Costa-Kapitän vor Gericht "wie versteinert"

Costa-Kapitän vor Gericht "wie versteinert"
Kapitän Schettino brachte die "Costa Concordia" zum Kentern. Am Montag begann in Grosseto der Prozess.

Zwanzig Minuten vor Verhandlungsbeginn erschien am Montag Kapitän Francesco Schettino erstmals zu einem Gerichtstermin in der toskanischen Stadt Grosseto. Anfang des Jahres hatte er das Kreuzfahrtschiff "Costa Concordia" durch ein riskantes Manöver vor der Insel Giglio zum Kentern gebracht. Hinter dunklen Sonnenbrillen versteckt eilte der 52-Jährige, abgeschirmt von der Öffentlichkeit, über einen Nebeneingang des Teatro Moderno in den Verhandlungssaal.

Kurz zuvor traf auch der erste Offizier Ciro Ambrosio ein, der sich in der Unglücksnacht ebenfalls auf der Kommandobrücke befunden hatte. Neben Schettino als Hauptangeklagten laufen Ermittlungen gegen neun weitere Verdächtige. Sie müssen sich vor Untersuchungsrichterin Valeria Montesarchio verantworten. 50 Anklagepunkte sind in einem 270-seitigen Gutachten aufgelistet. Schettino wird der mehrfachen fahrlässigen Tötung, des vorzeitigen Verlassen des Schiffes sowie der Umweltstraftat beschuldigt.

Mit Gutachten, technischen Analysen, Filmaufnahmen und der Black Box des Schiffs sollen die Verantwortlichkeiten für die Katastrophe geklärt werden. Genau unter die Lupe werden die Manöver unmittelbar vor dem Unglück genommen. Zu klären ist auch, warum das Schiff so spät evakuiert wurde. Dazu werden auch Schettinos Funkgespräche mit der Küstenwache und der Reederei analysiert.

126 Opfer-Anwälte

Costa-Kapitän vor Gericht "wie versteinert"

Kameras aus aller Welt positionierten sich vor dem Theater, in dem die Voranhörungen zur Beweissicherung und Vorbereitung des Riesenprozesses unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. 126 Anwälte vertreten die Opfer des Schiffsunglücks. In der ersten Reihe nahm Francesco Schettino, begleitet von seinem Anwalt Bruno Leporatti, Platz. Einer der Passagiere schüttelte ihm die Hand. "Schettino war während der Anhörung wie versteinert", berichtet eine Anwältin.

In den zum Gerichtssaal umfunktionierten Theater in der Küstenstadt Grosseto waren zahlreiche "Costa Concordia"-Passagiere anwesend. Paola und Ernesto Carusotti erinnern sich an das Unglück: "Schettino ist nicht der einzige Verantwortliche der Katastrophe, in dieser schrecklichen Nacht funktionierten viele Dinge nicht." Er sei extra mit seiner Frau aus Deutschland angereist, um "dem Kapitän in die Augen zu sehen", sagt ein Überlebender der Katastrophe. Das deutsche Paar will mit eigenen Augen sehen, wie Francesco Schettino auf die Anschuldigungen reagiert.

"Wir haben Hunger nach Gerechtigkeit, aus Respekt gegenüber den Opfern und ihren Familien", kommentiert der Bürgermeister von Giglio, Sergio Ortelli. Bei dem Unglück vor der toskanischen Insel Giglio am 13. Jänner war die "Costa Concordia" mit 4200 Passagieren und Crew-Mitgliedern an Bord gekentert, darunter 77 Österreicher. Mindestens 32 Menschen starben.

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