CDU-Streit um Gleichstellung für Schwule

In Ländern wie etwa dem Iran, Saudi Arabien oder Mauretanien steht die Todesstrafe auf homosexuelle Partnerschaften.  
Höchsturteile für die Gleichstellung der Homo-Ehe machen Merkels Koalition zu schaffen, doch deren Widerstand schmilzt.

Es ist kein Sommerloch-Thema: Die heftige Diskussion um die Gleichstellung homosexueller Partnerschaften mit herkömmlichen Familien hat gleich mehrere Anlässe. Der wichtigste ist ein Urteil des Verfassungsgerichts in Karlsruhe: Es gab zum zweiten Mal homosexuellen Klägern recht, die eine Gleichbehandlung im Steuerrecht einklagten.

Fast zeitgleich formierte sich in der CDU-Bundestagsfraktion eine 13-köpfige Gruppe, die die völlige Gleichstellung verlangt und damit einen Teil ihrer Kollegen schockt. Dass der neue CDU-Umweltminister kurz davor von einer Zeitung als schwul geoutet wurde, verstärkte das öffentliche Interesse.

Der Spruch des Verfassungsgerichts lässt nun Betroffene und Opposition hoffen, dass es spätestens im Frühjahr in der wichtigsten Sache ebenso urteilt: Sollen homosexuelle Lebenspartnerschaften, die juristisch anerkannt sind, auch im Steuerrecht den größten Vorteil von Ehepaaren genießen – nämlich ihr ungleiches Einkommen auf beide gleich zu verteilen, um so die massive Progression abzumildern. Dieses "Ehegatten-Splitting" gilt als der wichtigste Ausdruck des besonderen Schutzes der Familie in der Verfassung.

Skepsis

CDU-Streit um Gleichstellung für Schwule
Peter Altmaier.

Dessen konservative Befürworter beharren auf den herkömmlichen Lebensmodellen. Zu denen gehört CDU-Fraktionschef Volker Kauder, Vertrauter von Kanzlerin und CDU-Chefin Merkel. Auch Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) gibt sich skeptisch. Er will vor einer Neuregelung das Urteil des Verfassungsgerichts abwarten, auch wenn die 23.000 eingetragenen homosexuellen Paare den Staat nur 30 Millionen Euro Steuereinnahmen im Jahr kosten würden. Auch der Chef der Schwesterpartei CSU, der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer, taktiert mit "Abwarten".

Ihnen steht in der Koalition eine unbekannte, aber offenbar wachsende Zahl von CDU-Abgeordneten und der größte Teil der FDP gegenüber. Die Opposition möchte das Splitting am liebsten überhaupt abschaffen, weil es vor allem konservative Einverdiener-Familien der Mittelklasse bevorzugt. Die SPD hat am Mittwoch genussvoll einen entsprechenden Gesetzesantrag für den Herbst angekündigt. Der sieht zumindest ein "Familiensplitting" für alle Formen des dauerhafteren Zusammenlebens vor.

Kompromiss

Auch wenn es nicht bald zu einer Abstimmung über das "Familiensplitting" kommen sollte, dürfte die Entscheidung des Verfassungsgerichts wie auch sanfter Druck der Kanzlerin für einen Kompromiss in der Koalition sorgen.

Die hat mit ihrem neuen Umweltminister Peter Altmaier ein Beispiel mehr an ihrem Kabinettstisch, wie schwer manchen noch immer das Outing fällt. Der joviale Minister wollte bisher den Artikel der linken Tageszeitung taz nicht kommentieren, dass er schwul sei. "Gott hat es so gewollt, dass ich allein durchs Leben gehe", sagte der praktizierende Katholik nur. Damit brachte er die taz so in Verlegenheit, dass die Chefredakteurin, eine bekennende Lesbe, den Artikel zurückzog.

Das zeigte aber auch, dass es besonders die katholischen unter den homosexuellen Politikern mit ihrem Outing offenbar schwer haben: Eine Ministerin in Merkels Kabinett gilt seit Langem als nächste Kandidatin. FDP-A­ußenminister Guido Westerwelle tat das schon viel früher: Er nimmt inzwischen seinen Lebenspartner sogar im "Damenprogramm" auf Dienstreise mit.

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