Umfrage nach Parteitag: Trump deutlich vor Clinton

62 Prozent der Weißen ohne Hochschulabschluss laut CNN für Rechtspopulisten.

Seine Frau Melania kupferte ihre Rede ab, sein Parteikollege Cruz verweigerte ihm die Unterstützung - und Trump selbst? Dem geht es blendend. Allen Widrigkeiten beim Parteitag der Republikaner vergangene Woche zum Trotz: Trump hält sich wacker im Rennen um die Präsidentschaft der Vereinigten Staaten. Eine heute veröffentlichte Umfrage des Nachrichtensenders CNN sieht den nunmehr offiziellen Kandidaten seiner Partei mit 44 zu 39 Prozent nun sogar deutlich vor seiner Kontrahentin Hillary Clinton.

Dabei kann Trump offenbar vor allem auf die Unterstützung der weißen Unterschicht zählen. Unter der weißen Bevölkerung ohne Hochschulabschluss liegt Trump laut CNN mit 62 Prozent deutlich vor Clinton mit 23 Prozent. Bei Weißen mit Hochschulabschluss führt hingegen Clinton mit 44 zu 39 Prozent.

Trumps Stärke liegt dabei nicht nur in der Schwäche seiner ungeliebten Kontrahentin. Kritiker sehen in Clinton, die seit mehr als 25 Jahren in Washington aktiv ist, vor allem eine Vertreterin des Establishments, eine abgehobene Machtpolitikerin. Dass sie den Spitznamen "Crooked Hillary" ("verlogene Hillary"), den ihr Trump schon im Vorwahlkampf verpasste, nicht so schnell loswerden dürfte, liegt auch an ihrer fortdauernden "Email-Affäre". Eineinhalb Jahre nach dem publik werden hat es Clinton noch immer nicht geschafft, alle Vorwürfe restlos auszuräumen.

"I love the poorly educated"

Nein, es ist auch das Programm des "Blue Collar Billionaire" wie Trump Junior seinen Vater am Parteitag nannte.

Für einen republikanischen Kandidaten ungewöhnlich, spricht er mit seiner Losung "America first" und dem Versprechen Jobs in der Industrie wieder in die USA zu holen vor allem Globalisierungsverlierer an. Aus seinem Mund mag das mitunter richtiggehend plump klingen. Keinem anderen Politiker als diesem Trump würde wohl ein Satz wie: "I love the poorly educated" - "Ich liebe die schlecht gebildeten" - einfach so über die Lippen kommen.

Doch hinter solchen Aussagen steht inzwischen ein konkretes Programm. Zuletzt ließ Trump mit seiner Überlegung aufhorchen, im Falle seines Wahlsiegs einen Austritt der USA aus der Welthandelsorganisation (WTO) zu erwägen. Zudem würde er als Staatschef Straf-Einfuhrsteuern von 30 Prozent für Firmen erheben, die ihre Produktion ins Ausland verlegten. Darauf hingewiesen, dass dies gegen die WTO-Bestimmungen verstoßen würde, sagte der Milliardär: "Macht nichts. Wir werden neu verhandeln oder austreten." Typisch Trump, typisch Populismus. Wenn es darum geht, die Ängste der Bevölkerung zu thematisieren, ist das Wie nie so wichtig wie das Was.

Umfrage nach Parteitag: Trump deutlich vor Clinton
Insbesondere in Amerikas Linker, die sich mit dem überraschend ausdauernden Kampf Bernie Sanders' gegen Hillary Clinton lange im Aufwind wähnte – blickt man nun umso verschrockener Richtung Trump. In einem Artikel in derHuffington Post meldete sich am Wochenende auch Filmemacher Michael Moore mit einer eindrücklichen Warnung zu Wort: Donald Trump, dieser "ignorante, gefährliche Teilzeit-Clown und Vollzeit-Soziopath wird unser nächster Präsident", schrieb Moore.

"Linke haben Kulturkampf gewonnen"

Zwar gebe es Anlass zur Freude. In Umfragen trete eine Mehrheit der Amerikaner inzwischen für liberale Positionen ein: "Gleiche Bezahlung für Frauen – check. Abtreibung sollte legal sein – check. Strengere Umweltgesetze – check. Mehr Waffenkontrollen – check." Die Linke habe laut Moore also die kulturellen Kriege gewonnen, "und könnten die Menschen von ihrer Playstation aus wählen, würde Clinton einen Erdrutsch-Sieg einfahren."

An der Wahlurne könnte das Ergebnis jedoch deutlich anders aussehen, befürchtet Moore und nennt dafür fünf entscheidende Gründe. Neben der Schwäche seiner Rivalin, deprimierten Sanders-Wählern und dem womöglich letzten Aufbäumen des "angry white man", führt Moore dabei auch zwei bisher vernachlässigte Faktoren ins Feld. Zum einen komme Trump die komplizierte Wahlarithmetik der USA entgegen, in der jeder Bundesstaat einzeln ausgewertet wird. Trump hat dabei insbesondere im "Rust Belt" gute Chancen mit Michigan, Ohio, Pennsylvania und Wisconsin vier Staaten, die traditionell fest in demokratischer Hand sind, für sich zu gewinnen. Drohungen gegen Autobauer Ford, im Falle eines Abzugs ihrer Produktionsstätte nach Mexiko Schutzzölle von 35 Prozent auf dort gefertigte Autos zu verlangen, kommen in den wirtschaftlich arg gebeutelten Staaten im Mittleren Westen, die einst als Rückgrat der amerikanischen Wirtschaft galten, wenig überraschend besonders gut an.

Wollen Trump-Wähler einfach nur Streich spielen?

Einen anderen Aspekt, der in Umfragen stets unterschätzt werde, beschreibt Michael Moore mit dem sogenannten "Jesse Ventura Effect". Ventura ist ein ehemaliger Wrestler, der in den 1990er-Jahren zum Gouverneur von Minnesota gewählt worden war. "Die Leute in Minnesota haben das nicht getan, weil sie dumm sind, oder weil sie Ventura für einen Staatsmann hielten", schreibt Moore. "Sie haben ihn gewählt, weil sie konnten." Minnesota sei voll mit Leuten mit einem ziemlich schwarzen Humor – "und für Ventura zu wählen war ihre Interpretation eines guten Streichs."

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