Hundstorfer: "Probleme lösen wir beim Mitternachts-Espresso"

Rudolf Hundstorfer mit Frau Karin Risser
Seit 14 Jahren sind der SPÖ-Bundespräsidentschaftskandidat und Karin Risser, Managerin im Gesundheitswesen, verheiratet.

KURIER: Frau Risser, Ihre Tochter war in Brüssel als die Terror-Anschläge passierten. Wie groß war die Nervosität, als Sie die ersten Meldungen aus Brüssel hörten?

Karin Risser: So alt kann das Kind gar nicht sein, dass man nicht sofort wissen möchte, wie es der Tochter geht. Das Telefonnetz funktionierte zum Glück noch, und ich hatte relativ schnell eine positive Rückmeldung. Ich habe meine Tochter dann mit dem Auto aus Brüssel abgeholt. Auf der Rückfahrt war das Auto gesteckt voll, weil wir auch gleich ihre Wohnung auflösten, da ihre Tätigkeit ohnehin dieser Tage zu Ende gewesen wäre. Die Betroffenheit ist natürlich sehr groß, wenn man in dieser Stadt gelebt hat.

Frau Risser, in einigen Artikel war zu lesen, dass auch Sie gerne als Gattin des Bundespräsidenten in die Hofburg "einziehen" würden. Wer war von Ihnen beiden war die treibende Kraft bei der Entscheidung für die Kandidatur?

Karin Risser: Das ist mir neu, dass ich die treibende Kraft gewesen sein soll. Mein Mann hat die Entscheidung getroffen, er hat sie mir mitgeteilt und ich habe gesagt: "Ich bin einverstanden. Sag mir, wann und wo du meine Unterstützung brauchst. Ich bin dabei." Wir sind beide eigenständig berufstätig. Ich habe nicht den Wunsch, mich für die Hofburg zu bewerben. Wenn das ein Ziel von mir wäre, würde ich selber kandidieren.

Rudolf Hundstorfer: Meine Frau hat von Anfang klar gestellt, dass ich alleine entscheiden soll. Solche Entscheidungen muss man einsam treffen, weil man sie dann vor sich selbst verantworten muss. Auch als ich ÖGB-Präsident wurde, habe ich einsam entschieden. Da hatte ich überhaupt nur drei Minuten Zeit, um Ja oder Nein zu sagen.

Hundstorfer: "Probleme lösen wir beim Mitternachts-Espresso"
Interview mit Karin Risser und Rudolf Hundstorfer im Hotel Steigenberger im Zuge der Bundespräsidentschaftswahl 2016. Wien, 24.03.2016.

Sie haben als Managerin im Gesundheitswesen selber eine tolle Karriere gemacht. Würden Sie diese aufgeben, falls es mit der Hofburg klappt?

Karin Risser: Das ist für mich momentan keine Option. Ich habe meinen Job auch weitergemacht, während mein Mann Minister war. Ich denke, wenn es so sein sollte, dass mein Mann Bundespräsident wird, wird mir es auch weiterhin gelingen Karriere, Haushalt und Familie unter einen Hut zu bringen.

Für Sie beide ist es nicht die erste Ehe. Geht man bei einer späten, zweiten Liebe bewusster in die Beziehung hinein?

Karin Risser: Er ist mein fehlender Teil. Wir haben eine sehr ausgewogene Beziehung, die sehr gut funktioniert.

Rudolf Hundstorfer: Wir lernten uns kennen, da war ich schon 50. Ich war damals ihr Präsident (lacht), weil ich Vorsitzender der Krankenfürsorgeanstalt der Bediensteten der Stadt war und Karin Verwaltungsdirektorin im Sanatorium Hera. Wir mussten gewisse Umstrukturierungen vornehmen. Bei diesen unzähligen Terminen hat sich unsere Beziehung entwickelt. Als es intensiver wurde, habe ich allerdings meinen ehrenamtlichen Posten freiwillig zurückgelegt, damit es nicht zu Tuscheleien kommt. Solche Erlebnisse schweißen zusammen. Ich denke, in diesem Alter geht man sehr bewusst in die Beziehung, weil man auch einen Schnitt zu den 50 Jahren davor macht. Es ist eine andere Qualität von Beziehung.

Sie haben beide Kinder aus den früheren Beziehungen. Wie funktioniert das Patchwork?

Karin Risser: Unsere Kinder haben alle einen 9-Jahres Altersunterschied. Mein jüngster Sohn ist 24, meine Tochter 33, und Rudis Tochter wird heuer 42. Selbst wenn wir keine Patchwork-Familie wären, wären die Kinder fast wie Einzelkinder aufgewachsen. Denn wenn der eine ein Volksschulkind ist und die Tochter gerade in der Pubertät, empfindet man den jüngeren Bruder eher als Störfaktor. Aber es funktioniert. Unsere Kinder haben regelmäßig Kontakt, sind für einander da.

In diversen Porträts steht, Rudolf Hundstorfer sei ein Sonnyboy, der aber durchaus zu einem typischen Wiener Häferl werden kann. Ist an dieser Beschreibung etwas Wahres dran?

Karin Risser: Seit dem ich meinen Mann kenne, ist er der Fels in der Brandung. Jähzorn kennt er nicht. Er besitzt eine wirkliche epische Breite, und ist extrem tolerant. Wie man auf die Idee kommt, dass er ein Wiener Häferl sein soll, weiß ich nicht.

Kann man bei so viel Toleranz mit Ihrem Mann überhaupt streiten?

Karin Risser: Das ist sehr schwierig. Eigentlich geht es nicht. Denn unser einziger Streitpunkt ist, wer den Rasenmäher bedient. Wir begegnen uns absolut auf Augenhöhe, sind zwar sicher nicht immer einer Meinung, aber das ist kein Grund zum Streiten.

