Roma wollen mit "Zigeuner-Partei" ins Parlament

Roma-Siedlung
Spitzenkandidat: Minderheit geht es schlechter als vor vier Jahren.

Eine neue politische Kraft sorgt in Ungarn für Aufsehen: Die Zigeuner-Partei Ungarns ("Magyarorszagi Cigany Part") will bei den Wahlen am 6. April ins Parlament einziehen. Dafür hat sie 61 Kandidaten aufgestellt. "Wir gehen unseren Weg allein und streben nach keinem Bündnis mit anderen Parteien", sagte Spitzenkandidat Aladar Horvath.

Dabei hatte es lange gedauert, bis sich Vertreter der auf 600.000 Angehörige geschätzten, größten ungarischen Minderheit zur Parteigründung entschlossen. "Ja, leider waren wir lange Idealisten. Wir meinten, dass in einer westlichen Demokratie auch Platz für uns Roma ist. Wir dachten, die Parteien der Linken oder Rechten würden unsere Interessen vertreten", erklärte der Rechtsanwalt Horvath. Das sei jedoch ein großer Irrtum gewesen, denn "mit uns Roma befassten sich die Parteien immer nur vor den Wahlen, wenn sie auf Stimmenfang gehen".

"Ich bin Zigeuner, ich stimme für die Zigeuner-Partei"

Derzeit stellt die Minderheit rund sechs Prozent der Bevölkerung, aber nur vier von 386 Parlamentariern. Die Roma bräuchten ihre eigene politische Vertretung, um endlich gleichberechtigte Staatsbürger in Ungarn zu werden, glauben ihre Vertreter. "Ich bin Zigeuner, ich stimme für die Zigeuner-Partei", lautet der offizielle Slogan der MCP. Die Partei nutzt dabei den ungarischen Ausdruck "Cigany", den Angehörige der Minderheit für sich selbst verwenden.

Roma in Ungarn beklagen seit Jahren Angriffe von Rechtsextremen. Im Vorjahr wurden drei Männer verurteilt, die aus rassistischen Motiven Wohnhäuser von Angehörigen der Minderheit anzündeten und mehrere Roma ermordeten. Für Ängste sorgt auch die Aktivität der gewaltbereiten "Ungarischen Garde" und der mit ihr verbündeten Jobbik-Partei, die im Parlament vertreten ist.

Kritik

Die rechtskonservative Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban hat sich der Förderung der Minderheit verschrieben und Beschäftigungs- und Bildungsprogramme geschaffen. Allerdings wird auch sie für ihren Umgang mit der Minderheit kritisiert. So distanziert sich Orban nach Ansicht seiner Gegner zu wenig von einem Mitbegründer seiner Fidesz-Partei, dem Publizisten Zsolt Bayer, der Roma die Existenzberechtigung abspricht und sie mit "Tieren" verglich.

Nach Ansicht des Roma-Kandidaten Horvath geht es der Minderheit heute schlechter als vor vier Jahren, als Orban zuletzt an die Macht kam. Es gebe Programme gegen die Diskriminierung, doch hätte sich die "ethnische und soziale Diskriminierung lange institutionalisiert". Horvath spricht von einer feudalen Welt in Ungarn mit Herren und Leibeigenen, als letztere würden die Roma erachtet. Ihre Angehörigen seien die Ärmsten unter den Armen, 90 Prozent hätten keine Arbeit. Mehr als die Hälfte der Roma-Kinder müsse weiter in Sonderschulen mit niedrigerem Bildungsniveau lernen.

Die neue Partei will nicht nur Roma ansprechen, sondern alle Armen des Landes vertreten. Die MCP brauche deren Stimmen, um die Fünf-Prozent-Hürde für den Einzug ins Parlament zu überspringen, sagte Horvath. Er hofft auf eine bisher nie erreichte Mobilisierungsstärke der Minderheit.

Kommentare