37.500: "Absolute Höchstgrenze" oder "Zahl, an der ich nicht hänge"

Designierter Verteidigungsminister Doskozil, Innenministerin Mikl-Leitner.
Die Entscheidung zum Stoppen des Flüchtlingsandrangs steht – der Umgang mit dem 37.501. Flüchtling bleibt höchst umstritten. Die ÖVP schließt Gewaltanwendung nicht aus.

Obergrenze oder Richtwert? Also eine absolute Zahl oder bloß eine relative Größe? Was wurde da am Asylgipfel eigentlich beschlossen?

Am Tag nach der Einigung zwischen Bundesregierung und Landeshauptleuten lief das Interpretationsmatch auf Hochtouren. Ausgangspunkt: Was passiert mit dem 37.501 Flüchtling, der heuer nach Österreich will?

Der designierte SPÖ-Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil relativierte als Erster den Beschluss vom Mittwoch. Für ihn ist auch denkbar, die für 2016 angepeilte Flüchtlingszahl zu überschreiten. "Ich hänge nicht an der Zahl 37.500 – für mich ist das ein Richtwert", sagte Doskozil. Es folgte vor allem die mächtige SPÖ Wien (siehe Artikel hier). Sie verweist auf das von allen Regierungsmitgliedern und Landeshauptleuten unterschriebene Gipfel-Protokoll: Dort ist von Richtwert und nicht von Obergrenze die Rede.

Davon will die ÖVP rein gar nichts wissen. Generalsekretär Peter McDonald: "Es ist eine absolute Entscheidung, wo die absoluten Höchstgrenzen liegen." Ab dem 37.501 Flüchtling werde die Grenze dichtgemacht, beharrt auch Innenministerin Johanna Mikl-Leitner.

Sie schließt auch Gewaltanwendnung an der Südgrenze nicht aus, sollte es zu Unruhen kommen. Aber, so Mikl-Leitner zum KURIER: "Dazu kann es nur kommen, wenn sie von den Personen ausgeht, die einreisen wollen. Und sicher nicht von der Exekutive. Aber sollte das eintreten, dann wird die Polizei darauf auch maßhaltend mit den entsprechenden Zwangsmaßnahmen reagieren."

Zwei Modelle kommen für Mikl-Leitner infrage, um Flüchtlinge zu stoppen: Entweder Asylanträge analog zur Vorgangsweise Schwedens zwar an der Grenze anzunehmen, aber nicht mehr zu bearbeiten. Das hätte zur Folge, dass Flüchtlinge in Notquartieren im Grenzland zu Slowenien eineinhalb bis zwei Jahre ausharren müssten, schätzt das Ministerium.

Oder die härtere Variante: Flüchtlinge ab Erreichen der Obergrenze sofort zurückzuweisen, weil sie aus Slowenien, also aus einem sicheren Herkunftsland kommen. "Theoretisch könnte man alle zurückschicken. Dass wir diese Anträge annehmen müssen, dazu kann uns niemand zwingen", sagt ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka zum KURIER.

Was geschieht also wirklich mit denen, die kommen, nachdem die Obergrenze erreicht ist? "Die kommen dann nicht herein", sagt Lopatka. "Das sehen auch die Slowenen so, die Kroaten und die Mazedonier. Sie alle werden auch entsprechend die Grenzen zumachen. Und das hilft uns, damit es nicht zu einem Rückstau an der österreichischen Grenze kommt."

Lopatka räumt ein, dass dieser Domino-Effekt dazu führen könnte, dass am Ende wieder Massen an Flüchtlingen in Griechenland stranden werden – unter schlimmen Bedingungen. Dann, sagt Lopatka, "muss die EU aufwachen und sich darauf besinnen, dass sie eine Union aus 500 Millionen Menschen ist – und nicht aus 100 Millionen mit Deutschland, Schweden und Österreich."

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