Sind die Republikaner am Ende?

Donald Trump in Austin, Texas
Donald Trump ist nur eines der Probleme der US-Republikaner. Der gesellschaftliche und demographische Wandel ist ein viel größeres.

Es war im Jänner 2013, da zählte der damalige Gouverneur von Louisiana, Bobby Jindal, Punkt für Punkt auf, was mit seiner republikanischen Partei schief läuft. Einer seiner Punkte: „Wir müssen aufhören, die dumme Partei zu sein.“ Das war kurz nachdem Mitt Romney als republikanischer Kandidat gegen Amtsinhaber Barack Obama verlor, und die Tea Party Teile der Partei gekapert hatte. „Ich meine das ernst“, sagte er damals. „Es wird Zeit, dass wir wie Erwachsene reden. Es ist kein Geheimnis, dass wir einige Republikaner haben, die unsere Marke im vergangenen Jahr mit beleidigenden und bizarren Aussagen beschädigt haben. Genug damit! Wir müssen aufhören, die Intelligenz der Wähler zu beleidigen.“

Sind die Republikaner am Ende?
Republican presidential nominee Donald Trump gestures following his speach at a campaign rally in Austin, Texas, August 23, 2016. / AFP PHOTO / SUZANNE CORDEIRO

Auftritt Donald Trump. Der republikanische Kandidat 2016 ist alles, wovor Jindal gewarnt hatte. Minderheiten zu beleidigen ist ein integraler Bestandteil seiner Persönlichkeit, er glaubt nicht, dass sein Haarspray das Ozonloch beeinflussen kann, wenn er es in geschlossenen Räumen verwendet und erst neulich behauptete er, dass demokratisch regierte Städte in den USA gefährlicher sind als Kriegsgebiete.

Die New York Times schätzt die Wahrscheinlichkeit, dass er ins Weiße Haus einziehen wird, auf 11 Prozent; die Statistikseite fivethirtyeight.com auf 15,1 Prozent. Durchschnittlich ist Hillary Clinton aktuell in landesweiten Umfragen 5,5 Prozentpunkte vor Trump. Noch wichtiger: Ob Ohio, Florida oder Pennsylvania; in allen Swing States, die letzten Endes die Wahl entscheiden, liegt Trump hinter Clinton.

Sind die Republikaner am Ende?
Supporters of Republican presidential candidate Donald Trump cheer during a rally at the Travis County Exposition Center on August 23, 2016 in Austin, Texas. / AFP PHOTO / SUZANNE CORDEIRO

Die Chance ist also hoch, dass auf acht Jahre Obama vier bis acht Jahre Hillary Clinton im Weißen Haus folgen. Im amerikanischen Zweiparteiensystem ist das unüblich: Auf den Republikaner George Bush folgte der Demokrat Bill Clinton, der von George W. Bush abgelöst wurde. Nach ihm zog 2008 der Demokrat Barack Obama ins Weiße Haus ein. Seit den Achtzigern ist es lediglich Bush senior gelungen, einen Parteigenossen, nämlich Ronald Reagan, zu beerben – er wurde dann allerdings im Gegensatz zu allen anderen Präsidenten dieser Zeitspanne nach einer Amtszeit abgewählt.

Nun ist ein unberechenbarer, polarisierender Kandidat wie Trump, den viele in der eigenen Partei ablehnen, ein Sonderfall. Aber die Ausnahmeerscheinung Trump hat noch eine weitere gefährliche Komponente: Er verdeckt ein viel tiefer liegendes Problem, das die Republikaner haben – und auf das Jindal und andere eben schon nach der Niederlage Romneys hingewiesen haben: Die Republikaner haben ein zunehmendes Problem, bei Präsidentschaftswahlen die Mehrheit des Landes hinter sich zu versammeln.

Die Demographie arbeitet für die Demokraten

19 Bundesstaaten plus die Hauptstadt Washington DChaben in allen Wahlen seit 1992 für den demokratischen Kandidaten gestimmt; und sie machen bereits 242 der 271 benötigten Wahlmänner aus. Zum Vergleich: Immer für den republikanischen Kandidaten stimmten seit 1992 nur 13 Staaten, die sich insgesamt nur auf 102 Wahlmänner addieren.

