Schelling steht vor Machtkampf mit Ländern

Schelling steht vor Machtkampf mit Ländern
Haftungs-Schulden begleichen? Oder weiter prozessieren und Kärntens Insolvenz riskieren?

Der letzte Versuch, den Schaden bei der Hypo irgendwie zu begrenzen, ist geplatzt.

Als Folge zeichnet sich nun eine spannende Debatte über den heimischen Föderalismus ab, oder, wenn man so will, ein Machtkampf von Finanzminister Hans Jörg Schelling mit den Ländern.

Die Ausgangslage: Kärnten sitzt weiterhin auf elf Milliarden Euro Haftungen. Nur etwa die Hälfte dieser Milliarden werden aus der Hypo-Abbaugesellschaft HETA kommen, den Rest, also etwa fünf Milliarden, werden sich die Gläubiger bei Kärnten holen.

Schelling steht vor Machtkampf mit Ländern
Austrian Finance Minister Hans Joerg Schelling talks to journalists as he arrives for a cabinet meeting in Vienna, Austria, January 12, 2016. REUTERS/Heinz-Peter Bader

Über die weitere Vorgangsweise gibt es zwei Denkschulen, die einander diametral gegenüberstehen.

Denkschule I besagt: Kärnten ist ein Teil von Österreich, und es fällt auf das ganze Land, die anderen Bundesländer und die Wirtschaft zurück, wenn das reiche Österreich seine Schulden nicht begleicht. Das Vertrauen der Investoren in die österreichische Rechtssicherheit habe durch windige Hypo-Anlassgesetze ohnehin schon gelitten. Nun sei die Hypo-Rechnung zu begleichen, denn lange Gerichtsprozesse und die Insolvenz Kärntens würden dem Wirtschaftsstandort noch mehr schaden.

Dieser Ansicht sind Länder, Gemeinden, Finanzwirtschaft, international agierende Wirtschaftstreibende. Politisch tendieren zu dieser Denkschule SPÖ und ÖVP.

Die andere Denkschule sagt: Wenn nun der Bund für das zahlungsunfähige Kärnten einspringt, wäre das ein Freibrief für die Bundesländer, sich frisch-fröhlich zu verschulden. Außerdem wäre es ein Signal an die Finanzmärkte, dass sie bedenkenlos Bundesländern Geld leihen könnten, weil am Ende ohnehin der Bund zahlt.

Zu dieser Denkschule gehören Experten des Finanzministeriums, Neos, Grüne. Auch Schelling tendiert dem Vernehmen nach zu Denkschule II. Er kündigte bereits an, keine weiteren Verhandlungen mit den Gläubigern führen zu wollen. Am Zug sei die Finanzmarktaufsicht mit dem Schuldenschnitt.

Landes-Politiker wie Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer und Niederösterreichs Finanzchef Wolfgang Sobotka fordern hingegen, die Zeit bis zum Schuldenschnitt für eine Einigung mit den Gläubigern zu nutzen. Tirols Landeshauptmann Günther Platter warnt vor einer "ernsten Situation" für die Bundesländer und den Wirtschaftsstandort: "Die Zeit bis zum Ende des Moratoriums muss intensiv genutzt werden, um eine Lösung zu finden. Der Bankenplatz und damit der Wirtschaftsstandort Österreich müssen vor einem massiven Schaden durch langwierige, kostspielige Prozesse mit höchst ungewissem Ausgang bewahrt werden."

Am kommenden Dienstag findet die erste politische Verhandlungsrunde zum neuen Finanzausgleich statt. Darin wird festgelegt, wie in den nächsten fünf Jahren 80 Milliarden Euro jährliche Steuereinnahmen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden verteilt werden. Ist der Finanzausgleich ohnehin schon ein harter Knochen für jeden Finanzminister, kommt jetzt auch noch das heiße Hypo-Thema hinzu.

Die Landeshauptleute sitzen aufgrund ihrer innerparteilichen Stärke in der Regel auf dem längeren Ast. Jetzt kommt hinzu, dass ihnen ein Finanzminister mit wenig Rückhalt in der eigenen Partei gegenübersitzt.

In der ÖVP kursiert bereits eine These, wonach Schelling den Streit mit den Ländern für einen starken Abgang nutzen könnte: "Er könnte mit forschen Reform-Ansagen in die Verhandlungen gehen, und dann den reformunwilligen Ländern die Schuld an seinem Rücktritt umhängen."

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