Asyl: Fischer kritisiert "Florianiprinzip"

Asyl: Fischer kritisiert "Florianiprinzip"
Bundespräsident sieht Kluft zwischen Theorie und Praxis. Er plädiert für "Lockerung strengerer Regeln".

Bundespräsident Heinz Fischer hat am Mittwoch mehr Hilfsbereitschaft gegenüber Flüchtlingen in Österreich eingemahnt. Angesicht wachsender Flüchtlingsströme stellte er in seiner Rede zum Verfassungstag überdies zur Debatte, ob nicht "eine Lockerung mancher strenger Regelungen denkbar ist". Die Reformpläne von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) für das Erstaufnahmeverfahren begrüßt er.

Konkrete Taten fehlen

"Abstrakt sind viele Gemeinden und ihre Bürgerinnen und Bürger dafür, verfolgten Menschen zu helfen. Je konkreter aber diesbezügliche Bemühungen werden und je näher eine mögliche Unterbringung in die Nachbarschaft rückt, desto stärker sinkt die Bereitschaft, Flüchtlingsunterkünfte zu akzeptieren", kritisierte Fischer laut Redetext, dass "manchmal nach dem 'Florianiprinzip' agiert" werde - also dass das Problem nicht gelöst, sondern nur verschoben werde. Er räumte aber auch ein, dass es "in der Bevölkerung Ängste und Vorurteile" gebe.

Eine "gleichmäßige Belastung" der Gemeinden, in denen Unterkünfte in Frage kommen, wäre "wünschenswert", auch auf das Zahlen-Verhältnis zwischen Bevölkerung und Flüchtlingen sollte man achten. Und auch europaweit sei eine "Herstellung von Gerechtigkeit" anzustreben, so Fischer. Doch abgesehen davon "sollte man sich fragen, ob nicht zumindest eine schrittweise Annäherung möglich und eine Lockerung mancher strenger Regelungen denkbar ist".

Kluft zwischen Theorie und Praxis

Fischer appellierte dazu, "sich ernsthaft zu bemühen, die Kluft zwischen Theorie und Praxis, zwischen unseren europäischen Grundwerten, christlicher Nächstenliebe oder sozialdemokratischem Solidaritätsgedanken einerseits und der Realität, wie sie viele Flüchtlinge und Asylanten hier vorfinden andererseits, so klein wie möglich zu machen". Denn: "Es ist eine Binsenweisheit, dass wir nicht 'Alle' aufnehmen können - wie das oft und oft gesagt wird." Doch jene, denen Österreich Zuflucht gewährt, "sollen so behandelt werden wie das bei Flüchtlingen aus Österreich in der Zeit zwischen 1938 und 1945 dankenswerter Weise in vielen Ländern der Fall war".

Generell verwies der Bundespräsident darauf, dass die "einschlägigen Rechtsvorschriften" häufig novelliert wurden, was ihre Auslegung nicht unbedingt einfacher mache. Nicht umsonst hätten in der Vergangenheit Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) immer wieder "mahnende Worte in Richtung besserer Durchschaubarkeit der Rechtslage gesprochen". Denn "mitunter bereitet es dem Verfassungsgerichtshof beträchtliche Mühe, überhaupt den geltenden Text und dessen Sinn zu ermitteln". Auch die lange Dauer der Asylverfahren stehe in der Kritik. Fischer begrüßte daher in diesem Zusammenhang ausdrücklich "den Vorschlag der Frau Bundesministerin für Inneres, wonach durch eine Gesetzesänderung über die Zulassung zum Verfahren binnen 48 Stunden entschieden werden soll".

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