Trump-Sieg ist Obamas größte Niederlage

Obama beim Correspondent Dinner. Beschloss Trump hier, Präsident zu werden?
Der Sieg Donald Trumps ist auch eine persönliche Niederlage für Barack Obama. 2011 begann Trump seine politischen Ambitionen mit Angriffen auf den demokratischen Präsidenten. Obama machte sich damals öffentlich darüber lustig. Jetzt lacht Trump.

Barack Obama muss nun die Schlüssel an Donald Trump übergeben. Kurz nach fünf am Donnerstagnachmittag traf Obama seinen designierten Nachfolger im Oval Office, um die Amtsübergabe zu besprechen.

"Demokratie ist manchmal hart und herausfordernd", sagte Obama in seiner ersten Rede nach dem Wahlsieg Trumps. Aber das sei das Wesen der Politik. "Wir lecken unsere Wunden und gehen zurück in die Arena."

Nach einer Wahl versammelt man sich in den USA traditionell hinter dem neuen Chef und äußert sich versöhnlich. "Die Präsidentschaft ist größer als wir", sagte Obama, ganz in dieser Tradition.

Der Präsident musste aber wohl auch viel Selbstbeherrschung üben, um sich den Frust nicht anmerken zu lassen. Der Sieg Trumps ist nicht nur eine Niederlage für Hillary Clinton, sondern insbesondere auch eine für ihn selbst.

Obamas Vermächtnis in Gefahr

Sein politisches Vermächtnis dürfte nun scheibchenweise entsorgt werden. Mit dem Sieg, den Trump den Republikanern auf allen Linien beschert hat, wäre es ein Leichtes, die Gesundheitsreform "Obamacare" wieder außer Kraft zu setzen. Trump hatte dies im Wahlkampf schon angekündigt.

Die Wahlnacht brachte für Obama aber auch eine persönliche Niederlage. Für Hillary Clintons Wahlkampagne hat sich Obama mit seinem vollen Gewicht gegen Trump ins Zeug gelegt, ihn als "nicht geeignet" für die Präsidentschaft bezeichnet. Nur einen Tag vor der Wahl spottete er noch: "Sie hatten so wenig Vertrauen in seine Selbstbeherrschung, dass sie gesagt haben: Wir nehmen dir jetzt einfach Twitter weg." Er bezog sich damit auf Berichte, wonach Trump ein Twitterverbot bekommen habe. "Wenn jemand nicht mit einem Twitter-Konto umgehen kann, kann er auch nicht mit den Atomcodes umgehen", fügte Obama vor seinem lachenden Publikum hinzu.

Dass Obama nun das Lachen vergangen sein dürfte, wird Donald Trump wohl als spezielle Genugtuung verbuchen. Aber um dies nachvollziehen zu können, muss man fünf Jahre zurückblicken.

Diskussion um Obamas Geburt

Trump hatte sich im Lauf seiner Karriere immer wieder für einen Einstieg in die Politik ins Spiel gebracht. 2011 sah es aber erstmals danach aus, als ob der Immobilienmogul und Reality-TV-Star tatsächlich ins Rennen um das Weiße Haus einsteigt. Um in die Polit-Arena zu gelangen, nützte Trump eine ziemlich unappetitliche Diskussion um Obamas Geburtsort. Die Gerüchte, wonach Obama möglicherweise kein "natural born citizen" sei, waren bereits während der demokratischen Vorwahlen bei Obamas erster Kandidatur im Jahr 2008 entstanden.

Nur ein "natural born citizen" kann laut Verfassung US-Präsident werden, und Barack Obama erfülle diese Bedingung nicht, behauptete die sogenannte "Birther"-Bewegung. Richtig ausjudiziert wurde die entsprechende Regelung in der Verfassung übrigens noch nie. Man geht aber davon aus, dass es ohnehin ausreicht, wenn ein Elternteil US-Staatsbürger ist.

Donald Trump stellte sich im Frühling 2011 an die Spitze dieser erzkonservativen Kräfte, bezweifelte Obamas Geburt auf Hawaii und damit in den USA. Außerdem stellen die "Birther" in Frage, dass der Präsident ein Christ ist.

Trump tingelte von Interview zu Interview in allen maßgeblichen Sendern und attackierte Obama scharf. Die Debatte nahm dermaßen große Ausmaße an, dass sich Obama, der sich damals um seine Wiederwahl bewarb, dazu genötigt sah, erstmals seine vollständige Geburtsurkunde zu veröffentlichen. Am selben Tag trat auch Donald Trump vor die Medien, seine Ansprache in New Hampshire, bei der auch die Bekanntgabe seiner Kandidatur erwartet worden war, wurde landesweit übertragen.

Trumps politische Ambitionen

Trump rühmte sich, für die Veröffentlichung des Dokuments gesorgt zu haben, wollte die Pressekonferenz aber auch dazu nützen um seine politischen Forderungen zu verbreiten. Erstmals tauchte da jene Programmatik auf, die später zu seinem erfolgreichen Slogan für die US-Wahl 2016 abgewandelt werden sollte: "Ich würde dieses Land wieder reich machen, ich würde es wieder mächtig machen und vor allem: wieder respektiert!"

