Causa Golowatow: Finnen und Tschechen schauten weg

Causa Golowatow: Finnen und Tschechen schauten weg
Peter Pilz kritisiert Österreichs "Kniefall vor Moskau". Finnen ziehen Schengen-Visum für Ex-KGB-Mann zurück.

Kein Ende der Aufregung in der Causa Golowatow: Die Grünen fordern eine Entschuldigung Österreichs bei Litauen; das lettische Parlament plant aus Solidarität mit den Litauern eine Erklärung gegen Österreich. Die wichtigsten Fragen im Fall des Russen, dem die Balten Kriegsverbrechen vorwerfen.

Hat Österreich rechtlich korrekt gehandelt?
Da scheiden sich die Geister. Rein formal hat Österreich richtig gehandelt, das bestätigt auch die EU: Ex-KGB-Mann Mikhail Golowatow wurde aufgrund eines europäischen Haftbefehls am Flughafen Wien verhaftet; die Staatsanwaltschaft prüfte daraufhin die litauischen Vorwürfe, und weil diese aus ihrer Sicht nicht stichhaltig genug waren, ließ die Polizei Golowatow nach knapp 23 Stunden wieder laufen.

Juristen sagen, dass Österreich Litauen deutlich mehr Zeit hätte geben können, die Vorwürfe zu untermauern. Das nährt den Verdacht, dass Moskau in Wien interveniert hat, um den Ex-KGB-Mann freizubekommen. Laut Golowatow, der gegenüber der russischen Nachrichtenagentur RIA Novosti sagt, Österreich habe sich "absolut korrekt" verhalten, sei Russlands Botschafter die ganze Nacht über mit Justiz- und Innenministerium in Kontakt gewesen.

Haben die Russen Druck auf Österreich ausgeübt?
Grün-Abgeordneter Peter Pilz spricht vor einem "politischen Kniefall vor der russischen Regierung", "Gazprom ist offenbar wichtiger als österreichische Gesetze". Auch der Menschenrechtsexperte Manfred Nowak sagt, "es gibt eine gewisse Praxis, sich nicht mit dem mächtigen Russland anzulegen". Faktum ist: Erst nachdem sich die russische Botschaft in Wien eingeschaltet hatte, wurde die Causa von der heimischen Justiz als heikler Fall betrachtet.

Botschafter Sergej Netschajew war Donnerstag abend (nach der Festnahme) bei Golowatow in Schwechat. Gegen Mitternacht kontaktierte die Botschaft das österreichische Außenministerium. Spätestens da war klar: Der Fall muss auf höchster Ebene besprochen werden. Um 3.40 Uhr wurde Christian Pilnacek, Leiter der Strafrechtssektion im Justizministerium, informiert. Er verständigte umgehend den Kabinettschef von Justizministerin Karl.

Freitagmorgen, 9.30 Uhr, gab es eine Krisensitzung im Büro des Generaldirektors für Öffentliche Sicherheit: Innen-, Außen- und Justizministerium sprachen sich ab. Laut Pilz wurde dabei festgelegt, den Litauern bis spätestens 14 Uhr Zeit zu geben: "Allen muss klar gewesen sein, dass das nicht zu schaffen ist."

Causa Golowatow: Finnen und Tschechen schauten weg

Wie konnte Golowatow über Monate unbehelligt durch die EU reisen?
Golowatow erhielt sein Visum für den Schengen-Raum (gültig bis Ende 2011) von Finnland im Jahr 2009 - also bevor im Oktober 2010 der europäische Haftbefehl gegen ihn ausgestellt wurde. Seit Oktober 2010 ist er fünf Mal nach Finnland eingereist, zwei Mal nach Tschechien und ein Mal nach Zypern.

Entweder der Haftbefehl wurde ignoriert, oder die Behörden in den drei Ländern haben Golowatows Pass nicht durch das Schengen-Prüfsystem laufen lassen - in Österreich passiert das automatisch. Finnland hat am Donnerstag bekannt gegeben, dass man das Schengen-Visum am Mittwoch "sofort eingezogen" habe, als man vom Haftbefehl erfuhr. Die Finnen glauben, dass die europaweite Fahndung schlicht an der unterschiedlichen Schreibweise Golowatows scheiterte.

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