Heftiger Schlagabtausch Sarkozy-Hollande

Einziges Direkt-Duell der Kandidaten: Hollande führt in den Umfragen für die Stichwahl mit 53,5 Prozent, Sarkozy konnte ihn in der TV-Konfrontation nicht entscheidend schwächen.
TV-Duell in Frankreich: Amtsinhaber Sarkozy und Herausforderer Hollande schenkten einander nichts vor der Präsidentenstichwahl am Sonntag.

Nicolas Sarkozy startete in der mit Spannung erwarteten TV-Debatte genau so, wie man es von ihm erwartet hatte: angriffslustig und direkt. Gleich bei seiner ersten Replik attackierte er seinen Herausforderer François Hollande persönlich: "An diesem Abend geht es um die Wahrheit. Die Wähler sollen erfahren, wofür Sie stehen. Frankreich kann sich keine Fehler erlauben. Das ist unsere Herausforderung, Monsieur Hollande." Dieser hatte gesagt, dass er der "Präsident der Gerechtigkeit" sein wolle, worüber sich Sarkozy fast lustig machte: "Das sagt man bei jeder Debatte."

In der Folge lieferten die beiden einander einen heftigen, teils überaus emotio­nal geführten Schlagabtausch. Immer fielen sie einander ins Wort. Phasenweise entglitt den beiden Moderatoren die Debatte vollends.

Hollande machte Sarkozy für die gestiegene Arbeitslosigkeit (rund zehn Prozent) und Verschuldung verantwortlich und stellte dem seinen Wachstumskurs gegenüber. Sarkozy warf seinem Rivalen mehrmals vor, mit falschen Zahlen zu argumentieren. Bisweilen schulmeisterte er den sozialis­tischen Spitzenkandidaten und warf ihm Fehler vor.

"Sündenböcke"

Heftiger Schlagabtausch Sarkozy-Hollande

Da platzte auch dem im bisherigen Wahlkampf so ruhigen Hollande der Kragen: "Egal was passiert, Sie suchen per­manent Sündenböcke, es ist nie Ihre Schuld." Er warf dem Amtsinhaber vor, auf der Seite der Wohlhabenden zu stehen und unterstrich das mit den Worten: "Ich beschütze die Kinder dieser Republik, Sie die Reichen. Das ist der Unterschied zwischen uns." Sarkozy konterte: "Sie wollen weniger Reiche haben, ich will weniger Arme." Doch Hollande ließ nicht locker: "Unter Ihnen gab es noch mehr Arme, und die Reichen wurden reicher."

Im Laufe der zweieinhalbstündigen Konfrontation, es war die einzige, kamen unter anderen Themen auch das französische Bildungs- und Pensionssystem zur Sprache. Richtig heiß wurde es dann wieder, als es um die Eurokrise ging. Sarkozy sprach sich vehement gegen Eurobonds aus: "Ich will nicht, dass Frankreich und Deutschland für alle Schulden zahlen." Zugleich verteidigte er seine EU-Politik als richtig – und konnte sich einen Seitenhieb nicht verkneifen: "Monsieur Hollande, Sie haben keine Ahnung von Europa. Ich war auf allen Gipfeln, Sie nicht."

So richtig in Fahrt, ging es dann zu Sarkozys zentralem Thema der vergangenen Wochen – der Migration. Der konservative Präsident betonte einmal mehr, dass Frankreich eine "nationale Identität" brauche und daher seine Grenzen besser schützen müsse. Scharf wandte er sich gegen islamische Parallelgesellschaften. Deswegen habe seine Regierung ein Gesetz beschlossen, das das Tragen der Burka in der Öffentlichkeit verbiete. "Sie, Monsieur Hollande, haben damals dagegen gestimmt. Warum?" Den in­direkten Vorwurf der Fremden- und Islamfeindlichkeit wies Sarkozy zurück: "Wir behandeln die Muslime weit besser, als die Christen im Mittleren Osten behandelt werden."

Hollande dagegen bekräftigte seine Forderung nach einem Wahlrecht für Migranten auf kommunaler Ebene. Ansonsten geriet er in dieser Phase des Streitgesprächs ein wenig ins Schwimmen.

Hollande in Front

Über weite Strecken schlug sich Hollande aber gut. Sarkozy, für den das Fernseh-Duell die letzte Chance war, das Ruder noch herumzureißen, gelang es trotz seiner angriffslustigen Art nicht, seinen Heraus­forderer entscheidend zu schwächen. Damit könnte der Sozialist am kommenden Sonntag die Wende schaffen.

Zitiert

"Sie haben keine Ahnung von Europa. Ich war auf allen Gipfeln." Nicolas Sarkozy

"Ich will der Präsident der Gerechtigkeit sein." François Hollande

"Ich beschütze die Kinder dieser Republik, Sie die Reichen. Das ist der Unterschied zwischen uns." François Hollande

"Wir brauchen eine nationale Identität. Deswegen haben wir das Burka-Gesetz beschlossen." Nicolas Sarkozy

"Egal was passiert, Sie suchen Sündenböcke." François Hollande

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