Das Geschäft mit dem Krieg floriert

Gegen den Trend exportierte Europa zuletzt weniger Waffen.
Waffenexporte weltweit erneut gestiegen. Wie das Material nach Syrien kommt.

Die Waffenexporte steigen weltweit weiter an. In den Jahren 2011 bis 2015 sind um 14 Prozent mehr Waffen ausgeführt worden als in den Jahren 2006 bis 2010, wie ein am Montag veröffentlichter Bericht des Stockholmer Friedensforschungsinstitutes SIPRI zeigt. Die fünf größten Exporteure waren erneut die USA, Russland, China, Frankreich und Deutschland.

Diese fünf Länder waren in den vergangenen fünf Jahren für 74 Prozent aller Waffenexporte verantwortlich. Mit einem Anteil von 33 Prozent (Anstieg von 27 Prozentpunkten im Vergleich zu 2006 bis 2010) stehen die Vereinigten Staaten klar an der Spitze der Waffenexporteure, ein Großteil davon geht nach Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und die Türkei.

Während die Waffenexporte aus anderen Erdteilen zunehmen, exportierten europäische Staaten zwischen 2011 und 2015 weniger - in Frankreich fielen die Ausfuhren um knapp zehn Prozent, in Deutschland um 51 Prozent. Auch die Importe gingen in Europa um 41 Prozent zurück, was vor allem mit der prekären wirtschaftlichen Situation in Griechenland und Spanien zu erklären ist, so die SIPRI-Experten.

Österreichs Rolle ist "Geschichte"

Das Geschäft mit dem Krieg floriert
Am Standort Wien sollen anstatt der Panzerproduktion nur mehr Wartung, Reparatur und Serviceleistungen für SK-105, Ulan- und Pandur-Fahrzeuge angeboten werden (im Bild ein Pandur-Panzer von Steyr).
Österreich ist kein großer Waffenexporteur - dies scheine nach dem Produktionsstopp von Steyr-Daimler-Puch Spezialfahrzeug GmbH "Geschichte" zu sein, ließen die Studienautoren aufAPA-Anfrage wissen. In den vergangenen fünf Jahren lieferte Österreich laut SIPRI "größere konventionelle Waffen" in 14 Länder, darunter Tschechien, Portugal und Kuwait (Pandur-Panzer); die USA, Jordanien und Libyen (Schiebel-Drohne Camcopter S-100) oder Ghana, Nigeria, Thailand und Venezuela (Leichtflugzeug DA42MPP).
Das Geschäft mit dem Krieg floriert
SPERRFRIST 22. 2., 00.01 Weltweite Waffenexporte- und -importe, Länder mit den größten Anteilen und deren Zielländer bzw. Lieferländer - Weltkarte GRAFIK 0197-16, 134 x 158 mm

Einige mächtige Golfstaaten haben in den vergangenen Jahren mächtig aufgerüstet. Saudi-Arabien ist nun weltweit zweitgrößter Waffenimporteur nach Indien aus. Auch die Vereinigten Arabischen Emirate und Katar geben mehr Geld für Militärausrüstung aus.

So kommen Waffen nach Syrien

Anders als früher engagieren sich die Länder damit nun auch in Konflikten in der Region - etwa in Syrien, Libyen oder im Jemen. Trotz Kritik beliefern westliche Ländern die Öl-Staaten mit Rüstung. Dass sich daran etwas ändert, dafür stehen die Chancen nicht überall gut, erklärt SIPRI-Forscher Pieter Wezeman.

Wo kommen die Waffen her, die in Krisenländern wie Syrien oder Libyen genutzt werden?

Keines der beiden Länder importiere im großen Stil Waffen, sagt Wezeman: "Beide Länder sind auseinandergefallen. Die offizielle Regierung kontrolliert nur Teile der Länder." Syrien und Libyen hätten weder Ressourcen, neue Waffen zu kaufen, noch seien viele andere Staaten willens, sie zu beliefern. In Syrien unterstütze nur Russland das Assad-Regime etwa mit Munition, habe aber entschieden, keine großen Rüstungsgüter zu liefern. Die verfügbaren Informationen über die russischen Exporte dorthin seien sehr spärlich.

