Boxhandschuhe für den Nachfolger

Box-Handschuhe als Geschenk von Spindelegger für Nachfolger Schelling: „Die wirst du brauchen“
Den Formalakt des Regierungsumbaus begleitete eine unausgeprochene Botschaft: Wir wollen in die Offensive.

Er war überpünktlich, zwei Mal innerhalb weniger Stunden; und wer den neuen Finanzminister Hans Jörg Schelling ein wenig kennt, der weiß: Das demonstrative Tempo ist kein Zufall.

Zum ersten Mal passierte es Montag frühmorgens in der Hofburg. Bundespräsident Heinz Fischer wollte die neuen Mitglieder im ÖVP-Regierungsteam noch persönlich kennenlernen – ein kurzer Plausch vor der Amtseinführung.

Der designierte Staatssekretär im Wirtschaftsressort, Harald Mahrer, war gerade hinter der Tapetentür zu Fischers Zimmer verschwunden, schon parkte Schellings Wagen im Regen am Ballhausplatz. "Er war viel zu früh dran", erzählte ein Mitarbeiter der Hofburg. Der frühere Manager einer Möbelkette wurde in einen Vorraum gelotst, 20 Minuten wartete er auf den Fischer-Termin. Im Gegenzug für seine Geduld hatte Schelling freilich mehrere Botschaften deponiert: Er schätzt Pünktlichkeit. Er mag Höflichkeit. Und er will für Tempo stehen.

Boxhandschuhe für den Nachfolger

Werner Faymann, Heinz Fischer…
Boxhandschuhe für den Nachfolger

Heinz Fischer, Werner Faymann, Reinhold Mitterlehn…
Boxhandschuhe für den Nachfolger

Sabine Oberhauser, Heinz Fischer…
Boxhandschuhe für den Nachfolger

Sonja Steßl, Heinz Fischer…
Boxhandschuhe für den Nachfolger

Alois Stöger, Hans Jörg Schelling, Sabine Oberhaus…
Boxhandschuhe für den Nachfolger

Harald Mahrer, Hans Jörg Schelling, Alois Stöger, …
Boxhandschuhe für den Nachfolger

ANGELOBUNG NEUER REGIERUNGSMITGLIEDER: STÖGER / SC
Boxhandschuhe für den Nachfolger

AMTSÜBERGABE IM FINANZMINISTERIUM: SCHELLING / SPI

Das war auch an seinem ersten Tag im Ministerium spürbar, doch dazu später.

Denn zunächst musste die neue Regierung bestätigt werden. Schlag 11 Uhr stehen Bundeskanzler Werner Faymann und sein neuer ÖVP-Stellvertreter Reinhold Mitterlehner im Maria-Theresien-Zimmer, um die erste Rochade des Kabinetts Faymann II zu besiegeln: Alois Stöger wechselt vom Gesundheits- ins Infrastrukturressort; ÖGB-Vizechefin Sabine Oberhauser steigt zur Gesundheitsministerin auf; Sonja Steßl bleibt Staatssekretärin, wechselt aber ins Kanzleramt; und Harald Mahrer bzw. Hans Jörg Schelling kommen neu ins (ÖVP-) Team.

Im grellen Licht der zusätzlich angeworfenen Scheinwerfer erinnert Heinz Fischer an die beiden Geschehnisse, die die Regierungsumbildung erst nötig gemacht haben.

Boxhandschuhe für den Nachfolger
Heinz Fischer, Werner Faymann, Reinhold Mitterlehner, Alois Stöger, Hans Jörg Schelling Sabine Oberhauser, Sonja Steßl, Harald Mahrer

Unspektakulärer Umbau im Team: In gelöster Stimmung wurden Mitterlehner (Vizekanzler), Stöger (Infrastruktur), Schelling (Finanzen), Oberhauser (Gesundheit), Steßl (Bundeskanzleramt) und Mahrer (Wirtschaft) angelobt

Da war "der viel zu frühe Tod von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer", deren Funktion die bisherige Infrastrukturministerin Doris Bures übernimmt. Und da war der unerwartete Rücktritt Michael Spindeleggers vom vergangenen Dienstag.

