UN warnt vor Massaker in nordirakischer Stadt Amerli

Die schiitische Bevölkerung der Stadt wird seit zwei Monaten von IS belagert.

In der nordirakischen Kleinstadt Amerli droht nach Einschätzung der UNO ein Massaker der sunnitischen Miliz Islamischer Staat (IS) an der überwiegend schiitischen Bevölkerung. Der UN-Sondergesandte für den Irak, Nickolai Mladenow, sagte am Samstag in Bagdad, die Jihadisten belagerten die Stadt seit fast zwei Monaten und die Lieferwege für Wasser und Lebensmittel seien abgeschnitten.

"Die Lage der Menschen in Amerli ist verzweifelt und erfordert ein sofortiges Eingreifen, um ein mögliches Massaker an den Einwohnern zu verhindern", sagte er laut Pressemitteilung. Die 20.000 Einwohner-Stadt liegt rund 170 Kilometer nördlich der Hauptstadt Bagdad und rund 100 Kilometer südlich von Kirkuk. Mladenow appellierte an die irakische Regierung, die Belagerung durch die Extremisten aufzubrechen und die Versorgung der "unsagbar leidenden" Menschen zu ermöglichen. "Die irakischen Verbündeten und die internationale Gemeinschaft sollten mit den Behörden zusammenarbeiten, um eine humanitäre Tragödie zu verhüten", sagte er.

Zuvor hatten bereits der designierte irakische Premier Haidar al-Abadi sowie die höchste religiöse Instanz der Schiiten im Irak, Ali al-Sistani, zur Hilfe für die Einwohner Amerlis aufgerufen. Die "Belagerung der Stadt muss durchbrochen und die Bewohner gerettet werden", erklärte dieser am Freitag.

Attentat in Kirkuk

Ob die Kurden im Irak im Kampf gegen die Islamisten-Miliz nun aufgerüstet werden oder nicht, darüber berät der deutsche Bundestag am 1. September. Die EU ist grundsätzlich für Waffenlieferungen an die Kurden, Österreich beschränkt sich auf humanitäre Hilfe. Im Irak selbst wurden bei der Explosion dreier Autobomben im kurdischen Kirkuk mindestens 20 Menschen getötet und weitere 65 verletzt. Ziel waren demnach Einheiten kurdischer Peshmerga-Soldaten, die in der Region seit Wochen im Kampf gegen die sunnitische Miliz Islamischer Staat (IS) stehen.

Kirkuk liegt in einem äußerst ölreichen Gebiet und stand lange unter Kontrolle der irakischen Zentralregierung in Bagdad. Kurdische Kämpfer profitierten jedoch vom Vormarsch der sunnitischen IS und eroberten die Stadt am 12. Juni. Auch in der Hauptstadt des irakischen Kurdengebietes, in Erbil soll laut Berichten lokaler Medien eine Autobombe detoniert seien. Fernsehbilder zeigten Feuerwehrleute bei dem Versuch, die Überreste eines Fahrzeuges zu löschen. Über eventuelle Opfer war vorerst nichts bekannt.

Blutiger Kampf um Flughafen

In Syrien liefern sich die IS-Kämpfer seit Tagen einen erbitterten Kampf um den Militärflughafen. Dabei wurden in den vergangenen drei Tagen mehr als 300 Kämpfer der Terrorgruppe getötet oder verletzt. Allerdings gab es auch aufseiten der syrischen Regierungstruppen Verluste. Ein IS-Kämpfer habe sich am Eingang des Flughafens Al-Tabka mit einer Autobombe selbst in die Luft gesprengt, die Opferzahl ist unbekannt. Die Terrorgruppe versucht seit Tagen, das Gelände einzunehmen, die letzte Bastion des Regimes von Assad in der ostsyrischen Provinz Al-Raqqa. Nach Angaben von Menschenrechtlern brachten die Extremisten Verstärkung aus der Nachbarprovinz Deir el-Zor und aus dem Irak zum Flughafen.

Zudem wurden an verschiedenen Orten im Osten Syriens mindestens 18 Menschen zur Strafe öffentlich getötet. Mehrere Opfer seien an zentralen Plätzen gekreuzigt worden, berichtete die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Samstag. Im Norden und Osten Syriens, wo die Islamisten weite Teile beherrschen, verhängen sie regelmäßig Strafen nach einer radikalen Interpretation des islamischen Rechts, der Scharia. Die Terrorgruppe hatte den US-Reporter James Foley als Rache für US-Luftangriffe im Nordirak enthauptet und Anfang der Woche dazu ein Video veröffentlicht.

BND-Informationen an Assad?

Im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) gehen die USA und Deutschland möglicherweise verschlungene Wege: Laut einem Zeitungsbericht haben die USA in Kooperation mit dem deutschen Bundesnachrichtendienst das Regime von Syriens Präsident Bashar al-Assad unterstützt. Das schreibt der britische Independent, er berichtet unter Berufung auf eine ungenannte Quelle, US-Geheimdienste hätten der Führung in Damaskus über den BND Infos zu den Standorten von IS-Anführern gegeben. Mithilfe dieser Informationen hätten die syrischen Streitkräfte präzise Angriffe auf IS-Stellungen führen können. Der BND dementierte, dass er Informationen an Syrien weitergibt: "Entsprechende Meldungen entbehren jeder Grundlage und sind schlicht falsch", sagte ein Sprecher der dpa.

Die US-Regierung ist nun im Zuge der IS-Bekämpfung auch zur Intervention in Syrien bereit, sollten die USA oder US-Bürger dort bedroht sein. "Wenn wir eine Verschwörung gegen Amerikaner sehen, wenn wir irgendwo eine Bedrohung der USA sehen, stehen wir bereit, gegen diese Bedrohung vorzugehen", sagte der stellvertretende Nationale Sicherheitsberater, Ben Rhodes, am Freitagabend. Die IS-Milizen kontrollieren weite Teile im Nordirak und im Norden Syriens. In Syrien befinden sie sich im Kampf gegen Assad, aber auch gegen andere Rebellengruppen.

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