Wahlkampftöne zum 1. Mai am Rathausplatz

Wahlkampftöne zum 1. Mai am Rathausplatz
Tag der Arbeit: Faymann und Häupl in Eintracht - Einstimmung auf die Landtagswahl.

Wahlkampftöne bestimmten schon die traditionelle Kundgebung zum 1. Mai am Wiener Rathausplatz: Die Spitzen der Sozialdemokratie zeigten sich höchst zuversichtlich, dass es auch am 11. Oktober - dem Tag des Urnengangs - Anlass zum Feiern geben werde. Laut Wiener Landespartei nahmen mehr als 100.000 Menschen an dem Aufmarsch teil.

Wahlkampftöne zum 1. Mai am Rathausplatz
ABD0029_20150501 - WIEN - ÖSTERREICH: (v.l.) Wiener BM Michael Häupl, BK Werner Faymann beim traditionellen Maiaufmarsch der SPÖ Wien am Tag der Arbeit "125 Jahre 1. Mai - Unser Tag!", Freitag 01. Mai 2015 am Rathausplatz in Wien. - FOTO: APA/HANS PUNZ
Sie erlebten bei angenehmen frühlingshaften Temperaturen eine Art inoffiziellen Wahlkampfauftakt. Bundeskanzler und Bundesparteichef Werner Faymann warnte vor allzu großer Bequemlichkeit: "Wir wissen alle sehr genau, die Dinge, die man hat, ist man gewohnt." Ausländische Gäste würden sich bei ihm jedoch oft erkundigen, wie es möglich sei, das Wasser nicht zu privatisieren, die Kinderbetreuung flächendeckend anzubieten und für Ältere entsprechend zu sorgen.

"Die Antwort ist einfach, wir schaffen das in Wien, nicht weil wir uns auf andere Parteien verlassen können, sondern weil wir uns auf Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, auf dich, lieber Michel, verlassen können", würdigte er den Wiener Bürgermeister und SPÖ-Landesparteiobmann Michael Häupl. Dieser erteilte in seiner Rede wiederum Überlegungen von Finanzminister Hans Jörg Schelling, der über eine Mitsprachemöglichkeit bei Investitionen der Länder nachgedacht hat, eine Absage.

Millionärssteuer

Wahlkampftöne zum 1. Mai am Rathausplatz
"Herr Finanzminister, lassen sie uns einfach unseren Job machen. Wir wissen, was wir zu leisten haben, um die Zukunft der Bildung in dieser Stadt zu sichern. Wir tragen mehr als das übliche Scherflein dazu bei. Wir wissen, wie wir das Gesundheitssystem in dieser Stadt zu sichern haben. Lassen sie uns diese Investitionen einfach machen", ersuchte er den Minister. Nötig sei dazu eine Millionärssteuer. Dann könne auch der Minister sicher sein, dass seine Enkelkinder in einer "ganz wunderbaren Stadt" leben werden: "Auch wenn sie dann gelegentlich hinausfahren in das Weingut nach Niederösterreich, das sie geerbt haben von ihnen, um dort bei der Feldarbeit zumindest zuzuschauen, damit sie wissen, wie Arbeit ausschaut."

ÖVP besucht Flughafen

Wahlkampftöne zum 1. Mai am Rathausplatz
ABD0033_20150501 - SCHWECHAT - ÖSTERREICH: v.l.: VK Reinhold Mitterlehner, BM Johanna Mikl-Leitner, Europaabgeordnete Othmar Karas und Generalsekretär Gernot Blümel während einer Pressekonferenz anl. der 1. Mai Veranstaltung der ÖVP unter dem Motto "Wirtschaft - Wachstum - Europa" am Freitag, 1. Mai 2015 am Flughafen Wien-Schwechat. - FOTO: APA/HERBERT P. OCZERET
Auch die ÖVP beging den Tag der Arbeit - und zwar auf dem Flughafen Wien Schwechat. Dabei wurde vor allem auf Reformen gedrängt. "Während andere marschieren und dabei auf der Stelle treten, widmen wir uns der Zukunft", meinte Parteiobmann Reinhold Mitterlehner bei der Pressekonferenz in Richtung Koalitionspartner SPÖ. Der Flughafen sei ein Ort, an dem 365 Tagen im Jahr gearbeitet wird. Mit dem Besuch am Tag der Arbeit wolle man diesen Leuten "unsere Referenz erweisen", erklärte Mitterlehner. Außerdem handle es sich um ein "Tor zur Welt und einen Ort der Bewegung".

Am Termin nahm anlässlich des Jubiläums 20 Jahre EU-Beitritt Österreichs auch Europamandatar Othmar Karas teil. Er sieht im Flughafen ein "Symbol dafür, dass viele den Mut und den Willen haben, neue Ziele anzustreben". Die "Europapartei" ÖVP will in den nächsten Tagen bis zum Europatag am 9. Mai außerdem die Bevölkerung dazu anregen, darüber nachzudenken, was Europa für sie persönlich bedeutet, so Generalsekretär Gernot Blümel. Auf Tafeln mit der Aufschrift "Europa ist für mich", ließen die Parteispitzen dann auch gleich wissen, wofür die Union für sie steht.

