Bauchweh im Bundestag bei Mehrheit für Griechen-Hilfe

Beharrlicher Kämpfer gegen die Lebenslügen deutscher Politik: Wolfgang Bosbach (62), Talkshow-Star der Union.
Kräftiges "Ja" des Parlaments zur Griechenhilfe. Eines der lautesten "Nein" kam vom konservativen Bosbach.

Hart, aber fair, konsequent und verbindlich: Das ist das Image des bekanntesten politischen Gegners der Griechenland-Rettung von Kanzlerin Merkel: Wolfgang Bosbach führte am Freitag jene 29 Kollegen der CDU/CSU-Fraktion an, die gegen die Verlängerung der Hilfsmaßnahmen stimmten – so viele wie noch nie.

Die Mehrheit der "Ja-Stimmen" war trotzdem größer denn je, weil erstmals auch die "Linke" und die Grünen neuerlich dafür stimmten. Damit ist Bosbach nun "Oppositionschef" der Rettungsgegner.

Das ist keine Rolle, die ihm Spaß macht: Der 62- Jährige will nicht mehr parteiinterner Haupt-Widerpart von Koalitionsentscheidungen sein: "Mir fällt es schwer, immer gegen die Kollegen und Frau Merkel stimmen zu müssen. Aber ich will bei meinen Überzeugungen bleiben, ich möchte mich morgens in den Spiegel schauen können", sagte er am Mittwoch in der ARD-Talkshow. Er sei es aber leid, "immer die Kuh zu sein, die quer im Stall steht".

Rückzugswillig

Das wurde als Andeutung seines baldigen Rückzugs von der Berliner Bühne gewertet. Der Rechtsanwalt aus Nordrhein-Westfalen und stolze Vater dreier bildhübscher Töchter ist seit langem krebskrank und wirkt zunehmend müde in der Rolle des aufrechten Rebellen.

Denn er ist nicht nur Kritiker der Griechenland-Rettung à la Merkel sondern auch anderer Kompromisse. Etwa der fast ungesteuerten Zuwanderung: Im Vorjahr kritisierte er im KURIER-Interview präzise die Praxis des toleranten Umgangs mit Wirtschaftsflüchtlingen, vor allem durch rot-grün regierte Bundesländer, die nie Abschiebungen vornehmen. Hunderttausende Wirtschaftsflüchtlinge blieben daher illegal im Land, was Ausländerfeinden wie "Pegida" nütze, sagte Bosbach.

Weil der Konservative immer Klartext spricht und Schön-Formeln verachtet, ist er wohl der häufigste TV-Talkshow-Gast der Union. Er zahlt dafür mit seiner Karriere: Zwar ist er langjähriger Vorsitzender des wichtigen Bundestags-Innenausschusses. Zum Innenminister machte ihn Merkel aber nie: Sie ist so Loyalitäts-fixiert wie ihr CDU-Vorgänger Helmut Kohl es war.

Wohl auch deshalb beschimpfte ihr früherer Kanzleramtschef Ronald Pofalla Bosbach: "Ich kann deine Fresse nicht mehr sehen, du machst alle verrückt", hatte sich Merkels wichtigster Mitarbeiter weitere Einwände gegen ihre Politik verbeten.

Doch am Freitag bei der Griechenland-Abstimmung drückte Bosbach die Stimmung vieler Kollegen aus. Teils sogar die von Wolfgang Schäuble: "Es fällt uns wahnsinnig schwer – jedem Einzelnen von uns." Es gehe nur darum, den Griechen vier Monate zur Durchführung der versprochenen Reformen zu geben, so der Finanzminister.

"Fass ohne Boden"

Wegen der Unsicherheit in Griechenland fließt seit Anfang Jänner täglich eine Milliarde Euro von griechischen Konten ins Ausland: Diese neue Kapitalflucht stopft zusätzlich die EZB. Auch für die se Summen haften die Deutschen indirekt mit. Finanzminister Schäuble und fast alle Abgeordneten im Bundestag rechnen im Sommer deshalb mit noch Schlimmerem: Dem dritten Rettungspaket mit gut 40 Milliarden Euro. Für das "Fass ohne Boden", wie es Bosbach nennt.

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