Wüste Drohungen Erdogans gegen alle

Rede des türkischen Präsidenten: Eingreifen in Syrien ebenso denkbar wie Flüchtlingsabschiebungen in EU.

Die jüngsten Verbalattacken des türkischen Staatschefs Recep Tayyip Erdogan kamen einem Rundumschlag gleich. Die USA verurteilte er für ihre Unterstützung kurdischer Gruppen in Syrien; die Europäer wegen ihres Rufs nach einer Grenzöffnung für zigtausende syrische Flüchtlinge und den Iran für "gnadenlose Massaker" in Syrien.

In Richtung USA polterte Erdogan, Washington habe durch seine Weigerung, die Kurdenpartei PYD und ihren bewaffneten Arm als Terrororganisation einzustufen, ein "Blutbad" in der Region angerichtet. Sein Land werde irgendwann "die Geduld verlieren", drohte der türkische Präsident in einer Rede am Donnerstag in Istanbul. Dann werde die Türkei gezwungen sein, aktiv zu werden.

An die Adresse der UNO und der EU schickte Erdogan die Drohung aus, syrische Flüchtlinge massenweise in andere Länder zu schicken. Eines Tages könne es sein, dass die Türkei "das Tor aufmacht und ihnen gute Reise wünscht" – vor allem in jene Länder, aus denen derzeit "gute Ratschläge" kämen, die Grenze zu Syrien zu öffnen.

"Sind kein Dummkopf"

Erdogan befürchtet bis zu 600.000 Flüchtlingen aus dem umkämpften Raum um und in Aleppo. Die Türkei habe aber bereits 2,5 Millionen Syrern Zuflucht gewährt, während andere Länder nur ein paar Hundert Flüchtlinge aufgenommen hätten. Erdogan: "Tut mir leid, aber wir haben kein Schild mit der Aufschrift ,Dummkopf‘ auf unserer Stirn."

Vor der Syrien-Konferenz in München am Donnerstag legte Russland "ziemlich konkrete Vorschläge für eine Waffenruhe" auf den Tisch, sagte Außenminister Lawrow zu Beginn seines Treffens mit seinem US-Amtskollegen Kerry. Wie diese Pläne aussehen, wurde vorerst nicht bekannt.

Seit Beginn des Bürgerkriegs 2011 sind laut einer vom Guardian zitierten Studie 470.000 Menschen getötet worden: 400.000 bei Kämpfen, 70.000 weil medizinische Versorgung, sauberes Wasser oder eine Unterkunft fehlten. 1,9 Mio. wurden verletzt.

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