Abschiebe-Pläne: Viel Härte – wenig Nutzen?

Rund 3000 zwangsweise Abschiebungen gab es 2015
Die Regierung will künftig viel mehr Flüchtlinge abschieben – leicht wird das nicht.

Härte zeigen: Das ist, kurz gefasst, der Plan, den die Regierung mit ihrem "Maßnahmenpaket zur Forcierung von Außerlandesbringungen" verfolgt. Was taugt er? Ein KURIER-Faktencheck:

Die Regierung will bis 2019 mindestens 50.000 Menschen außer Landes bringen. Wie viele waren es bisher?

Im Vorjahr gab es laut Innenministerium 8365 sogenannte Außerlandesbringungen, wobei 5087 freiwillig und 3278 mit Zwang (Abschiebung) passiert sind. Wenn die Regierung in Aussicht stellt, anstatt der mehr als 8000 Abschiebungen künftig 12.500 pro Jahr zu erledigen, ist das formal gesehen zwar eine klare Steigerung. Welchen Effekt dies hat, bleibt aber unklar, denn das Innenministerium hat keine seriösen Zahlen darüber, wie viele Flüchtlinge im Land sind, obwohl sie es eigentlich verlassen müssten.

Wie kann das sein? Ganz einfach: Nicht jeder Asylwerber, der einen negativen Asylbescheid bekommt, ist für die Behörden greifbar. Manche ziehen vorsorglich weiter, einige tauchen unter, andere gehen freiwillig zurück in ihr Herkunftsland. In der Statistik der Außerlandesbringungen sind die freiwilligen Rückkehrer nur erfasst, wenn sie bei der Ausreise Hilfe der Behörden hatten. Fazit: 12.500 Abschiebungen im Jahr sind weder viel noch wenig – solange man nicht weiß, wie viele potenziell Abzuschiebende im Land sind.

Abschiebe-Pläne: Viel Härte – wenig Nutzen?

Die Liste der sicheren Herkunftsstaaten soll erweitert werden. Was bringt das?

Kurz gesagt: Menschen aus "sicheren Herkunftsstaaten" haben geringere Aussichten auf Asyl und können schneller wieder abgeschoben werden. Allerdings braucht es auch in diesen Fällen die Bereitschaft der Herkunftsstaaten, sie zurückzunehmen. Folgende Länder sollen neu auf die Liste kommen: Marokko, Algerien, Tunesien, Georgien, Ghana und die Mongolei.

Es soll mehr Rückübernahme-Abkommen geben. Welche Staaten weigern sich, Flüchtlinge zurückzunehmen?

Die wichtigste Frage bei Abschiebungen bzw. Rückführungen lautet: Nimmt ein Staat die Abzuschiebenden (wieder) auf? Haben abzuschiebende Flüchtende keine Reise-Papiere bzw. keinen Pass (Regelfall), müssen sie ein Heimreise-Zertifikat bekommen. Insbesondere die Staaten in Nord-Afrika (Marokko, Algerien, etc.) sind bei der Rücknahme von Flüchtlingen nicht sonderlich kooperativ. Die in Österreich ventilierte Forderung, Außenminister Sebastian Kurz müsse mit betroffenen Staaten bilateral verhandeln und sie zur Rücknahme bringen, hat eine zusätzliche, europarechtliche Komplikation: Es gibt für Verhandlungen mit diesen Staaten ein EU-Mandat. Streng genommen darf Österreich also keine Verträge mit Ländern wie Marokko abschließen – weil Brüssel für alle EU-Staaten verhandelt.

Für freiwillige Ausreisen soll es bald eine Prämie geben. Wieso?

Das Kalkül: Asylwerber, die wissen, dass sie kaum Chancen auf einen Aufenthaltstitel haben, sollen beiden Seiten ein langwieriges Verfahren ersparen, auf Einsprüche verzichten und freiwillig ausreisen. Schon jetzt gibt es eine "Rückkehrhilfe" von maximal 370 Euro. Künftig soll es – nach Schweizer Vorbild – gestaffelte Beträge geben: Je früher man freiwillig geht, desto mehr Geld erhält man, ausgenommen sind Asylwerber aus den Balkanstaaten – für sie will man keine Anreize schaffen, nur wegen der Ausreiseprämie zu kommen. Die Prämie: 500 Euro innerhalb der ersten drei Monate nach dem Asylantrag und einem negativen Bescheid in erster Instanz; 250 Euro in den ersten sechs Monaten nach dem Antrag und einem negativen Bescheid in zweiter Instanz; und 50 Euro bei einer "zwangsweisen Rückkehr".

Karin Abram, Integrationsexpertin der Caritas, bezweifelt, "dass das bei einer größeren Menge an Menschen dazu führen wird, dass sie das Geld nehmen und nach Hause fahren". Sie hält es für wichtiger, "dafür zu sorgen, dass eine Rückkehr nachhaltig ist". Statt einer Ausreise-Prämie sollte in Projekte vor Ort investiert werden, um Zurückgekehrten in ihrer Heimat eine Perspektive zu eröffnen.

Immer wieder heißt es, Flüchtlinge könnten künftig schon an der Grenze zurückgewiesen werden, weil sie aus "sicheren Drittstaaten" kommen. Ist das tatsächlich so einfach?

Nein. Auch wenn man weiß, dass jemand aus Italien oder Slowenien kommt, kann man ihn nicht abweisen. Jeder, der einen Antrag auf Asyl stellt, hat das Recht auf ein Verfahren, in dem sein Fall geprüft wird.

Ab dieser Woche wird das Bundesheer Hercules-Transportmaschinen zur Verfügung stellen. Ändert das etwas an der Abschiebepraxis?

Nein. Schon bisher war das Haupt-Problem bei Rückführungen nicht fehlender Platz in Charter-Maschinen, sondern eine fehlende Einreise-Erlaubnis der Abzuschiebenden im jeweiligen Herkunftsland. Bisher wurden Flüchtlinge, die per Flugzeug abgeschoben wurden, mit eigenen Chartern oder in Linien-Flügen transportiert. Ein Transport in der Hercules könnte Abläufe am Flughafen beschleunigen. Ob Heeres-Flüge die Steuerzahler günstiger kommen, ist laut Innenministerium offen, weil vorerst unklar ist, ob das Bundesheer billigere Flugstunden zur Verfügung stellt als zivile Charter-Anbieter.

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