Bürgerbefragung: Graz lehnt Umweltzone ab

Fast 70 Prozent sprechen sich dagegen aus - zur Enttäuschung von Stadtchef Nagl. Auch der Ankauf der Reininghausgründe erhält ein Nein.

Verkehrspolitik bestimmt momentan die Schlagzeilen des Landes: Während in Wien heute eine Entscheidung zum Parkpickerl fallen soll, ist in Graz das Ergebnis einer Bürgerbefragung zu den Themen Umweltzone bzw. Ankauf der Reininghausgründe bekanntgegeben worden: In beiden Fragen gab es in der steirischen Landeshauptstadt eine deutliche Mehrheit dagegen. 69,64 Prozent stimmten gegen die Umweltzone, 30,66 Prozent dafür. Zum Reininghausgründe-Ankauf durch die Stadt sagten 67,76 Prozent nein und 32,24 Prozent ja.

70.593 von 230.864 stimmberechtigten Bürgern hatten ihre Stimme per Internet, Post oder persönlich abgegeben - das entspricht einer Beteiligung von 30,58 Prozent. Rund 99 Prozent der abgegebenen Stimmen waren gültig. Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) hatte bereits im Vorfeld erklärt, das Ergebnis werde bindend sein, wenn sich mehr als 45.000 Grazer beteiligten. Mehr als 30.000 Stimmen wurden per Internet abgegeben, rund 1.800 Menschen kamen direkt zur Urne in eine Servicestelle.

Umweltzone: Nagl enttäuscht

In einer ersten Reaktion sprach Nagl von einem "großen Schritt in die direkte Demokratie". "Die Grazer haben bei den Themen entschieden, bei denen die Politik zu stocken kam", meinte er. Zur relativ hohen Beteiligung von 30,58 Prozent sagte Nagl: "Die Bevölkerung ist bereit."

Nagl interpretierte das deutliche Nein zur Umweltzone und zum Ankauf der Reininghausgründe als "klaren Auftrag der Grazer": "Die Bürger haben große Sorge, die Stadt Graz nicht weiter zu verschulden." Außerdem bedeute das Votum für ihn, dass die Grazer die Umsetzung eines Projekts dieser Größe "der Politik noch nicht zutrauen".

In Bezug auf die Umweltzone zeigte sich Nagl enttäuscht: "Ich habe mich sehr intensiv mit diesem Thema beschäftigt und viele Gespräche mit Experten geführt. Die Problemstellungen bestehen weiterhin. Mein Vorschlag wurde leider abgelehnt." Die Schadstoffreduzierung werde Nagls Einschätzung nach im November wieder Thema werden: "Ich bin auf Lösungen gespannt."

Die Grüne Grazer Vizebürgermeisterin Lisa Rücker zeigte sich vom Ergebnis nicht überrascht: "Ich finde es schon eine sehr durchsichtige Strategie von Siegfried Nagl, die direkte Demokratie nun so hoch leben zu lassen." Der Ausgang der Befragung sei für sie ein Hinweis darauf, dass sich die Menschen zu wenig informiert gefühlt hätten. In Sachen Umweltzone meinte Rücker: "Wir wären mit der Umsetzung der Zone fast fertig gewesen. ... Die Frage ist nun, was ist der Plan B der ÖVP?", so Rücker gegenüber der APA.

"Sehr zufrieden" mit dem Ergebnis ist die Stadträtin und Grazer SPÖ-Vorsitzende Martina Schröck. Die Grazer SPÖ hatte sich zwar für eine Bürgerbefragung ausgesprochen, aber zuvor ihr Nein zum Reininghausankauf und zur Umweltzone deponiert. Bestätigt durch das Ergebnis fühlte sich Umweltlandesrat Gerhard Kurzmann (FPÖ): "Rund 70 Prozent der Grazer wollen keine Fahrverbote in der Landeshauptstadt."

Was die GrazerInnen gefragt wurden

Die Fragen in der Grazer Bürgerbefragung lauteten:

"Die Reininghausgründe im Westen von Graz sind die größte Baulandreserve der Stadt. Dort kann ein Stadtteil für mehr als 10.000 Menschen entstehen. Die Stadt Graz überlegt einen Kauf des Areals um 75 Millionen Euro, damit sie dessen Entwicklung besser gestalten kann. Soll Graz die Reininghausgründe kaufen?"

Die Frage zur Umweltzone lautete: "Der Feinstaub im Großraum Graz gefährdet die Gesundheit. Ein Hauptverursacher ist der Verkehr. Eine Maßnahme zur Verringerung von Feinstaub ist eine vom Land Steiermark zu verordnende Umweltzone ab Oktober 2013. Das bedeutet ganzjährige Fahrbeschränkungen und -verbote für Diesel-Pkw der Euro-Klassen 0, 1, 2 sowie 3 ohne Partikelfilter. Soll Graz für eine solche Umweltzone eintreten?"

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