Deutschlands "Geschäft mit dem Tod"

Ein KMW-Leopard-Panzer – die deutsche Firma fusionierte kürzlich mit Nexter Systems aus Frankreich.
2015 wird zum Rekordjahr der Rüstungsindustrie. Beliefert werden auch Problemstaaten am Golf.

Exportweltmeister ist man in Deutschland äußerst gerne, der Titel ist griffig und werbewirksam. Dass eine spezielle Branche dazu so einiges beiträgt, wird allerdings nicht so freimütig beworben: Die Deutschen stehen weltweit an vierter Stelle jener Nationen, die Kriegsgerät exportieren. Nur die USA, Russland und China, das sich im Vorjahr vor Deutschland schob, produzieren und verkaufen noch mehr Waffen.

Lukrative Lieferungen

Im Ranking 2015 könnte Deutschland möglicherweise wieder nach vorne rücken. Denn obwohl sich Berlin offiziell eine "restriktive Rüstungspolitik" auferlegt hat, wie Wirtschaftsminister und SPD-Chef Sigmar Gabriel stets betont, wurden heuer bereits Waffenlieferungen im Wert von 3,3 Milliarden Euro genehmigt – das ist in etwa gleich viel wie im gesamten Vorjahr. Addiert man noch die Kooperationsexporte mit anderen Staaten hinzu, liegt der Wert bei imposanten 6,35 Milliarden Euro.

Die Opposition schäumt. "Dramatisch und hochnotpeinlich" nennt der Linken-Abgeordnete Jan van Aken diese Zahlen, die grüne Abgeordnete Agnieszka Brugger wirft der Koalition vor, "mehr Wert auf die Interessen der Rüstungslobby als auf Menschenrechte und Frieden" zu legen. Problematisch daran ist nicht nur die Menge der gelieferten Panzer, Kriegsschiffe und automatischen Handfeuerwaffen, sondern vor allem deren Destinationen: Mehr als die Hälfte geht in Länder, die weder der EU noch der NATO angehören, also keine militärischen Verbündeten sind. Während die stets kritisierten Verkäufe nach Griechenland, die in den Jahren 2001 bis 2014 satte 2,1 Milliarden ausmachten, deutlich unter die Ein-Millionen-Grenze gefallen sind, stiegen die Exporte in den instabilen arabischen Raum und nach Nordafrika besonders stark. Ihr Wert hat sich mit 587 Millionen mehr als verdoppelt.

Besonders kauffreudig zeigten sich in der reichen Golfregion Katar und Saudi-Arabien. Das Herrscherhaus in Riad steht gar an dritter Stelle jener Staaten, die von deutschen Unternehmen beliefert werden – nur Großbritannien und Israel kaufen mehr deutsche Waffen.

Umstrittene Waffen für Saudi-Arabien

Menschenrechtler bezweifeln jedoch, dass die Ausfuhr deutscher Rüstungsgüter an die Saudis auch rechtlich korrekt ist. Denn dass das autoritär regierende Herrscherhaus Hilfe bei der Niederschlagung der Demokratiebewegung im Nachbarland Bahrain geleistet habe, wäre bei strenger Auslegung der Richtlinien ein Verbotsgrund. Berlin sieht das nicht so: Man liefere jetzt und in Zukunft keine Panzer, heißt es aus dem Ministerium. Alle Waffen seien nur defensiv einsetzbar.

Die Opposition fordert dennoch einen Stopp der Waffenlieferungen an Riad. Ein Wunsch, den Gabriel auch aus seiner SPD hört: Seit geraumer Zeit steht er wegen seines wirtschaftsfreundlichen Kurses in der Kritik; dass er seine zurückhaltende Rüstungspolitik – er selbst sprach vom "Geschäft mit dem Tod", das es zu bändigen gelte – nun lockert, irritiert die Genossen zunehmend.

Gabriels Koalitionspartner hingegen stört dessen Haltung weniger. CDU und CSU vertreten die Meinung, dass man Riad unterstützen müsse, um Stabilität in die Region zu bringen – auch mittels Waffenexporten.

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