Christen und Muslime: Frankreich in der Klemme

Francois Hollande
Francois Hollande ist auf Besuch in Zentralafrika und muss eine Politlösung zwischen den Kampfparteien erzwingen.

Für Francois Hollande, der am Dienstag in der zentralafrikanischen Hauptstadt Bangui zu einem Blitzbesuch erwartet wurde, hat die eigentliche Feuerprobe begonnen. In der Nacht zuvor waren erstmals zwei französische Soldaten bei einem Angriff auf ihre Patrouille in Bangui gefallen. Immer deutlicher werden die Tücken des Schlachtfelds, auf das sich 1600 französische Militärs begeben haben.

In einem ersten Anlauf scheint es der französischen Streitmacht zwar gelungen zu sein, zumindest in Teilen von Bangui, die Milizen, die zuvor die Bevölkerung terrorisiert hatten, von den Straßen zu verscheuchen, teilweise zu entwaffnen und in Kasernen festzunageln. Vielfach wurde der Aufmarsch der Franzosen von der Bevölkerung sowohl in Bangui als auch in der Provinz bejubelt.

Unheilschwangerer Jubel

Das Problem: es handelt sich um einen verständlichen, aber auch parteiischen und stellenweise unheilschwangeren Jubel: im Allgemeinen sind es die Angehörigen der christlichen Mehrheitsbevölkerung (70 Prozent der Zentralafrikaner), die sich durch das Eingreifen der Franzosen förmlich gerettet fühlen, nachdem sie Monatelang der Schreckensherrschaft von Milizionären ausgesetzt waren, die hauptsächlich aus dem muslimischen Nordosten des Landes und den muslimischen Nachbarstaaten vorgedrungen waren. Gerufen hatte sie ein Politiker christlicher Abstammung, Michel Djotodia, um in Bangui einen vormaligen Putschisten gewaltsam abzulösen. Inzwischen ist Djotodia selber de facto ein Gefangener dieser Milizen.

Die meisten jubelnden Christen sehnen sich nur nach Frieden, einige aber nützen die Entwaffnung der Milizen aus dem Norden durch die Franzosen für Lynchjustiz, wobei völlig unbeteiligte Muslime getötet werden. Umgekehrt haben Muslime stellenweise Vergeltung geübt. Oft ist unklar, wer wen bedroht, zumal Milizionäre beider Lager ihre Uniformen abgestreift haben, aber weiterhin auf der Lauer liegen. Pfarrer und Imame rufen zur Verständigung auf und predigen gegen Rache, während in Kirchen und Moscheen tausende Menschen Zuflucht suchen.

Vertrauensbruch kitten

Das erklärte Ziel der französischen Intervention, die von fast allen afrikanischen Staatschefs, der UNO und zuletzt US-Präsident Obama gutgeheißen wurde, ist die Verhinderung einer humanitären Katastrophe und eines Religionskriegs. Die vergangenen Monate haben aber zu einem derartigen Vertrauensbruch zwischen den Konfessionen geführt, dass jetzt die muslimische Minderheit im Süden fürchtet, ausgerottet zu werden, wenn erst einmal die Milizen aus dem Norden komplett vertrieben sind.

Frankreichs Staatspitzen haben bei Interventionen in der jüngsten Vergangenheit, etwa in der Elfenbeinküste, bewiesen, dass sie die christliche Bevölkerung nicht begünstigen – alles andere wäre auch verheerend, zumal etliche der wichtigsten afrikanischen Verbündeten Frankreichs, die jetzt in Zentralafrika als Friedenstruppen mitagieren, rein muslimische Staaten sind. Aber um den religiösen Bruch in Zentralafrika halbwegs zu kitten, ist auch ein halbwegs stabiler Politrahmen nötig. Und ob dieser Rahmen mit Frankreichs Hilfe schnell genug entstehen kann, wird vielfach bezweifelt.

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