Unterschiedliche Meinungen werden also dann bei einer sachlichen, emotionslosen Diskussion aus dem Weg geräumt...

Karin Risser: In der Regel schon. Wir sind zwei erwachsene Menschen.

Rudolf Hundstorfer: Aber es kann schon einen Tag lang dauern... (lacht)

Wie stark ist die Politik in Ihrer Ehe präsent? Oder sperren sie die Politik bewusst aus dem Privatleben aus?

Rudolf Hundstorfer: Das wäre bei uns unmöglich, die Politik auszusperren.

Hundstorfer: "Probleme lösen wir beim Mitternachts-Espresso"
Interview mit Karin Risser und Rudolf Hundstorfer im Hotel Steigenberger im Zuge der Bundespräsidentschaftswahl 2016. Wien, 24.03.2016.
Karin Risser:Im Prinzip gibt es überall im Leben einen gewissen Anteil an Politik. Egal, ob man über Frauenthemen, die Kirche oder über den Arbeitsmarkt oder die Gesundheit spricht. Ohne diese Themen wäre das Leben und die Diskussion schon sehr reduziert.

Herr Hundstorfer, es heißt Ihr Lieblingsurlaubsort ist die Nordsee-Insel Ameland. Warum gerade diese ungewöhnliche Destination?

Rudolf Hundstorfer: Das hat eine längere Vorgeschichte. Meine Frau liebt mehr den Süden, ich den Norden. Als Kompromiss machte ich mit 52 Jahren zum ersten Mal am Stück drei Wochen Urlaub. Karin willigte dafür ein, eine Nordsee-Insel inklusive einer kleinen Nordeuropa-Tour auszuprobieren. Die ersten vier Tage waren eine Katastrophe, weil es nur regnete und die Langweile bei Karins 11-jährigem Sohn groß war. Die Stimmung war im Keller. Der Ausweg war, Radeln im Regen – doch kaum hatten wir die Räder ausgeliehen, kam die Sonne. Es folgte ein wunderschöner Urlaub, den wir dann vier Mal wiederholten. Jetzt haben wir eine neue Urlaubsvariante entdeckt. Seit kurzem fahren wir mit dem Hausboot. Meine Frau hat den Bootsführerschein gemacht und ich bin der erste Matrose (lacht).

Frau Risser, Sie betonen in Interviews sehr oft, dass Sie eine erwachsene Beziehung, die von Sachlichkeit dominiert ist, haben. Wann nehmen die Emotionen das Zepter in die Hand? Wie oft sagen Sie sich, dass Sie sich lieben?

Karin Risser: Sehr oft sogar. Aber unsere gegenseitige Wertschätzung ist eben sehr groß.

Rudolf Hundstorfer: Emotionen können ja auch erwachsen sein. Wir probieren auch drei Mal am Tag zu telefonieren .

Wenn beide Ehepartner einen derart zeitintensiven Job haben, gibt es gemeinsame Rituale im Alltag, für die Sie sich immer Zeit nehmen?

Rudolf Hundstorfer: Unser Mitternachts-Espresso.

Karin Risser: Wann immer wir nach Hause kommen, oder auch wenn einer von uns beiden schon daheim ist und der andere erst später kommt, der Espresso ist unser Fixpunkt. Ohne den gehen wir nie zu Bett. Da klingt der Tag aus. Da besprechen wir die wichtigsten Dinge, die man untertags nicht schaffte. Da lösen wir Probleme.

Rudolf Hundstorfer: Da wird die Welt verändert (lacht).

Karin Risser: Manchesmal dauert es auch zwei Espressi lang.

Herr Hundstorfer, Sie haben Ihre erste Frau zwei Mal geheiratet. Warum dieser ungewöhnliche Schritt?

Rudolf Hundstorfer: Das hat mehrere Gründe. Einerseits wegen der Tochter, sie war damals sieben Jahre alt. Dann hielt der Scheidungsvergleich wegen des Pflegschaftsgerichts nicht.

Hundstorfer: "Probleme lösen wir beim Mitternachts-Espresso"
Interview mit Karin Risser und Rudolf Hundstorfer im Hotel Steigenberger im Zuge der Bundespräsidentschaftswahl 2016. Wien, 24.03.2016.
Frau Risser, Sie haben im vergangenen Herbst Flüchtlingen geholfen. Welche Bilder aus diesen Wochen vergisst man nicht?

Karin Risser: Da gab es unzählige tief bewegende Momente. Einmal hatte ein junger Syrer, der kein Englisch sprach, starke Schmerzen im Bauchraum. Wir suchten unter den Flüchtlingen jemanden, der dolmetschen konnte. Als wir die beiden jungen Männer zusammen führten, gab es einen Aufschrei, weil es zwei Freunde waren, die sich das letzte mal vor Monaten in Damaskus gesehen hatten. Sie verloren sich in den Kriegswirren aus den Augen, jeder dachte vom anderen, dass er bereits tot ist.

Es gibt so viele Kandidaten wie noch nie bei der Bundespräsidentschaftswahl. Wie werden Sie Ihren Mann auffangen, wenn er es nicht schafft?

Karin Risser: Das ist derzeit kein Thema. Selbst wenn, hätte ich nicht das Gefühl, dass ich meinen Mann auffangen müsste. Er hat so eine stabile Persönlichkeit, dass er mit so einer Situation umgehen kann. Das zeichnet ihn auch aus.

Rudolf Hundstorfer: Es gibt keinen Plan B. Ein gewisses Risiko gibt es immer, und in irgendeiner Form wird es weitergehen. Das gehört heute zum Leben. Wie viele Menschen üben heute einen Beruf aus und morgen heißt: Ab jetzt machen Sie bitte etwas anderes.

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