Moskau droht mit neuen Sanktionen

Russische Unternehmer warnen: Noch sind die Supermärkte trotz Importstopps aus dem Westen voll, aber es drohen Preissteigerungen
Wenn der Westen Maßnahmen verschärft, verhängt Russland einen Importstopp von Maschinen und Anlagen.

Es muss nicht so weit kommen. Aber es könnte. Und zwar dann, wenn auch die Vierer-Konsultationen der Außenminister Russlands, der Ukraine, Deutschlands und Frankreichs den Durchbruch in der Ukraine-Krise verfehlen. Und wenn der Westen zu weiteren Sanktionen gegen Moskau greift. Dann ist Russland schon vorbereitet, gegen Europa, die USA, Kanada und Australien neue Sanktionen zu verhängen.

Laut Moskauer Wirtschaftszeitung Wedomosti sieht die in Ausarbeitung befindliche Liste nach dem Einfuhrverbot für Agrarerzeugnisse den Importstopp für "Maschinen und Anlagen" vor. Und russische Beamte sind offenbar gewillt, den Begriff umfassend auszulegen: So sollen nicht nur Fräsmaschinen, sondern auch Passagierflugzeuge und Autos, die in Europa endmontiert wurden, auf die schwarze Liste kommen.

Den Feinschliff an der Liste soll Präsident Wladimir Putin persönlich besorgt haben – mit der Anweisung, neue Sanktionen nur zu verhängen, wenn der Westen sein Embargo verschärft. Putins Pressesprecher: Die USA und die EU hätten Russland die Importsperre aufgezwungen, sollten diese erneut an der Sanktionsspirale drehen, werde auch Moskau entsprechend reagieren.

Ähnlich hatte sich schon Regierungschef Dmitri Medwedew geäußert und dabei vor allem mit einem Überflugverbot für europäische und nordamerikanische Airlines gedroht. Die Flugzeiten für Ziele in Fernost und Südostasien würden sich dann erheblich verlängern, der Kerosin-Verbrauch würde steigen – die Ticketpreise wohl auch.

Inzwischen warnen aber auch russische Unternehmerorganisationen vor einer Eskalation wirtschaftlicher Unfreundlichkeiten. Anders als Moskau zunächst versicherte, hat der Importstopp für westliche Lebensmittel offenbar doch das Zeug zu einem Bumerang. Russische Großhändler bereiten Supermarkt-Ketten schonend auf Preissteigerungen von 30 bis 50 Prozent vor. Weil die Zwischenhändler in Russland ihre Stunde gekommen sehen. Und weil der Weg von Lachs etwa, der vor der russischen oder chilenischen Pazifik-Küste gefangen wird, um ein Mehrfaches weiter sei als der von der Barentssee, wo der Edelfisch bisher den Skandinaviern ins Netz ging.

Auch sind die Schwellenländer in Lateinamerika und Asien offenbar nicht in der Lage, Russlands Bedarf an Nahrungsmitteln für Diabetiker oder Allergiker zu decken. In aller Stille schlug Moskau daher schon letzte Woche Schneisen in das Sanktionsdickicht. Laktosefreie Produkte, Saatgut und Lachsbrut dürfen wieder passieren, auch bei Sportlernahrung mit hohem Protein-Anteil sind Lockerungen geplant.

Krisengespräche

Das erwähnte fünfstündige Krisentreffen der Außenminister aus der Ukraine, Pawel Klimkin, und Russlands, Sergej Lawrow, mit Frank-Walter Steinmeier und Laurent Fabius am Sonntagnachmittag in Berlin hat zumindest ein Ergebnis gezeitigt: Man will einander wieder treffen und Deeskalationsvorschläge behandeln.

Von Deeskalation war am Montag aber nichts zu spüren. Ein Buskonvoi mit Flüchtlingen aus der ostukrainischen Stadt Lugansk wurde nach ukrainischen Angaben von prorussischen Separatisten mit Raketen angegriffen. Die ukrainische Armee eroberte weitere Gebiete von den Separatisten zurück und zog einen Belagerungsring um Horliwka.

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