Ärzte sollen künftig weniger arbeiten

Ärzte sollen künftig weniger arbeiten
Die Arbeitszeiten sollen schrittweise an EU-Vorgaben angepasst werden. SPÖ und ÖVP bringen heute Antrag ein.

Die österreichischen Ärzte arbeiten zu viel - das soll sich künftig ändern, allerdings nur schrittweise. Das neue Arbeitszeitgesetz ist fertig, einen entsprechenden Initiativantrag werden SPÖ und ÖVP heute im Parlament einbringen, wie das Ö1-Morgenjournal berichtet. Der Entwurf von Sozialminister Rudolf Hundstorfer sieht eine Anpassung an die EU-Regeln vor: Derzeit arbeiten die heimischen Doktoren bis zu 72 Stunden pro Woche, in der EU sind durchschnittlich höchstens 48 Stunden erlaubt. Die neuen Regelungen sollen sollen in Österreich aber erst ab 2021 verbindlich gelten; würde man den Schritt sofort setzen, könnte man die Versorgung nicht mehr garantieren. Bis dahin dürfen die Spitalsärzte zunächst noch maximal 60 Stunden arbeiten, ab 2018 noch 55 Stunden - wenn sie sich schriftlich dazu bereit erklären. Mit dieser Regelung habe man alle Seiten ins Boot geholt, so der Minister im ORF-Radio.

Am Dienstag hatten die Regierungsmitglieder bereits die neue Ärzteausbildung beschlossen. Mit der Novelle soll der Beruf wieder attraktiver gemacht werden; die Ausbildung soll auf Inhalte und nicht mehr auf Strukturen fokussiert werden, erklärte Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser. Vorgesehen ist u.a. eine Verpflichtung zur Absolvierung einer neunmonatigen Basisausbildung nach dem Medizinstudium. Dabei sollen sie klinische Grundkompetenzen in den Fachgebieten Chirurgie und Innere Medizin erwerben. Erst danach kommt es zu einer Entscheidung, ob eine allgemeinärztliche oder fachärztliche Ausbildung angestrebt wird. Das Gesetz soll mit 1. Jänner 2015 in Kraft treten. Ab 1. Juni 2015 kann mit der neuen Ausbildung begonnen werden.

Überlange Nachtdienste stellen für die Spitalsärzteschaft nicht nur eine physische, sondern auch eine enorme psychische Belastung dar. Sie resultieren in erhöhter Reizbarkeit und Erschöpfung sowie einem hohen Stresspegel, der sich auch durch Schlaf während des Nachtdienstes nicht senken lasse, heißt es in einer neuen Studie an der Universität Innsbruck, so die Österreichische Ärztekammer.

"Diese Ergebnisse einer aktuellen Studie an der Universität Innsbruck sollten die Alarmglocken schrillen lassen, bilden sie doch nicht nur eine akute Gefährdung der Ärzteschaft, sondern auch der Patienten ab", erklärte Harald Mayer, Obmann der Bundeskurie Angestellte Ärzte und Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK), am Dienstag in einer Aussendung.

Eine nachhaltige Reduktion der überlangen Arbeitszeiten sei nur eine Möglichkeit, die enorm hohe Belastung zu senken. Außerdem müsste bei der Erstellung von Dienstplänen auf ältere Ärzte Rücksicht genommen werden. "Ein 55-jähriger Arzt ist längst nicht mehr so belastbar wie ein 30-jähriger Kollege. Wenn wir wollen, dass die Leistungsfähigkeit von Ärzten nicht durch übermäßige Arbeitsbelastung und chronisches Schlafdefizit beeinträchtigt wird und dass ältere Kolleginnen und Kollegen einigermaßen gesund bis zur Pension arbeiten können, dann müssen wir die Arbeitsbedingungen entsprechend anpassen. Ohne verkürzte Arbeitszeiten wird es nicht gehen", betonte Mayer.

Gefahrenquelle

Die Studie habe gezeigt, dass selbst durchgehender Schlaf während eines Nachtdienstes keine Erholung bringe. Mayer: "Sogar dann, wenn ein Arzt während seines Nachtdienstes durchschlafen kann, schüttet sein Körper vermehrt Stresshormone aus. Schließlich muss er damit rechnen, jederzeit geweckt zu werden."

Ein Nachtdienst würde somit psychischen und physischen Dauerstress bedeuten, zu den Auswirkungen gehörten neben Reizbarkeit und Erschöpfung auch verminderte Konzentration und verlängerte Reaktionszeiten. "Wir wissen seit Jahren, dass Übermüdung und Erschöpfung nicht nur die Gesundheit der Kolleginnen und Kollegen gefährden, sondern auch eine potenzielle Gefahrenquelle für die Gesundheit der Patienten darstellt. Wir wissen auch, dass jemand, der länger als 24 Stunden im Dienst gestanden ist, so beeinträchtigt ist, als hätte er 0,8 Promille Alkohol im Blut", erklärte der Kurienobmann.

Langfristig könne die Situation durch EU-konforme Arbeitszeiten verbessert werden. "In einem nächsten Schritt müssen wir die Rahmenbedingungen in den Spitälern an die Lebenssituation und an die Bedürfnisse der Spitalsärzteschaft anpassen. Andernfalls wird sich der Ärztemangel noch gravierender auswirken, und wir sind wieder bei überlangen Diensten und überlasteten Ärzten", so Mayer.

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