Heimskandal: Darabos prüft Vorwürfe

Heimskandal: Darabos prüft Vorwürfe
Tiroler Heimkinder sollen von Soldaten vergewaltigt worden sein. Minister Darabos will den Fall schonungslos aufklären.

Das österreichische Bundesheer sieht sich mit schweren Vorwürfen konfrontiert. Wie der KURIER in seiner Sonntagsausgabe berichtete, behauptet die 61-jährige Hanni P. aus Tirol, im Erziehungsheim St. Martin von Soldaten vergewaltigt worden zu sein. Der Vorfall soll sich bei den Faschingsbällen im Heim in den Jahren 1968 und 1969 ereignet haben. Auch seien weitere Mädchen betroffen.

Eine Expertin hält die Anschuldigungen für glaubwürdig. Verteidigungsminister Norbert Darabos zeigt sich "erschüttert" und verspricht eine schonungslose Aufklärung der nun erhobenen Vorwürfe.

KURIER: Es gibt Vorwürfe der Vergewaltigung von Mädchen in einem Tiroler Heim durch Soldaten.

Norbert Darabos: Ich bin erschüttert über die Vorwürfe. Wir nehmen sie ernst und werden sicher nicht zur Tagesordnung übergehen. Ich werde beim Militärkommando Tirol eine Untersuchungskommission einsetzen und wir werden eine Hotline einrichten, wo sich Opfer melden können.

Gibt es schon einen Plan, wie die Aufklärung ablaufen wird?

Wir müssen uns einmal ein Bild über die Lage machen, Kontakt zu Zeugen aufnehmen, das Foto, das im KURIER erschienen ist, analysieren und dann einige höchstwahrscheinlich bereits pensionierte Mitarbeiter der Kasernen Absam und Schwaz zu Gesprächen vorladen. Und dann wird die Staatsanwaltschaft informiert.

Wer soll der Kommission angehören?

Generalmajor Herbert Bauer (Militärkommandant Tirol, Anm.), ein Jurist und eine Psychologin. Generalmajor Bauer hat Erfahrung mit Menschenführung und im Umgang mit schwierigen Situationen. Ich war wirklich erschüttert, wie ich das gelesen habe. Aber ich gehe davon aus, dass Glaubwürdigkeit gegeben ist. Es gehört alles, auch wenn es lange zurückliegt, aufgearbeitet. Schon alleine für die Reputation des Bundesheeres.

In Kriegszeiten sind Vergewaltigungen durch Soldaten bekannt, aber in Friedenszeiten in Österreich?

Meines Wissens hat es solche Vorwürfe in der Zweiten Republik noch nicht gegeben. In meinem Heimatdorf im Burgenland werde ich oft auf Übergriffe und Vergewaltigungen durch die Rote Armee konfrontiert ... Aber in Friedenszeiten in Österreich ist mir ein solcher Fall noch nicht bekannt.

Das Bundesheer will auch die Vorwürfe der kaum oder gar nicht bezahlten Arbeit junger Frauen für das Heer im Erziehungsheim St. Martin aufarbeiten?

Auch hier werden wir alles aufklären. Es kann nicht sein, dass sich jemand an der Arbeitskraft junger Frauen bereichert hat. Wir sind den Opfern schuldig, dass wir jeden Vorwurf klären; egal, ob Vergewaltigung oder Billigarbeit. Das muss mit aller Härte untersucht werden. Und die Verjährung ist hier zweitrangig. Das können sich die Täter schon einmal merken. Das Thema wird öffentlich aufgearbeitet – mit allen Konsequenzen.

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