Trump-Sieg ist Obamas größte Niederlage
Barack Obama aber stach Trump die Medienöffentlichkeit ziemlich unsanft ab. Zeitgleich trat er im Weißen Haus vor die Presse,CNNschaltete sofort nach Washington(siehe Bild oben). Dort sagte Obama über die Geburtsortdiskussion: "Normalerweise würde ich zu so etwas keinen Kommentar abgegeben", aber die USA müssten "enorme Herausforderungen" überwinden. "Dazu werden wir nicht in der Lage sein, wenn wir abgelenkt sind", sagte der Präsident.

Obama machte sich über Trump lustig

Aber Trump gab nicht auf, bezweifelte weiterhin die Echtheit des Dokuments, gab Interviews auf CNN und kritisierte die Medien als obamafreundlich.

Wenige Tage später setzte Obama dann aber in eindrucksvoller Manier einen vorläufigen Schlusspunkt unter die Debatte: Beim alljährlichen Korrespondentendinner im Weißen Haus nahm er, nach einem Witz über sein offizielles Geburtsvideo aus "König der Löwen", den anwesenden Donald Trump ausführlich auf die Schaufel (im Video ab 3:00). Unter dem Gelächter hunderter geladener Journalisten und Prominenten in einem Washingtoner Hotel sagte Obama ironisch: Keiner freue sich wohl mehr über die Beilegung der Geburtssache als "The Donald". Jetzt könne er sich den wirklich wichtigen Fragen zuwenden, etwa: "War die Mondlandung nur ein Fake?"

Aber damit nicht genug, in seinem "Roast" machte sich Obama noch genüsslich über Trumps Reality-Show "The Apprentice" lustig. Die "wichtigen Entscheidungen", die Trump dort zu treffen habe, würden den US-Präsidenten, wäre er an dessen Stelle, auch schlecht schlafen lassen. Abschließend erlaubte sich Obama sogar einen Scherz über Trumps politische Ambitionen. Dieser würde als Präsident tatsächlich einen "Change" ins Weiße Haus bringen. Obama ließ eine Fotomontage einblenden, in der ein Casino im Trump-Stil mit der Aufschrift "The White House" zu sehen ist (siehe Bild).

Trump-Sieg ist Obamas größte Niederlage
A picture shows what U.S. President Barack Obama said Donald Trump would do to the White House if he became President in the 2012 elections, during Obama's remarks at the annual White House Correspondents Association Dinner in Washington in this April 30, 2011 file photo. Trump said on Sunday that President Barack Obama did a "pretty good" job mocking him at a Washington gala on Saturday evening. In remarks at the annual White House Correspondents' Association dinner on Saturday evening, Obama joked about the "birther" debate, Trump's possible presidential ambitions and his experience as a reality TV star. REUTERS/Jason Reed/Files (UNITED STATES - Tags: POLITICS BUSINESS ENTERTAINMENT ELECTIONS MEDIA)
Dass dem Alphatier Trump dieses minutenlange Grillen vor versammeltem Medien- und Polit-Establishment ziemlich unangenehm war, lassen die TV-Bilder erahnen. Der Immobilienmogul saß mit versteinerter Miene neben seiner Frau Melania und lachte säuerlich.

Zwei Wochen später gab der Milliardär bekannt, dass er nicht zur Präsidentenwahl 2012 antreten werde. Kein großer Medientermin war das, lediglich eine schriftliche Erklärung, in der es hieß, er sei als leidenschaftlicher Geschäftsmann noch nicht bereit, die Welt der Wirtschaft zu verlassen, um Politiker zu werden. Dabei lag Trump in Umfragen bereits in den Top 3 unter den Kandidaten für die Vorwahlen der Republikaner.

Biograf: Trump wollte sich rächen

Trump-Biograf Michael d'Antonio ist sich ziemlich sicher, dass Donald Trump damals dennoch beschlossen hat, sich eines Tages für diese Demütigung zu rächen. "Man konnte sehen, dass Donald darunter litt", sagte er in einem CNN-Interview kurz vor der Wahl. "Er wurde lächerlich gemacht und so etwas nimmt er nicht auf die leichte Schulter." Es gebe nichts, das Trump mehr auskosten würde, als wenn Obama ihm die Schlüssel zum Oval Office übergeben müsste.

Kommenden Jänner wird genau das eintreten.

Trump machte seinen Wahlkampf gegen Hillary Clinton auch zur Abrechnung mit der Obama-Ära. Er kritisierte die Leistungen ihres demokratischen Parteikollegen, allen voran "Obamacare", scharf. Er lud Obamas kenianischen Bruder Malik als seinen persönlichen Gast zu einer TV-Debatte gegen Clinton ein. Die "Birther"-Diskussion machte er noch einmal indirekt zum Thema: Mit dem Vorwurf an Clinton, die Debatte darüber im Jahr 2008 selbst lanciert zu haben - eine Behauptung, die bereits von zahlreichen Medien widerlegt wurde.

Schlusspunkt

Im September setzte Trump einen Schlusspunkt hinter der Debatte. "Präsident Obama wurde in den Vereinigten Staaten geboren, Punkt", sagte er. Dass er dieses Gefecht aufgeben musste, wird Trump wohl nicht mehr wurmen. Denn seinen persönlichen Feldzug gegen das System Obama hat er nun gewonnen.

VIDEO: "Stephen Colbert's Live Election Night" beschäftigte sich satirisch mit Donald Trump, Barack Obama und dem Correspondent Dinner 2011:

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