Attentäter von Nizza hatte womöglich Helfer

Trauer auf der Promenade des Anglais
Zwei weitere Festnahmen, Ex-Frau wieder frei. Noch 18 Menschen in Lebensgefahr.

Der Attentäter von Nizza hat den Anschlag vom Donnerstagabend mit 84 Toten nach Erkenntnissen der Ermittler gezielt und wohl schon länger vorbereitet. Den Miet-Truck, den er als Mordinstrument verwendete, habe er bereits am 4. Juli reserviert und am 11. Juli abgeholt, meldete die französische Nachrichtenagentur AFP am Sonntag unter Berufung auf Ermittlerkreise. Am Dienstag und Mittwoch (12. und 13. Juli) habe er den Tatort erkundet und die Strecke, die zur Strandpromenade führt, mehrmals abgefahren. Er habe auch ein Foto von sich mit dem weißen 19-Tonner gemacht.

Täter forderte in SMS "mehr Waffen"

Womöglich hatte der 31-Jährige auch Helfer: Am Sonntagabend saßen sieben Personen aus dem nahen Umfeld des 31-jährigen Tunesiers Mohamed Lahouaiej-Bouhlel in Polizeigewahrsam. Die Ex-Frau war am Sonntag freigelassen worden, am Abend wurde noch ein 37-jähriger Mann festgenommen. Unter den Festgenommenen ist auch ein albanisches Ehepaar. Der Mann soll dem Tunesier eine Pistole Kaliber 7.65 besorgt haben, mit der dieser auf Polizisten schoss. In einer kurz vor der Tat verschickten SMS soll er "mehr Waffen" verlangt haben. Derzeit werteten mehr als 200 Ermittler den Textnachrichtenverkehr des Tunesiers aus, hieß es am Sonntagabend.

Attentäter von Nizza hatte womöglich Helfer

Sehr schnell radikalisiert

Die französische Regierung geht davon aus, dass sich der Attentäter von Nizza "sehr schnell radikalisiert" hat. Premierminister Manuel Valls äußerte sich erneut überzeugt, dass der Mann entgegen den Angaben vieler Zeugen Islamist gewesen sei. Er sagte der Zeitung "Journal du Dimanche", die Jihadistenorganisation Islamischer Staat (IS) rufe auch gezielt Einzeltäter zu Anschlägen auf, "die unseren Geheimdiensten unbekannt sind".

Laut Zeitung Nice Matin wurde auch in der Wohnung des Täters nichts gefunden, das auf eine Radikalisierung schließen lässt. Allerdings würden Telefon und Computer noch untersucht. Seine Schwester sagte der Nachrichtenagentur Reuters, ihr Bruder habe sich zuletzt viel häufiger als sonst bei der Familie gemeldet. "Mein Bruder hat psychische Probleme gehabt, und wir haben der Polizei Dokumente übergeben, die zeigen, dass er für mehrere Jahre bei Psychologen in Behandlung war", ergänzte die Schwester. Dies sei in der Zeit vor 2005 gewesen, als er Tunesien verließ und nach Frankreich zog. Sein Vater sagte den TV-Sendern TF1 und France 2, die psychischen Probleme hätten bei ihm zu einem Nervenzusammenbruch geführt.

Leerte vor Tat Konto

Einige Bekannte berichteten davon, dass sich der 31-Jährige erst seit Kurzem verstärkt dem Islam zugewandt hatte. Er habe unter anderem aufgehört, Alkohol zu trinken und Schweinefleisch zu essen, berichtete die Zeitung Le Parisien. Nach anderen Medienberichten leerte er kurz vor der Tat sein Konto und schickte 100.000 Euro an seine Familie in Tunesien.

Die IS-Miliz hatte den Anschlag am Samstag für sich beansprucht und den Täter als "Soldaten" des IS bezeichnet. Die Erklärung wird jedoch von Sicherheitsexperten als vage eingeschätzt und enthält kein Täterwissen. Auch die französische Regierung hat keinen Beleg dafür, dass der Attentäter IS-Anhänger war.

Innenminister Bernard Cazeneuve nannte den Tunesier nach einer Sitzung des französischen Sicherheitskabinetts ein Beispiel für "Einzelpersonen, die empfänglich für die Botschaften des IS sind und äußerst gewaltsame Taten begehen, ohne notwendigerweise an Kämpfen teilgenommen zu haben oder ausgebildet worden zu sein".

Noch 18 Menschen in Lebensgefahr

Der Täter hatte am Donnerstagabend während der Feierlichkeiten zum französischen Nationalfeiertag in Nizza einen Lastwagen in die Menge gelenkt und mindestens 84 Menschen getötet. 85 Menschen wurden am Sonntag noch in Krankenhäusern behandelt, rund 18 von ihnen schwebten in Lebensgefahr, darunter ein Kind. 29 lägen auf der Intensivstation, sagte die französische Gesundheitsministerin Marisol Touraine. Hinweise auf österreichische Opfer gibt es nach Angaben des Außenministeriums in Wien nicht.

Trauer auf Promenade

Auf der Strandpromenade in Nizza legten zahlreiche Menschen Blumen und französische Flaggen nieder. In Gottesdiensten wurde der Toten gedacht. Die Promenade des Anglais ist inzwischen wieder für Fußgänger geöffnet. Am Montag soll sie auch für Autos freigegeben werden.

In Frankreich gilt noch bis einschließlich Montag eine dreitägige Staatstrauer. Für Montagmittag ist eine landesweite Schweigeminute geplant.

Valls warnte indes vor neuen Anschlägen. "Es ist ein andauernder Krieg, es wird weitere Attacken geben." Gegen Terrorismus gebe es keine absolute Sicherheit. "Es ist schwer, dies zu sagen, aber es wird weitere Todesopfer geben", so der Ministerpräsident im Journal du Dimanche.

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