UNO: Kobane könnte zweites Srebrenica werden

Die Terroristen des "Islamischen Staates" ziehen die Schlinge um die umkämpfte Grenzstadt immer enger. Die kurdischen Verteidiger scheinen auf verlorenem Posten.

Die kurdischen Kämpfer in der nordsyrischen Stadt Kobane schickten am Samstag einen dramatischen Hilferuf an die internationale Staatengemeinschaft. Die Terroristen des "Islamischen Staates" (IS) würden die Enklave von drei Seiten angreifen. Zwar habe man einen Vorstoß ins Stadtzentrum abwehren können, doch laut Beobachtern kontrollieren die Extremisten schon rund die Hälfte der Stadt an der Grenze zur Türkei.

Fiele sie endgültig in die Hände der selbst ernannten "Gotteskrieger", könnte ein riesiges Massaker drohen. Denn in Kobane halten sich neben den Tausenden kurdischen Verteidigungskräften angeblich immer noch 500 bis 700 Zivilisten auf, vor allem ältere Menschen. Der UN-Syrien-Beauftragte Staffan de Mistura warnt in diesem Zusammenhang von einem zweiten Srebrenica. Zur Erinnerung: 1995 waren in dieser muslimischen Enklave rund 8000 Männer von bosnisch-serbischen Soldaten ermordet worden – mehr oder weniger vor den Augen von UN-Blauhelmen.

"Es ist blamabel"

Doch die internationalen Staatenlenker scheinen die nordsyrische Stadt schon aufgegeben zu haben. "Kobane wird ein Opfer sein", meint der US-Experte Jackson Janes von der Hopkins University. Ein Signal dafür sei, dass die von den USA angeführte Militärkoalition, der neben europäischen, kanadischen und australischen auch arabische Länder angehören, erst kommenden Dienstag in Washington zu Beratungen zusammentreffen wird. Janes: "Es ist blamabel, es ist eine Katastrophe."

Die bisherigen Luftschläge der Anti-IS-Allianz konnten die Dschihadisten jedenfalls nicht stoppen. Ein Aktivist in Kobane: "Wenn fünf von ihnen getroffen werden, schicken sie 50 hinterher. Ihnen ist es völlig egal, ob sie dabei draufgehen oder nicht." Militärexperten sind sich einig, dass allein der Einsatz von Bodentruppen den IS-Vormarsch aufhalten könnte. Doch dazu ist niemand bereit – auch nicht die Türkei, deren Panzer nur wenige Hundert Meter vom Kampfgeschehen in Stellung gegangen sind.

Warnung vor IS-Anschlägen

Indes haben die USA auf die erhöhte Gefahr von IS-Anschlägen hingewiesen. Die möglichen Ziele: Europa, der Nahe Osten, Nordafrika, aber auch Asien. Es wurde bereits reagiert. Allein in London überwachen die Behörden laut eigenen Angaben Tausende Terrorverdächtige. In Deutschland wird gegen 200 IS-Aktivisten ermittelt.

UNO: Kobane könnte zweites Srebrenica werden
A Syrian Kurdish refugee woman with her daughter waits for transportation after crossing into Turkey from the Syrian border town Kobani, near the southeastern Turkish town of Suruc in Sanliurfa province October 2, 2014. More than 150,000 refugees have fled Kobani over the past two weeks alone, with a steady exodus continuing. Officials from Turkey's AFAD disaster management agency said some 4,000 crossed on Wednesday, and a similar figure the day before. REUTERS/Murad Sezer (TURKEY - Tags: POLITICS SOCIETY IMMIGRATION CIVIL UNREST CONFLICT TPX IMAGES OF THE DAY)

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