Die Anzugelobenden ertragen die kurzen Pflichten des spröden Protokolls – Ansprache, Amtseid, Beurkundung – mit Routine. Lediglich Neo-Staatssekretär Harald Mahrer ist die Last des Amtes insofern anzumerken, als er ein wenig ungelenk wirkt: Das Kinn leicht angehoben, die Hände artig angelegt, wartet er auf die Vereidigung.

Nach knapp 15 Minuten ist alles vorbei. Fischer hat den neuen Ressortchefs für die "schönen Aufgaben" alles Gute gewunschen und verabschiedet. Spätestens jetzt hätte einer wie Schelling allen Grund, sich als Minister zu erklären. Doch er muss weiter, hinüber in die Johannesgasse, wo ihm Spindelegger das Ministerium offiziell übergibt.

Vor der Zeit

Und eben dort zeigt Schelling, der als erster Euro-Millionär das Finanzministerium übernommen hat, einmal mehr, dass er Tempo vermitteln will. Fast eine halbe Stunde vor Termin ist der Neue im Haus. "Wir waren völlig überrascht", erzählt ein Mitarbeiter des Kabinetts. Diverse Kamera-Teams und Fotografen kämpfen sich noch durch den Regen, als der neue Ressortchef bereits sein Geschenk in Händen hält: Spindelegger hat Schelling schwarze Boxhandschuhe gekauft: "Die wirst du brauchen!" – "Es ist mir eine Ehre, Michael Spindelegger nachfolgen zu dürfen", antwortete der Neue. Er hat noch eine Bitte an den scheidenden Minister und seinen Staatssekretär. "Wenn ich Trost brauche, darf ich euch anrufen?"

Die beiden lächeln verhalten, weiter nichts. Vor dem Eingang steht längst der erste Umzugswagen.

Neue Parlamentspräsidentin

Im Parlament steht die Wahl der Nachfolgerin von Barbara Prammer auf dem Programm: Doris Bures soll zur neuen Präsidentin des Nationalrats gewählt werden. Im Anschluss stellen Bundeskanzler Faymann und Vizekanzler Mitterlehner dem Parlament ihre neuen Minister vor. Zuvor wird der erste Ministerrat in neuer personeller Zusammensetzung im Kanzleramt stattfinden.

Vakanter Job im Hauptverband

Noch gesucht wird ein Nachfolger für Finanzminister Schelling. Nach seinem Wechsel in die Regierung sucht der Hauptverband der Sozialversicherungsträger nun einen neuen Vorsitzenden.

Die Niederösterreicherin Johanna Mikl-Leitner steigt in der ÖVP-internen Hierarchie gleich auf zwei Ebenen auf. Die Innenministerin wird neue Regierungskoordinatorin, wo sie für die politische Vorbereitung der wöchentlichen Regierungssitzungen zuständig sein wird. Zudem ist Mikl als Vizeobfrau der Bundespartei im Gespräch.

Damit soll sichergestellt werden, dass der Einfluss der niederösterreichischen ÖVP nach dem Abgang von Michael Spindelegger nicht verloren geht. Mikl-Leitner war acht Jahre lang unter Erwin Pröll Landesrätin in Niederösterreich, seit November 2011 ist sie Bundesobfrau des ÖAAB – sie übernahm den Posten von Spindelegger.

Hintergrund ist, dass die Regierungsumbildung die Machtbalance in der ÖVP grundlegend geändert hat. Statt dem niederösterreichischen ÖAAB-Mann Spindelegger hat nun mit Reinhold Mitterlehner ein oberösterreichischer Wirtschaftsbündler die Zügel als neue Nummer 1 in der Hand. Die Koordinierung der Regierungsarbeit (gemeinsam mit SPÖ-Kanzleramtsminister und Faymann-Intimus Josef Ostermayer) oblag bisher Spindelegger-Intimus Jochen Danninger.

Mikl-Leitner hat mit Ostermayer bereits öfters Sachthemen zu verhandeln gehabt, zuletzt etwa die Polizeireform und den Koalitionspakt. Gegenüber dem KURIER lobt der SPÖ-Minister sein neues Gegenüber. Er habe gute Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit ihr gemacht und sei "überzeugt, dass wir auch als Regierungskoordinatoren gut zusammenarbeiten werden."

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