Androsch: "Bildungspolitik muss endlich Chefsache werden"

„Wir wurschteln mit einem archaischen System herum“: Androsch vermisst einschneidende Reformen.
Der Initiator des Bildungs-Volksbegehrens über Hoppalas und Heinisch-Hosek.

KURIER: Im Mai wird erstmals an den AHS-Schulen eine Zentralmatura abgehalten, die allerdings schon viel Wirbel verursacht hat. War das dennoch eine gute Idee?

Hannes Androsch:Eine standardisierte Reifeprüfung gibt es auf der ganzen Welt – und muss nicht neu erfunden werden. Wieso können sie das überall sonst auf der Welt besser umsetzen? Bei uns sind jetzt die Lehrer verzweifelt, die Schüler verzweifelt, die Eltern verzweifelt. Die hatten zehn Jahre Zeit, was ist denn das für eine Vorbereitung?

Wie beurteilen Sie die aktuelle Bildungspolitik?

Da kann man sich nur in Antidepressiva flüchten. Wir sind derzeit nur mit Hoppalas und Murks konfrontiert. Von einer einschneidenden, zeitgemäßen und zukunftsorientierten Reform des Bildungssystems ist keine Rede. Wir geben ein Vermögen für Umschulungen aus, aber für jene Maßnahmen, die das eigentlich verhindern könnten und die schon in der Vorschule beginnen müssten, haben wir viel zu wenig Geld.

Das Bildungsministerium muss 300 Millionen Euro einsparen.

Ja, wir kürzen die Mittel für den Unterricht, geben dafür aber 830 Millionen Euro mehr für Familien aus – ein Geld, das nicht bei den Kindern ankommt.

Ist der Geldmangel im Bildungsressort echt oder nicht nur ein Management-Problem?

Dieser Geldmangel ist echt. Der größte Teil des Budgets geht für die Landeslehrer auf, das bekommen die Landesregierungen. Und die Länder machen mit dem Geld, was sie wollen und lassen sich nicht einmal kontrollieren. Dafür haben sie eine teure, doppelte Verwaltung.

Fehlt es nur am Geld?

Nein, es braucht auch andere Reformen. Die Schulorganisation ist total aufgebläht mit Parallelstrukturen. Wir haben zu viele Kleinschulen. So fehlen die Mittel, um die entsprechende Infrastruktur zur Verfügung stellen zu können. Wir wurschteln da mit einem archaischen System herum, obwohl wir uns von vielen Nachbarn anschauen könnten, wie man es besser machen kann.

Liegt das Problem auch an der Ministerin, Gabriele Heinisch-Hosek?

Die Ministerin kommt zum Handkuss für Dinge, für die sie nichts kann. Ministerin Gehrer ist gescheitert, Ministerin Schmied ist gescheitert, jetzt steht Heinisch-Hosek am Pranger. Da muss man sich fragen, wer da verantwortlich ist. Für mich sind das die Landeshauptleute und die Lehrergewerkschaft, vor allem jene der AHS. Wir haben immer noch Halbtagsschulen, das widerspricht allen wissenschaftlichen Erkenntnissen. So können in vielen Fällen aber den Schülern nicht die Sprachkenntnisse vermittelt werden, und der Missstand setzt sich über den weiteren Bildungsweg fort. Wir kicken nur die Dose vor uns her, seit einem Vierteljahrhundert.

Heinisch setzt für Sie auf die richtigen Reformen?

Bei der Idee, Kleinschulen zusammenzulegen, hatte sie vollkommen recht. Nur hat sie nicht einmal in ihrer eigenen Partei Rückendeckung bekommen. Ich habe Kanzler Werner Faymann schon vor Jahren gesagt, die Bildungsreform muss endlich Chefsache werden – für die SPÖ und die ÖVP. Man kann doch nicht eine Ministerin nach der anderen im Regen stehen lassen, zulasten der jungen Menschen und ihrer Zukunft. Das ist nicht verantwortungsvoll.

Hätten Sie bestanden? Hier gibt's Beispiele der Zentral-Matura zum Üben

Kommentare