Timoschenko: "Drecksack in den Kopf schießen"

Ein Telefonat Timoschenkos wurde vom russischen Staats-TV verbreitet - dort schimpft sie wild auf Putin.

In der Ukraine sorgt ein angebliches Telefonat von Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko für Aufsehen. In dem Mitschnitt, der vom russischen Staatssender Russia Today verbreitet wird, sagt die einst inhaftierte Vertraute von Regierungschef Arseni Jazenjuk: "Mist, man muss zu den Waffen greifen und diese verdammten Russen zusammen mit ihrem Anführer abknallen".

Abgehört wurde das Gespräch mit dem ukrainischen Sicherheitsberater Nestar Schufritsch nach russischen Angaben am 18. März, es landete daraufhin als Video auf Youtube. Ähnliche peinliche Veröffentlichungen in Sachen Ukraine gab es zuvor bereits von der US-Diplomatin Victoria Nuland, die bei dem Sager "Fuck the EU" belauscht wurde, sowie bei der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton. In beiden Fällen wurde die Authentizität des belauschten Materials nicht bestritten. Timoschenko bestätigte laut der deutschen Welt auf Twitter grundsätzlich, dass es ein solches Telefonat gab. Schufritsch bestreite es hingegen.

"Diesem Bastard in den Kopf schießen"

In dem Gespräch macht die lange vom Regime des gestürzten Präsidenten Viktor Janukowitsch inhaftierte Politikerin offenbar ihre Abneigung gegen Russlands Präsident Vladimir Putin deutlich. "Ich bin bereit, selbst eine Maschinenpistole zu nehmen und diesem Drecksack in den Kopf zu schießen", sagte sie in dem Mitschnitt.

Weitere Stellen wurden ihren Angaben zufolge manipuliert. Schufritsch fragt in der Aufnahme: "Was machen wir jetzt mit den acht Millionen Russen, die in der Ukraine geblieben sind? Sie sind doch Ausgestoßene." Darauf erwidert Timoschenko scheinbar: "Man sollte sie mit Nuklearwaffen erledigen." Ihren Angaben soll das nicht in dem Zusammenhang gesagt worden sein, sondern wurde womöglich zusammengeschnitten.

Peinliche Pannen, heimliche Mitschnitte

Nach der Übernahme der Krim durch Russland hat das ukrainische Parlament den Rücktritt von Verteidigungsminister Igor Tenjuch angenommen. Zum Nachfolger bestimmten die Abgeordneten am Dienstag Michailo Kowal. Tenjuch hatte sein Amt wegen der Kritik an seinem Umgang mit der Krim-Krise zur Verfügung gestellt. Der bisherige Verteidigungsminister hatte am Montag den Rückzug aller ukrainischen Truppen von der Krim angeordnet, nachdem russische Truppen diverse Militärbasen eingenommen hatten.

Die OSZE wird Beobachter in die Ukraine schicken, aber gerade die Krim darf die Mission nicht besuchen. An der Expertengruppe werden auch Österreicher teilnehmen. Dazu beschloss der Ministerrat am Dienstag die Entsendung von maximal zehn Experten.

Fünf Offiziere des Verteidigungsressorts und bis zu fünf zivile Experten des Außenamtes werden am Donnerstag angemeldet, hieß es in einer Aussendung. Seit heute befinden sich schon zwei Experten im Auftrag des Außenministeriums im Rahmen der OSZE-Mission in der Ukraine.

Im ersten Schritt sollen 100 Beobachter, aufgeteilt in zehn Teams zu zehn Beobachtern entsandt werden. Ihre Aufgabe sei es, ein objektives Lagebild zu schaffen und einen aktiven Beitrag zum Dialog und zur Normalisierung der Situation zu leisten. In weiterer Folge sei es möglich, dass bis zu 500 Beobachter entsandt werden. Als Dauer der Mission, die sich über die gesamte Ukraine erstrecken soll, ist vorerst ein halbes Jahr vorgesehen.

Gelder in Vorbereitung

Auch die Finanzhilfen des Westens rollen an: Der US-Kongress billigte erste Mittel, im Senat stimmten die Demokraten für eine Milliarde Dollar an Hilfen für das finanziell notleidende Land. Im republikanisch beherrschten Repräsentantenhaus dürfte es aber Widerstand geben.

Der IWF prüft gegenwärtig in Kiew die Voraussetzungen für ein größeres Hilfsprogramm. Die IWF-Mitarbeiter wollten ihre Arbeit an diesem Dienstag beenden. Insgesamt wird der Finanzbedarf der Ukraine auf rund 35 Milliarden Dollar (25,5 Milliarden Euro) geschätzt, die Finanzen des Landes gelten als zerrüttet, Experten sehen Korruption als ein Hauptproblem.

Auch Japan hat für die Stabilisierung der Ukraine finanzielle Hilfen im Umfang von 150 Milliarden Yen (1,06 Milliarden Euro) angeboten.

Gipfel abgesagt

Der Westen treibt indes die Isolierung Russlands voran. Die Staats- und Regierungschefs der sieben führenden Industriestaaten haben den für Juni geplanten G-8-Gipfel mit Russland abgesagt. Statt dem Treffen in Sotschi soll ein G-7-Gipfel im Juni in Brüssel ohne Beteiligung der Moskauer Regierung stattfinden, wie EU-Ratspräsident Van Rompuy am Montag mitteilte. Zudem wird Russland aus der Gemeinschaft der G-8 suspendiert, bis Moskau seinen Kurs ändert. Der Kreml aber will weiterhin auf allen Ebenen Kontakt zu den G7 halten, wie Putin am Dienstag laut Agentur Interfax sagte.

Foltervorwürfe

Auf der Krim bleibt die Lage indes angespannt. Zudem erhob die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) schwere Foltervorwürfe gegen prorussische Milizen: Zwei ukrainische Aktivisten seien von moskautreuen Einheiten auf der Krim verschleppt und tagelang misshandelt worden, teilte HRW am Dienstag mit.

"Seit Wochen dürfen irreguläre bewaffnete Einheiten auf der Halbinsel Amok laufen ohne offensichtliche legale Befugnis", sagte HRW-Experte Hugh Williamson der Mitteilung zufolge. Dies habe auf der von der Ukraine abtrünnigen Krim zu "Unsicherheit, mutwilligen Festnahmen, Verschleppungen sowie Folter" geführt.

In der westukrainischen Stadt Rowno wurde in der Nacht ein führender Ultranationalist erschossen. Russland hatte einen internationalen Haftbefehl gegen Alexander Musytschko erlassen, der in den 1990er-Jahren im tschetschenischen Bürgerkrieg gegen moskautreue Truppen gekämpft haben soll.

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