden", meinte der WKÖ-Präsident. Europa sei in dieser Thematik "ratlos", es fehle an der notwendigen Solidarität. Dass einzelne Länder wie Österreich "überbelastet" sind, könne nicht sein, erklärte Leitl weiters.

Die Diskussion über Sozialleistungen will er nun nicht parteipolitisch einordnen, hier brauche es langfristige Lösungen. Dass versucht wird, politisches Kleingeld zu wechseln, sei "klar". Umso mehr brauche es daher Stimmen, um über die Tagespolitik hinaus zu denken: "Da ist ein Marshallplan für Afrika für mich einer der ganz wichtigen Ansatzpunkte."

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