USA sprechen erstmals von Krieg gegen Terrormiliz IS

USA sprechen erstmals von Krieg gegen Terrormiliz IS
Familie des getöteten Journalisten James Foley erhebt schwere Vorwürfe gegen US-Regierung.

Die US-Regierung spricht erstmals von einem Krieg gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) in Syrien und im Irak. Bisher hatte sie den Kampf ausdrücklich als eine Terrorabwehr-Aktion bezeichnet und das Wort Krieg gemieden. Zum Koordinator des globalen Kampfes gegen die Jihadisten ernannte US-Präsident Barack Obama unterdessen den pensionierten General John Allen.

Obamas Sprecher Josh Earnest sagte am Freitag auf eine Journalistenfrage, dass der IS bereit sei "Krieg gegen die Welt zu führen". Eine internationale Koalition solle dieser Bedrohung entgegentreten und sie letztlich zerstören. Daraus könne man schließen, "dass sich die USA in einem Krieg mit IS befinden, in derselben Weise, wie wir uns in einem Krieg mit Al-Kaida und deren Verbündeten rund um die Welt befinden."

Noch am Donnerstag hatte US-Außenminister John Kerry in einem Interview des Senders CNN gesagt, Krieg sei ein falscher Begriff für den Kampf gegen den IS. Es handle sich um eine "sehr bedeutende Terrorabwehr-Operation". Auch Präsident Obama hatte in seiner Strategie-Rede an die Nation in der Nacht auf Donnerstag nicht von Krieg gesprochen.

Neuer Sonderbeauftragter

US-Außenamtssprecherin Marie Harf sagte unterdessen, dass Obama den früheren Leiter der Internationalen Afghanistan-Schutztruppe ISAF, John Allen, zum Sonderbeauftragten für die internationale Allianz gegen den IS ernannt habe. Allen werde beim Aufbau und der Koordination einer globalen Koalition mit dem Ziel helfen, die Jihadisten-Organisation zu schwächen und schließlich zu zerstören, sagte Harf.

Nachdem Obama den Einsatz von Bodentruppen im Kampf gegen den IS ausgeschlossen hat, sollen regionale Kämpfer ausgebildet werden. Innerhalb eines Jahres könnten 5.000 syrische Rebellen für den Kampf gegen den IS trainiert werden, sagte Pentagon-Sprecher John Kirby am Freitag. Kirby deutete auch an, dass die USA in ihrem Kampf gezielt den IS-Führungszirkel ins Visier nehmen werden.

Kerry dämpfte unterdessen Erwartungen an eine rasche Bildung der Anti-IS-Allianz. Es sei noch viel zu früh, um über die exakten Aufgaben der einzelnen Teilnehmerländer zu sprechen, sagte Kerry am Freitag nach Gesprächen mit der türkischen Führung in Ankara. "Ich bin mir aber sicher, dass es sich um eine breite Koalition aus arabischen Ländern, europäischen Ländern, den USA und anderen handeln wird", fügte er hinzu. "Zu angemessener Zeit wird dann jedes Detail bekanntgegeben werden." Am Samstag wird der US-Außenminister in Kairo erwartet.

Deutschland prüft stärkere Beteiligung

Deutschland prüft unterdessen eine stärkere Beteiligung am Kampf gegen die Terrorgruppe. Kanzlerin Angela Merkel werde nächste Woche mit den zuständigen Ministern über diese Frage beraten, berichtete die Süddeutsche Zeitung am Samstag. Im Mittelpunkt dürfte politische und humanitäre Hilfe stehen, nachdem Außenminister Frank-Walter Steinmeier eine Beteiligung an den US-geführten Luftangriffen ausgeschlossen hatte. Einem Bericht der Bild-Zeitung zufolge bereiten sich 40 deutsche Fallschirmjäger auf einen Einsatz im Nordirak vor, wo sie kurdische Peshmerga-Kämpfer ausbilden sollen. Sie sollen sie in den Gebrauch von Sturm- und Maschinengewehren einweisen, die Berlin liefern will.

Stärker engagieren will sich auch Frankreich. Staatspräsident Francois Hollande sagte in Bagdad, Paris sei zu "noch mehr militärischer Unterstützung für den Irak" bereit. Hollande hatte den Irak am Freitag als erster ausländischer Staatschef seit dem Eroberungsfeldzug des IS besucht.

Die US-Luftwaffe fliegt bereits seit Anfang August Angriffe auf IS-Stellungen im Irak. Am Mittwochabend hatte Obama seine Strategie gegen die Jihadisten vorgestellt und dabei auch eine Ausweitung der Luftangriffe auf Syrien angekündigt. Auf dem Boden sollen die irakische Armee, kurdische Peshmerga-Kämpfer und moderate syrische Rebellengruppen gegen die Extremisten kämpfen. Der US-Geheimdienst CIA schätzt, dass die Terrorgruppe 20.000 bis 31.500 Kämpfer unter Waffen hat.

Foleys Familie attackiert US-Regierung

Die US-Regierung hat unterdessen Vorwürfe der Familie des von IS-Jihadisten getöteten Journalisten James Foley zurückgewiesen, nicht alles für dessen Befreiung getan zu haben. Foleys Rückkehr und Befreiung sei bis zuletzt eine "Priorität" für Washington gewesen, sagte Obamas Sprecher Josh Earnest.

Auch Anschuldigungen, die Angehörigen seien mit der Androhung von rechtlichen Konsequenzen vor der Zahlung von Lösegeld gewarnt worden, wies eine Außenamtssprecherin zurück.

Foleys Mutter Diane hatte dem US-Sender CNN gesagt, die Entführung ihres Sohnes sei für die US-Regierung eine "lästige Angelegenheit" gewesen. Nach ihren Angaben wurde die Familie vor juristischen Maßnahmen gewarnt, sollte sie versuchen, Lösegeld aufzutreiben. Zudem sei der Familie mitgeteilt worden, dass keine Gefangenen im Austausch für Foley freigelassen würden und die US-Regierung auch keine militärischen Mittel einsetzen werde. Ihr Sohn habe bis zuletzt darauf vertraut, dass sein Land ihm zu Hilfe komme, sagte Foley.

Earnest sagte, es sei konsequente US-Politik, kein Lösegeld zu zahlen, weil dadurch mehr Menschen in noch größere Gefahr gerieten. Überdies habe Obama "jedes Mittel zu seiner Verfügung" genutzt, um den Journalisten zu befreien, darunter auch ein "hoch riskanter" Militäreinsatz.

Außenamtssprecherin Marie Harf sagte, ihr Haus habe nichts getan, was als Drohung betrachtet werden könnte. US-Außenminister Kerry sagte, er sei "bestürzt" über die Vorwürfe. Er habe mit seinen Regierungskollegen so hart wie möglich gearbeitet, um eine Befreiung Foleys zu erreichen.

Bewaffnete Männer hatten den 40-Jährigen im November 2012 im Norden Syriens verschleppt. Auf einem im August ins Internet gestellten Video ist zu sehen, wie ein vermummter Kämpfer der Jihadistengruppe "Islamischer Staat" (IS) Foley enthauptet. Der Journalist war für die Website "GlobalPost", die Nachrichtenagentur AFP und andere Medien tätig.

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