Ukraine: Regierung tritt zurück

Die Regierung in Kiew nimmt ihren Hut - damit soll der Weg für Neuwahlen freigemacht werden.

Nach dem Flugzeugunglück in der Ostukraine ist am Donnerstag die Regierung zurückgetreten: Angesichts des Bruchs der Regierungskoalition hat Ministerpräsdient Jazenjuk den Rücktritt seiner Regierung erklärt. Er ziehe damit die Konsequenzen, so der Politiker. Nun werden Neuwahlen ausgeschrieben.

Zuvor hatten mehrere Regierungsparteien ihren Rückzug aus der Koalition verkündet: Prowestliche Kräfte um Präsident Petro Poroschenko haben die Regierungskoalition im Parlament verlassen, um den Weg für Neuwahlen freizumachen. Eine vorgezogene Wahl der Obersten Rada hatte Poroschenko bei seinem Amtsantritt Anfang Juni angekündigt, um die krisengeschüttelte Ex-Sowjetrepublik zu stabilisieren.

Klitschko-Partei hat Koalition verlassen

Ihren Austritt aus der Koalition verkündeten am Donnerstag die Partei Udar des Kiewer Bürgermeisters und Ex-Box-Profis Vitali Klitschko sowie die nationalistisch geprägte Partei Swoboda von Oleg Tjagnibok. Als möglicher Wahltermin wird der 26. Oktober genannt; Poroschenko will so seine Machtbasis festigen.

Die Koalition "Europäische Wahl" hatte sich im Februar nach dem Sturz des prorussischen Präsidenten Viktor Janukowitsch gebildet. Zur Koalition gehörten 256 Abgeordnete. Im Parlament war es zuletzt zu tumultartigen Szenen unter Beteiligung der Kommunisten gekommen. Parlamentschef Alexander Turtschinow löste die Fraktion der Kommunisten auf. Zudem haben die Behörden ein Verfahren zum Verbot der Kommunistischen Partei eingeleitet.

Unklarheit um Abschuss

In der Causa MH17 tritt man vorerst noch am Stand - die Ermittlungen haben bislang nichts Konkretes ergeben. Jener Rebellenführer, der in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch angeblich erklärt hatte, die Aufständischen in der Osturkaine würden über Buk-Flugabwehrsysteme verfügen und hätten das Flugzeug abgeschossen, hat dies nun gegenüber dem Staatsfernsehsender Russia Today zurückgewiesen. "Ich habe keine Kenntnis davon, dass die Aufständischen eine solche Waffe besitzen", sagte Alexander Chodakowski am Donnerstag.

Chodakowski bestätigte, dass er mit einem Journalisten eines westlichen Mediums verschiedene Möglichkeiten für den Abschuss der malaysischen Passagiermaschine MH 17 durchgesprochen habe. Bei dem auf Video aufgezeichneten Gespräch habe es allerdings einen "roten Faden" gegeben mit der Aussage, dass er den "Buk"-Einsatz nicht bezeugen könne, betonte Chodakowski. Andere Separatistenführer teilten erneut mit, dass die prorussischen Kräfte kein solches Waffensystem genutzt hätten.

Widersprüchliche Aussagen

Die Separatisten hatten sich bereits im Juni damit gebrüstet, ein ukrainisches "Buk"-System erbeutet zu haben. Allerdings erklärten sie nach dem Abschuss der Boeing 777-200 am vergangenen Donnerstag, dass das Anlage nicht funktionstüchtig gewesen sei. Das hatten auch Ermittler in Kiew bestätigt.

Der Separatistenführer Chodakowski war von Reuters am Mittwoch mit Aussagen zitiert worden, wonach er selbst gehört habe, dass die Aufständischen eine "Buk" hätten. "Ich habe davon gehört. Ich denke, sie haben es zurückgeschickt. Denn ich habe genau in dem Moment davon erfahren, als diese Tragödie geschehen ist. Sie haben es vermutlich zurückgeschickt, um den Beweis seiner Existenz zu beseitigen", wurde Chodakowski zitiert.

Abschuss bestätigt?

Unterdessen hat hat Russland die Ukraine und USA zur Veröffentlichung ihrer Beweise aufgefordert. Es gebe bisher keinen einzigen Beleg für die Beteiligung der prorussischen Separatisten, kritisierte Vize-Verteidigungsminister Anatoli Antonow am Donnerstag.

Es gebe zwar immer wieder eine Bezugnahme auf Erkenntnisse der US-Geheimdienste und auf Satellitenfotos, die einen Raketenstart von dem Konfliktgebiet aus belegen sollen, sagte Antonow. "Aber wo sind diese Beweise?", fragte der Militärfunktionär im russischen Staatsfernsehen. Die Ukraine gibt Russland die Schuld an dem Absturz der Boeing 777-200, bei dem am Donnerstag vor einer Woche fast 300 Menschen starben. Die USA haben den Separatisten den Abschuss vorgeworfen.

Zuletzt kamen immer wieder mehr Beweise für einen Jet-Abschuss von seiten der Rebellen ans Licht. Erst am Mittwoch wurde ein Separatist zitiert, der einen unabsichtlichen Abschuss bestätigte.

OSZE beschloss Mission im russischen Grenzgebiet

Inzwischen hat der Ständige Rat der OSZE eine Mission zur Überwachung der russisch-ukrainischen Grenze beschlossen. Allerdings sei diese auf Druck Moskaus hin lediglich auf zwei Kontrollposten von wenigen hundert Meter Breite beschränkt worden, teilte der US-Botschafter bei der OSZE, Daniel Baer, in einer Aussendung mit. Moskau hatte die OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) am Montag "als Geste des guten Willens" eingeladen, die Grenze zu überwachen. Die nun beschlossene Mission "werde keine wirkliche Bilanz des massiven Stroms an illegalen Waffen, Finanzmitteln und Personals aus Russland zulassen", monierte Baer.

Flugzeuge mit weiteren Absturz-Opfern in den Niederlanden

Zwei Militärmaschinen mit weiteren Opfern des Flugzeugabsturzes in der Ostukraine sind in den Niederlanden gelandet. Die niederländische Hercules-Maschine und ein australisches Frachtflugzeug landeten mit insgesamt 74 Särgen an Bord am Donnerstag in Eindhoven. Am Vortag waren die ersten 40 Todesopfer der Katastrophe in den Niederlanden eingetroffen.

Nach einer kurzen Zeremonie und einer Schweigeminute sollten die Särge von Soldaten aus den Flugzeugen getragen werden. 74 Leichenwagen sollten anschließend in einer langen Kolonne in das rund 100 Kilometer entfernt liegende Hilversum bei Amsterdam gefahren werden. Dort sollen die Leichen identifiziert werden.

Bilder: Tag der Trauer

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