Über welche Umwege kommen die Waffen dann nach Syrien?

Das Geschäft mit dem Krieg floriert
Syria Democratic Forces fighters carry their weapons in a village on the outskirts of al-Shadadi town, Hasaka countryside, Syria February 19, 2016. REUTERS/Rodi Said
Über die Länder in der Region, die in dem Konflikt involviert sind - vor allem Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Katar: Die Staaten hätten massiv in High-Tech-Militärausrüstung investiert, sagt Wezeman. "Sie wollen eine wichtige Rolle spielen und tun das auch." Während sie sich früher nur selten in regionale Konflikte eingemischt hätten, nutzten sie ihre Rüstungsgüter jetzt dazu. Die Staaten unterstützten aber nicht nur die US-geführte Koalition gegen die Terrormiliz IS in Syrien, sondern intervenierten auch selbst im Jemen. "Ähnliches konnte man jetzt in Libyen beobachten", sagt Wezeman.

Welchen Plan verfolgen die Staaten im Mittleren Osten mit ihrem Engagement in diesen Konflikten?

Das sei schwierig zu sagen, meint Wezeman: "Es sind sehr verschlossene Staaten, die nicht wirklich erkennen lassen, was ihre Pläne sind." In Katar sei eine Veränderung nach dem dortigen Regime-Wechsel zu beobachten gewesen. Auch die Türkei wolle ein größerer Player in der Region sein und habe zudem aufgrund des Kurden-Konflikts aufgerüstet.

Wer liefert die Waffen an die arabischen Staaten, die im Syrien-Krieg eingesetzt werden?

Saudi-Arabien und die anderen Länder bezögen ihre Waffen vor allem aus den USA und Europa, erklärt Wezeman. Russland sei bisher noch nicht sonderlich erfolgreich darin gewesen, an diese Staaten zu liefern. Auch die Türkei sei derzeit aufgrund der schwierigen Beziehung der beiden Länder kein potenzieller Abnehmer russischer Rüstungsgüter.

Exporte etwa an Saudi-Arabien stehen in Europa stark in der Kritik. Wie groß sind die Chancen, dass die Waffenlieferungen in diese Länder eingeschränkt werden?

Sie stünden von Land zu Land unterschiedlich, meint Wezeman. In Großbritannien etwa seien sie sehr gering. Für das Vereinigte Königreich sei Saudi-Arabien einer der wichtigsten Märkte, von dem ein sehr großer Teil der Einnahmen abhängig sei. "Es ist sehr unwahrscheinlich, dass Großbritannien das gefährden wird", sagt Wezeman. In Frankreich, wo wenig über die Exporte debattiert werde, sieht es nach Einschätzung des Experten ähnlich aus. Dagegen gebe es nicht nur in Deutschland, sondern auch in Schweden und den Niederlanden große Diskussionen darüber, ob man restriktiver agieren sollte.

Wie passt es zusammen, dass sich die USA und Europa für Frieden in Syrien einsetzen und zugleich Waffen in die Region liefern?

Das Geschäft mit dem Krieg floriert
Israeli soldiers aim their weapons at Palestinian protesters on February 15, 2016 at the Amari Palestinian refugee camp, near the West Bank city of Ramallah, during clashes with Israeli soldiers that erupted after they entered the camp early in the morning. / AFP / ABBAS MOMANI
Die europäischen Staaten seien zwar der Ansicht, dass eine militärische Lösung in Syrien sinnvoll ist, sagt Wezeman. Sie nutzen ihre Mittel seiner Einschätzung nach aber anders, als es Saudi-Arabien tut. So lieferten sie etwa keine Waffen an Rebellengruppen in Syrien. Europas Rüstungsindustrie könne aber auch nicht überleben, indem sie nur an europäische Staaten liefere. Sie müsse deshalb Exportmärkte im Ausland finden - "mehr als jemals zuvor", meint Wezeman. "Der wirtschaftliche Druck, mit den Waffenlieferungen weiterzumachen, ist sehr hoch."

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