US-Luftangriff auf Klinik in Kunduz: 19 Tote

Ein Spital von Ärzte ohne Grenzen wurde bombardiert. UNO ist entsetzt, USA untersucht den Fall.

Inmitten der Not im nordafghanischen Kunduz hat die US-Luftwaffe am Samstag offenbar ein Krankenhaus von Ärzte ohne Grenzen (MSF) in der Stadt bombardiert und dabei mindestens 19 Menschen getötet. Die UNO zeigte sich entsetzt.

Das afghanische und das US-Militär kannten nach MSF-Angaben den genauen Standort der Klinik, doch habe die Bombardierung auch nach einem Hinweis nach dem ersten Einschlag eine halbe Stunde fortgedauert. Das Krankenhaus war eine der wichtigsten Anlaufstellen für Verletzte nach den tagelangen Kämpfen mit den Taliban.

Am Samstag um 02.10 Uhr sei das Traumazentrum zum ersten Mal getroffen worden, teilte die Hilfsorganisation mit. MSF-Sprecherin Kate Stegeman sagte der Nachrichtenagentur AFP, 16 Menschen seien getötet worden, darunter drei Kinder und neun Mitarbeiter, 37 weitere Menschen seien verletzt worden. Zum Zeitpunkt des Luftangriffs hätten sich rund 185 Menschen in der Klinik aufgehalten: 105 Patienten und Angehörige sowie mehr als 80 internationale und einheimische Mitarbeiter.

USA: "Gründliche Untersuchung"

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Die Hilfsorganisation zeigte sich "zutiefst schockiert". "Wir fordern alle Konfliktparteien auf, die Sicherheit von Gesundheitseinrichtungen und Personal zu respektieren", hieß es in einer Mitteilung. Die Bombardierung habe mehr als 30 Minuten angedauert - auch noch nach einer Mitteilung an das afghanische und das US-Militär über einen ersten Einschlag. Zudem sei die genaue Lage der Klinik mit GPS-Koordinaten an alle Konfliktparteien kommuniziert worden, auch an Kabul und Washington.

"Absolut tragisch, vielleicht sogar kriminell"

Der Vorfall sei "absolut tragisch, unentschuldbar und vielleicht sogar kriminell", erklärte der UNO-Hochkommissar für Menschenrechte, Zeid Raad al-Hussein. Er forderte eine transparente Untersuchung des Angriffs. Sollte dieser sich vor einem Gericht als vorsätzlich herausstellen, "könnte ein Luftangriff auf ein Krankenhaus ein Kriegsverbrechen darstellen". "Die internationalen Militärstrategen sind verpflichtet, die Zivilbevölkerung zu schützen." Und der UNO-Sondergesandte für Afghanistan, Nicholas Haysom, betonte: "Krankenhäuser, in denen sich Patienten und medizinisches Personal befinden, dürfen niemals zum Angriffsziel werden."

Das Klinikgebäude stand nach dem Angriff in Flammen. Der 31-jährige Ladenbesitzer Kiamudin, dessen Nachbar bei dem Angriff getötet wurde, sagte zu AFP, überall rieche es nach verbranntem Fleisch. "Ich war schockiert und in Tränen aufgelöst."

Kunduz war am Montag von den radikalislamischen Taliban erobert worden. Die Armee startete eine Gegenoffensive und meldete am Freitag die Rückeroberung der Stadt. Mindestens 60 Menschen sollen bisher getötet und etwa 400 weitere verletzt worden sein.

Ende 2014 hatte die NATO ihren Kampfeinsatz beendet. Für die Folgemission "Resolute Support" sind noch etwa 13.000 NATO-Soldaten mit Ausbildungs- und Beratungsauftrag im Land. Inzwischen wird darüber diskutiert, den bis Ende 2016 geplanten Einsatz zu verlängern.

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