FPÖ kündigt Denkzettel an

Die FPÖ war in Wien und Linz aktiv: "Wien ist reif für einen Wandel. Den Denkzettel für die katastrophale Politik der vergangenen Jahre wird die Wiener SPÖ und Bürgermeister Häupl am 11. Oktober verpasst bekommen", zeigte sich FP-Klubchef Johann Gudenus in einer Aussendung überzeugt.

Wahlkampftöne zum 1. Mai am Rathausplatz
ABD0095_20150501 - LINZ - ÖSTERREICH: ZU APA0139 VOM 1.5.2015 - FPÖ-Bundesparteiobmann Heinz-Christian Strache und Landesparteiobmann Manfred Haimbuchner (L.) während der 1. Mai Kundgebung der FPÖ am Freitag, 1. Mai 2015, in einem Bierzelt am Urfahraner Jahrmarkt in Linz. - FOTO: APA/FOTOKERSCHI.AT/WERNER KERSCHBAUMMAYR
FPÖ-Bundesparteiobmann Heinz-Christian Strache war derweil in einem Bierzelt am Urfahraner Jahrmarkt in Linz zugange und schwor ebenfalls seine Anhänger auf die bevorstehenden Landtagswahlen ein. Er will Bürgermeister in Wien werden und wünscht sich Platz Zwei für die FPÖ in Oberösterreich. Mehr als 5.000 Gäste begrüßten er und Landesparteiobmann Manfred Haimbuchner laut Partei bei ihren Reden. Die John-Otti-Band und HC-Sprechchöre heizten die Stimmung vor dem Auftritt des FPÖ-Chefs an. Die Anhänger kletterten auf die Bierbänke, schwenkten Österreich-Fahnen und schließlich marschierten Haimbuchner und Strache ebenfalls fahnenschwenkend mit Gefolge zur Bühne. Haimbuchner betonte, dass im Herbst Hausverstand und Normalität wählbar seien. "Das ist unser Land! Hier gelten unsere Regeln und nicht die Scharia!"

Der Tag der Arbeit sorgte auch dieses Jahr wieder für Klassenkampftöne: In der Frage der nötigen Maßnahmen prallten die höchst unterschiedlichen Ansichten von Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern aufeinander. So wandte sich die Industrie strikt gegen Arbeitszeitverkürzung oder leichtere Erreichbarkeit der sechsten Urlaubswoche, während SPÖ und ÖGB dies einforderten.

Als "Themenverfehlung" und "standortfeindlich" kommentierte der Präsident der Industriellenvereinigung, Georg Kapsch, Debatten über Wertschöpfungsabgabe, Arbeitszeitverkürzung oder leichtere Erreichbarkeit der sechsten Urlaubswoche: "Solche Vorschläge gehen nicht nur völlig an den wirtschaftlichen Realitäten vorbei. Sie schädigen das Vertrauen der Unternehmen sowie Investorinnen und Investoren in den Wirtschaftsstandort, indem sie seine ohnehin massiv angeschlagene Wettbewerbsfähigkeit weiter schwächen." Allein die leichtere Erreichbarkeit der sechste Urlaubswoche würde den Unternehmen rund 780 Millionen Euro Mehrkosten verursachen - "gerade jetzt ein fatales Signal, welches sich verheerend auf die Arbeitsplatzsituation auswirken würde", wandte sich Kapsch gegen "gefährliche Experimente". Zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit forderte er vielmehr spürbare Entlastungen für Unternehmen und eine durchgängige Standortstrategie.

Keine "Panikattacken"

Konträr war der Ansatz von ÖGB-Präsident Erich Foglar in einer Aussendung am Vorabend des 1. Mai: Er forderte "nachhaltige Investitionen in soziale Infrastruktur und eine Bildungsoffensive" - aber auch eine neue Verteilung der Arbeit, Arbeitszeitverkürzung und die leichtere Erreichbarkeit der sechsten Urlaubswoche. Um die Diskussion über die Arbeitszeitverkürzung werde man nicht herumkommen, auch wenn "Vertreter und Wirtschaft und Industrie regelmäßig Panikattacken" erlitten, meinte Foglar.

Voll auf die Seite der Gewerkschaft stellte sich Bundeskanzler Werner Faymann in Sachen Urlaub: Er unterstütze die Gewerkschaft bei sozialpartnerschaftlichen Verhandlungen für die sechste Urlaubswoche, ließ der SPÖ-Chef wissen. Ein wenig zurückhaltender äußerte er sich zur Arbeitszeitverkürzung. Die hält er zwar prinzipiell für richtig und logisch "in einer Welt, in der immer mehr Roboter die Arbeit übernehmen" - aber umsetzbar wäre sie nur "in klugen Schritten im europäischen Gleichklang und natürlich nur in Übereinstimmung der Sozialpartner". "Viel mehr" will Faymann noch in Sachen Vermögenssteuern, die Steuerreform sei aber ein Riesen-Schritt zu weniger Steuern auf Arbeit.

Mehr auf der Seite der Unternehmen steht das Team Stronach: Klubobfrau Waltraud Dietrich forderte in einer Aussendung eine Steuersenkung für Unternehmen, die in Österreich investieren - und die Möglichkeit, einen Gewinn zum Teil an die Mitarbeiter auszuzahlen und dafür nicht voll zu versteuern. Damit würde auch den "Bürgern und Familien" mehr im Börsel bleiben und der Konsum angekurbelt.

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