Blutbad auf US-Marinestützpunkt

Washington
Das Attentat am Montag forderte mindestens 13 Tote. Der Schütze war offenbar ein Einzeltäter.

Das ist keine Übung! Los, los, los“, schrie ein Mitarbeiter. Die Angestellten im Gebäude 197 der Marinebasis Navy Yard in Washington rannten zum Notausgang, als gegen 8 Uhr Früh jemand in Militäruniform von einem Glasdach aus in die Kantine schoss. Für viele Menschen kam die Warnung zu spät. Obwohl die Polizei in nur sieben Minuten auf dem Gelände war, starben dort am Montagvormittag mindestens 13 Menschen. Darunter zwei Polizisten und der Attentäter.

Vermutlich Einzeltäter

Die Polizei verdächtigte zunächst zwei weitere Männer. Einer der beiden konnte aber im Laufe des Tages entlastet werden. "Wir haben keinen Hinweis, dass es einen zweiten Schützen gab, selbst wenn wir das nicht vollständig ausgeschlossen hatten", bestätigte Bürgermeister Vincent Gray. Auch Polizeichefin Cathy Lanier zeigte sich zuversichtlich, dass die "einzige verantwortliche Person" herausgefunden worden sei.

Die Gegend wurde abgesperrt, Busse umgeleitet und Schulen evakuiert. Der Flughafen der Stadt setzte den Flugverkehr vorübergehend aus. Die Bundespolizei FBI war am Tatort. Ein Helikopter kreiste über dem Gelände. Der Kongress in zwei Kilometern Entfernung wurde ebenfalls geschlossen.

Bei dem getöteten mutmaßlichen Todesschützen handelt es sich offenbar um einen 34-jährigen Zivilangestellten des US-Militärs. Der frühere Soldat Aaron Alexis sei anhand seiner Fingerabdrücke identifiziert worden. Der Afroamerikaner diente von 2007 bis 2011 in der Marine. Zuletzt war er als externer IT-Mitarbeiter für das Militär tätig: Angestellt war Alexis bei einer Firma, die im Auftrag des Computerkonzerns Hewlett-Packard bei der Marine die PC-Ausstattung erneuerte.

Todesschütze war polizeibekannt

Schon im September 2010 soll der Schütze wegen illegalen Waffengebrauchs in Washington festgenommen worden sein, berichtete der Sender NBC. 2004 zerschoss er wutentbrannt die Reifen eines geparkten Autos, was der Schütze in eigenen Worten später als "Blackout" beschrieb, teilte die Polizei Seattle im US-Westküstenstaat Washington mit.

Nach Angaben seines Vaters hatte Alexis Probleme damit, seine Wutausbrüche unter Kontrolle zu bringen. Bei den Anschlägen vom 11. September 2001 soll er aktiv mitgeholfen haben und an einer posttraumatischen Belastungsstörung gelitten haben. Wegen "mentaler Schwierigkeiten" habe der 34-Jährige mehrfach Hilfe beim Kriegsveteranenministerium gesucht, berichtete der Nachrichtensender CBS. Der ehemalige Reservist der Marine habe wegen seiner Beschwerden mindestens zweimal Kontakt mit Krankenhäusern aufgenommen, so der Sender CNN.

Ob die Tat private oder politische Hintergründe hatte, war zunächst nicht bekannt. Den Ermittlern zufolge gibt es nach der Tat aber keine Anzeichen für einen terroristischen Hintergrund.

Blutbad auf US-Marinestützpunkt
Karte Washington, Lokalisierung Grafik 1110-13-USA.ai, Format 42 x 78 mm

Der Navy Yard ist eine historische Küstenanlage der Marine am Anacostia River. Heute beherbergt sie verschiedene Kommando- und Verwaltungsstellen, in denen ca. 3000 Menschen arbeiten.

Präsident Obama beklagte, dass in den USA erneut Menschen bei einer Massenschießerei getötet wurden. "Es war eine Schießerei, die auf unser Militär- und Zivilpersonal abzielte", sagte er. "Sie sind Patrioten und sie kennen die Gefahr, in Übersee zu dienen, aber heute trat ihnen die unglaubliche Gewalt entgegen, die sie hier zu Hause nicht erwartet hätten", sagte Obama. Es werde alles getan, um die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.

Bilder vom Tatort

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Heavily armed policemen walk from the Washington N
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Evacuees raise their hands as they are escorted fr
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A police vehicle is seen as police respond to a sh
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Emergency responders arrive at the scene of a shoo

Erinnerungen an Fort Hood

In den USA weckte der Vorfall Erinnerungen an denAmoklauf auf dem US-Militärstützpunkt Fort Hood in Texas. Dort erschoss im November 2009 der muslimische US-Militärpsychiater Nidal Hasan 13 Menschen, viele weitere wurden verletzt. Der 43-Jährige wurde dafür im vergangenen Monat von einer Militärjury zum Tode verurteilt.

