Armut "raubt Kindern die Perspektive"

In Österreich sind 408.000 Kinder armutsgefährdet. Volkshilfe-Direktor fordert "radikale Umverteilung".

Die Volkshilfe hat in einer Studie die Lebenswelten armutsbetroffener Kinder und Jugendlicher erhoben. Ein Fazit, das Direktor Erich Fenninger daraus zieht: "Armut raubt Kindern die Perspektive." Bei einer Pressekonferenz forderte er unter anderem eine "radikale Umverteilung" sowie den Ausbau der Mindestsicherung.

Für die qualitative Untersuchung wurden insgesamt 26 armutsbetroffene, armutsgefährdete und nicht-armutsgefährdete Kinder und Jugendliche zwischen acht und 15 Jahren in zwei unterschiedlichen Regionen - Leoben in der Steiermark und Mattersburg im Burgenland - befragt. Der Erhebung wurde in Kooperation mit der FH Campus Wien durchgeführt und zeigt das alltägliche Erleben von Armut aus Sicht der Kinder und ihre Zugänge zu finanziellen, sozialen und kulturellen Ressourcen, erklärte Marina Einböck, Leiterin Sozialpolitik bei der Volkshilfe. In Österreich sind 408.000 Kinder armutsgefährdet.

Kinder, die arm sind wissen, dass sie im Mangel aufwachsen, so Fenninger. Sie wissen von finanziellen Problemen und dass die Familie etwa beim Lebensmitteleinkauf sparen muss oder warum der Kühlschrank leer ist und sie nicht am Schulausflug teilnehmen können. "Kinder haben ein hohes Verständnis und eine hohe Akzeptanz", meinte der Direktor. Arm sein bedeute aber auch, "arm dran" und traurig zu sein. Von Armut betroffene Kinder haben im Gegensatz zu den wohlhabenden Sorgen, so Fenninger. Ihnen sei auch klar, dass sich ihre Wünsche nicht erfüllen lassen und akzeptieren das.

Verlust von Lebensqualität

Sport, Musik oder Theater - die Möglichkeiten, regelmäßig unterschiedliche Freizeitaktivitäten auszuüben ist bei armutsbetroffenen Kindern "stark eingeschränkt". Um Talente und Fähigkeiten zu entwickeln, müsse es aber genau diese Möglichkeiten geben, betonte Fenninger.

Das Erleben von Armut bedeute einen Verlust von Lebensqualität und das Ausgegrenztsein ist auch Teil des Schulalltags. Besonders wichtig seien zudem Unterstützungsstrukturen außerhalb der Familie, etwa in Schulen. Was die Wünsche der Kinder betrifft, gehe es dabei meist um "kleine Dinge" wie "Fische für das leere Aquarium des Bruders" oder etwa Arbeit für die Eltern.

Eine Schlussfolgerung, die die Volkshilfe aus den Befragungen zieht ist etwa, dass es kostenlose Nachhilfe geben soll. Auch müssten Pädagogen in der Ausbildung für das Thema Armut und soziale Ausgrenzung sensibilisiert werden. Der Zugang zu Informationen für Familien sollte forciert werden, damit bestehende Angebote besser genutzt werden. Kinder und Jugendliche sollten auch in die Erstellung dieser Angebote eingebunden werden, um ihre Bedürfnisse zu berücksichtigen, so Einböck.

Fenninger fordert "radikale Umverteilung"

"Wir müssen die Armut stoppen durch eine radikale Umverteilung", stellte Fenninger fest. Er drängte auf den Ausbau der Mindestsicherung und bezeichnete Aussagen, wonach man diese senken sollte, um die Leute zur Jobsuche zu motivieren, als "Zynismus und blanken Unsinn". Er forderte hingegen einen Rechtsanspruch auf die Mindestsicherung und deren Erhöhung.

Wenn in der aktuellen Debatte von ÖVP-Vertretern eine Erhöhung der Sachleistungen und eine Minimierung der Geldleistung gefordert werden, sei dies eine "Unterstellung, dass Armutsbetroffene zu

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