Und das Problem wird in den kommenden Jahren nicht kleiner werden, denn der demographische Wandel begünstigt die demokratische Partei: Schwarze, Hispanics und Menschen asiatischer Herkunft - allesamt eher den Demokraten zugeneigt – haben im Jahr 2000 noch zwanzig Prozent der Wähler ausgemacht, 2016 sind es schon dreißig Prozent. Whit Ayres, ein republikanischer Berater, hat errechnet, dass der republikanische Kandidat, wenn sechzig Prozent der Weißen für ihn stimmen (was seit Reagan nicht mehr passiert ist), immer noch fast 30 Prozent der Minderheit braucht – Mitt Romney hatte 17 Prozent, für Donald Trump wollen zwei Prozent der Schwarzen stimmen.

Selbst Texas, nach Kalifornien jener Staat mit den meisten Wahlmännern (53 bzw. 36) und bislang ein republikanischer Fels in der Brandung, könnte in Zukunft zu einem „Battleground State“ werden. Einer aktuellen Umfrage zufolge hält Trump zwar derzeit in Texas bei 44 Prozent und Clinton bei 38 (zwei Prozent stimmten für den toten Gorilla Harambe und drei Prozent für „Deez Nuts“), aber auch hier liegt das Problem für die Republikaner im Detail: Unter den 45-Jährigen hat Clinton eine klare Mehrheit.

Am 8. November wird nicht nur der Präsident gewählt, auch Kongress- und Repräsentantenhaus werden zum Teil neu gewählt – beide Kammern werden aktuell von den Republikanern dominiert. Und zumindest im Senat könnte sich auch das ändern: Vier Sitze müssen die Demokraten gewinnen, um sich eine Mehrheit zu sichern; und aktuellen Umfragen zufolge könnte sich auch das ausgehen.

Amerika rückt nach links

Denn trotz Trump, und republikanischen Hardlinern wie Ted Cruz; trotz dem neuerlichen Aufflammen von Polizeigewalt gegen Schwarze: Die USA rücken nach links. Bürgerrechtsbewegungen wie „Black Lives Matter“ oder zuvor „Occupy“ genießen breiten Zuspruch in der Bevölkerung – immerhin 42 Prozent der US-Amerikaner haben 2014 dem Statement zugestimmt, dass die USA sich verändern müssen, um Schwarzen die gleichen Rechte zu geben wie Weißen. Und selbst der ehemalige republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses, John Boehner sprach sich im Vorjahr für eine Gefängnisreform aus, weil „meiner Ansicht nach viele Menschen im Gefängnis sind, die dort nicht hingehören.“ Marihuana ist in mehreren Staaten mittlerweile legal. Nicht zuletzt können Homosexuelle nun in allen Staaten heiraten und eine breite Mehrheit der Bevölkerung unterstützt das auch.

Letzteres geht auf ein Urteil des Obersten Gerichtshofs zurück, und der ist für die Republikaner das nächste Problem. Nach dem unerwarteten Tod des Höchstrichters Antonin Scalia im Februar weigerten sich die Republikaner, einen von Präsident Obama vorgeschlagenen Richter nach zu nominieren. Sie waren der Meinung, dieser Sitz sollte auf Vorschlag des nächsten, nicht des scheidenden Präsidenten nachbesetzt werden – natürlich in der Hoffnung, der nächste Präsident würde ein Republikaner sein. Gewinnt nun Hillary Clinton, sucht sie Scalias Nachfolger aus, und dann wäre der Oberste Gerichtshof zum ersten Mal seit fast fünfzig Jahren mehrheitlich mit Richtern besetzt, die von demokratischen Präsidenten nominiert wurden.

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Republican presidential nominee Donald Trump speaks during a campaign rally in Austin, Texas, U.S., August 23, 2016. REUTERS/Carlo Allegri

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