Aaron Alexis war für seine Wutausbrüche bekannt. Zweimal wurde er wegen Vorfällen mit Schusswaffen festgenommen. Der gebürtige New Yorker hatte aber auch eine andere Seite: Er meditierte regelmäßig in einem buddhistischen Tempel. Sein Vater führte die Ausbrüche auf die Terroranschläge vom 11. September 2001 in New York zurück. Sein Sohn sei durch die Suche nach Überlebenden traumatisiert worden.

Ein ehemaliger Mitbewohner, der Alexis als seinen besten Freund bezeichnete, reagierte geschockt auf die Tat. "Ich hätte nicht gedacht, dass er so etwas tun würde", sagte Nutpisit Suthamtewakul der Zeitung "Star Telegram". "Er wirkte auf mich nicht aggressiv." Nach Angaben eines anderen Freundes hatte Alexis eine Vorliebe für brutale Computerspiele.

Der 34-Jährige diente von 2007 bis 2011 in der Marine. Zuletzt war er als externer IT-Mitarbeiter für das Militär tätig. Angestellt war Alexis bei einer Firma, die im Auftrag des Computerkonzerns Hewlett-Packard bei der Marine die PC-Ausstattung erneuerte. Unklar blieb zunächst, wieso Alexis aus dem Armeedienst ausschied. Ein Vertreter des Militärs, der anonym bleiben wollte, sagte, Alexis sei mehrfach durch Fehlverhalten aufgefallen. Ob der 34-Jährige, der während seiner Dienstzeit zwei Auszeichnungen erhielt, unehrenhaft entlassen wurde, könne er aber nicht sagen.

Nach seiner Zeit bei der Armee arbeitete Alexis in einem thailändischen Restaurant in Fort Worth, wie Freunde dem "Star Telegram" sagten. Er habe sich die Sprache selbst beigebracht und sei nach Thailand und Japan gereist. "Er war immer freundlich zu mir", zitierte das Lokalblatt einen früheren Vermieter.

"Nach außen wirkte er wie eine ruhige Person", erzählte ein Mitarbeiter des buddhistischen Tempels in Texas, den Alexis regelmäßig besuchte, der Washington Post. "Aber ich glaube, im Inneren war er sehr aggressiv. Er mied die Nähe zu anderen, so wie ein Soldat, der im Krieg war", sagte J. Sirun. Er hätte aber nicht gedacht, dass Alexis zu einer solchen Gewalttat fähig sei.

Seine Aggressionen hatte Alexis offensichtlich nicht immer im Griff. 2010 wurde er festgenommen, weil er nach einem Streit über Lärmbelästigung durch die Zimmerdecke seiner Nachbarin geschossen hatte. Alexis beteuerte, der Schuss habe sich beim Reinigen seiner Waffe gelöst. Die Polizei stellte die Ermittlungen ein, da auch sie von einem Unfall ausging. Bereits sechs Jahre zuvor war er mit dem Gesetz in Konflikt geraten, als er in Seattle einen Autoreifen zerschoss. Vorausgegangen war nach Aussage Alexis' ein Streit mit den Bauarbeitern.

Sein Vater sagte dem Ermittlern damals, seinem Sohn falle es schwer, "seine Wut unter Kontrolle zu halten". Er leide unter posttraumatischen Störungen, seitdem er nach den Terroranschlägen in New York in den Trümmern nach Überlebenden gesucht habe. Auch Alexis selbst gab an, dass ihn diese Ereignisse belastet hätten.

November 2009 Kurz vor seinem geplanten Einsatz im Irak feuert ein muslimischer US-Offizier auf dem Militärstützpunkt Fort Hood in Texas wild um sich. Bilanz: 13 Tote, 42 Verletzte. Ende August 2013 wird der Mann zum Tode verurteilt. Das Motiv des Täters, eines Militärpsychiaters: Er wollte die radikalislamischen Taliban in Afghanistan vor US-Soldaten schützen.

November 2001 In einer US-Kaserne in Mannheim erschießt ein Soldat einen Kameraden. Drei weitere Soldaten werden zum Teil lebensgefährlich verletzt.

Juni 1994 Ein Amokläufer erschießt in einem Militärhospital in Spokane (US-Bundesstaat Washington) vier Menschen, bevor er selbst durch Polizeikugeln stirbt. Der 20-Jährige war wegen psychischer Probleme kurz zuvor aus der US-Luftwaffe entlassen worden.

Oktober 1990 Mit einem Schnellfeuergewehr erschießt ein Soldat in Erlangen den Küchenchef der dortigen US-Kaserne. Dann verletzt er einen Kameraden und tötet sich selbst.

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