Asyl-Streit: Sanktionen für säumige Länder?

Asyl-Streit: Sanktionen für säumige Länder?
Ministerin Mikl-Leitner und Bürgermeister Häupl wollen Länder strafen, die zu wenige Flüchtlinge versorgen.

Seit Monaten weisen Bund und Länder einander den schwarzen Peter zu – zulasten traumatisierter Kriegsflüchtlinge. Sechs der neun Länder versorgen nicht so viele Asylwerber, wie die Innenministerin vorgegeben hat. Am Dienstag soll die unwürdige Taucherei bei einem Gipfel der Landeshauptleute beendet werden.

Im Vorfeld zeigte man sich sowohl zur Einrichtung neuer Erstaufnahmezentren als auch zur 100-prozentigen Erfüllung der Aufnahmequote bereit. Wie eine genaue Regelung aussieht, soll am Vormittag diskutiert werden.

SPÖ-Bürgermeister Michael Häupl regt am Montag an, säumige Bundesländer zu sanktionieren. Wien übererfüllt die Quote ja (132 %) – und "Deppen der Nation" wollten die Wiener nicht länger sein. Welche Art von "Strafe" möchte Häupl? "Das ist Sache der Innenministerin." Diese ist nicht abgeneigt. "Sanktionen sind vorstellbar, vorausgesetzt, Michael Häupl setzt sich mit seinem Vorschlag bei den acht Landeshauptleute-Kollegen durch", sagt Johanna Mikl-Leitner zum KURIER. Das dürfte schwierig werden. Erwin Pröll, in dessen Bundesland die Quote wegen Traiskirchen erfüllt wird, sagt zum KURIER: "Ich bin skeptisch. Sanktionen bergen die Gefahr eines Freikaufs von humanitären Verpflichtungen." Auch Landeshauptleute-Chef Peter Kaiser verweist auf den "humanitären Ansatz" – und befindet: "Wir sollten das, was wir vereinbart haben, umsetzen. Dann wird keine Sanktion nötig sein."

Asyl-Streit: Sanktionen für säumige Länder?

Fix ist: Bis Ende Jänner 2015 haben alle Länder die vereinbarten Asylwerber-Plätze bereitzustellen, um damit die 100-Prozent-Quote zu erfüllen. Mikls Sanktionsplan bleibt umstritten: In jenen Ländern, die zu wenige Plätze anbieten, sollen Flüchtlinge in Bundesquartieren (wie zuletzt am Semmering) untergebracht werden. Derzeit trägt der Bund 60 %, das Land 40 % der Kosten. Mögliche Strafe für säumige Länder: Sie müssen 100 % der Kosten tragen.

Zudem auf dem Tisch der Landeshauptleute: Mikls Plan zur Entlastung der Erstaufnahmezentren Traiskirchen (NÖ) und Thalham (OÖ). Der Erstantrag auf Asyl soll nicht mehr nur dort, sondern in den jeweiligen Ländern gestellt werden. Damit müsse ein Asylwerber etwa nicht mehr von Kärnten nach Traiskirchen und – wenn abgeklärt ist, ob Österreich zuständig ist – nach Kärnten zurückgebracht werden. Was soll passieren, wenn – um beim Beispiel zu bleiben – die Quote in Kärnten erfüllt ist? Dann müsse ein säumiges Land "Kärntner" Asylwerber aufnehmen, heißt es im Innenressort.

Draufzahler Osten?

Burgenlands Hans Niessl und Wiens Häupl missfällt das. Sie fürchten, bei einer Erstaufnahmestelle in jedem Bundesland würde die Ost-Region "draufzahlen". Niederösterreichs Pröll behagt Mikls Begehren: "Verteilungszentren werden Sanktionen überflüssig machen, weil dadurch eine raschere und flexiblere Verteilung von Kriegsflüchtlingen im Bundesgebiet möglich ist."

Diakonie und Caritas erhoffen sich von der heutigen Polit-Zusammenkunft "klare Signale". Caritas-Generalsekretär Klaus Schwertner: "Wir erwarten, dass nicht nur drei Bundesländer hundertprozentige Verantwortung übernehmen." Christoph Riedl vom Diakonie-Flüchtlingsdienst urteilt: "Es geht nicht um politisches Können, sondern um das Wollen."

Ob steigender Flüchtlingszahlen müssen Bund wie Länder für neue Quartiere sorgen. Seit September leben 30 Asylwerber in Räumen der BIG in Wien Erdberg, 250 in einem Trakt der ehemaligen Wirtschafts-Uni. Seit kurzem dient ein Polizei-Turnsaal in Villach als Quartier für 24 Flüchtlinge. In der Straubkaserne in Tirol sollen 60 bis 70, in der Magdeburg-Kaserne in Klosterneuburg bis zu 150 Menschen untergebracht werden. Österreichweit gibt es zwei Erstaufnahmezentren (Traiskirchen/ NÖ, Thalham/OÖ) und rund 700 unterschiedliche Flüchtlings-Quartiere.

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