USA

Wegsperren führt kaum zu Rückgang der Kriminalität

Amerika hat die meisten Inhaftierten weltweit – das kostet Washington pro Jahr 80 Mrd. Dollar und entspricht dem Bildungsbudget.

Mehr Inhaftierungen führen nicht automatisch zu weniger Kriminalität – so der Tenor einer aktuelle Studie der juristischen Fakultät New York. Für die umfassende Grundlagenforschung mit dem Titel "Was führt zum Rückgang der Kriminalität?" wurden Daten aus 50 US-Bundesstaaten und 50 Städte über einen Zeitraum von 40 Jahren ausgewertet. Das Ergebnis: Viele Faktoren begünstigen den Rückgang, Wegsperren ist dafür nur zu einem "vernachlässigbaren" Teil verantwortlich.

Diese Studie könnte ein Denkanstoß für die Verantwortlichen in den USA sein, denn hier sitzen weltweit die meisten Menschen hinter Gittern. Rund 2,4 Millionen Bürger sind inhaftiert. Das bedeutet laut der "Prison Policy Initiative" dass 716 von 100.000 Amerikanern eingesperrt sind, 1970 waren es 176. Der intensive Kampf gegen Drogen und eine Null-Toleranzpolitik, durch die auch kleine Delikte zum Zweck der Abschreckung hart geahndet werden, führten zu dem sprunghaften Anstieg.

Die Hälfte aller Inhaftieren sitzt in Bundesgefängnissen wegen Drogendelikten. Von den etwa 722.000 Menschen, die zu jedem Zeitpunkt des Jahres in lokalen Gefängnissen inhaftiert sind – über das Gesamtjahr durchlaufen zwölf Millionen eine solche Anstalt – sind zwei Drittel nicht verurteilt. Vom Rest verbüßt ein großer Teil Haftstrafen, die mit weniger als einem Jahr geahndet werden.

"Diese erstaunliche Rate an Inhaftierungen ist nicht nur unmenschlich, sondern auch wirtschaftlicher Unsinn", schreibt Nobelpreisträger Joseph Stiglitz im Vorwort. 260 Milliarden Dollar kostet der jährliche Kampf gegen das Verbrechen. Rein auf die Haftanstalten entfallen 80 Milliarden Dollar. Das ist in etwa die Summe, die dem US-Bildungsministerium pro Jahr zur Verfügung steht.

Andere Faktoren

Der Nutzen fällt gering aus: Konnte in den 1990er-Jahren durch intensives Wegsperren die Rate bei Eigentumsdelikten um sechs Prozent gesenkt werden, liegt der Anteil heute bei unter einem Prozent – trotz voller "Häf’n". Bei Gewaltdelikten fiel der Effekt der "Gefängnispolitik" über die vergangenen 24 Jahre generell nur sehr gering aus, so die Studie. Vielmehr würden andere Faktoren für einen Rückgang der Kriminalität stärker ins Gewicht fallen: Das Altern der Bevölkerung, ein sinkender Alkoholkonsum, höheres Einkommen, weniger Arbeitslosigkeit und mehr Polizeibeamte.

Was laut Autoren neben Inhaftierungen weiters nur wenig zu geringeren Verbrechensraten beiträgt: Das Recht eine Waffe mit sich zu führen und die Anwendung der Todesstrafe.

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