Tunesischer Regierungschef verlor Vertrauen des Parlaments

Habib Essid
Ministerpräsident Habib Essid stand seit längerem unter Druck. Seit den Terroranschlägen im November gilt der Ausnahmezustand im Land.

In Tunesien hat das Parlament Regierungschef Habib Essid das Vertrauen entzogen. Mit deutlicher Mehrheit stimmten die Abgeordneten am Samstagabend für eine Absetzung des Ministerpräsidenten. Essid stand unter Druck, weil es seiner Regierung nicht gelang, die Wirtschaftskrise und die hohe Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Tunesien wurde außerdem immer wieder von islamistischen Anschlägen erschüttert.

Insgesamt stimmten am Samstagabend 118 Abgeordnete gegen den Ministerpräsidenten, nur drei wollten ihn weiter im Amt sehen. 27 Parlamentarier enthielten sich bei der Abstimmung. Das klare Votum war erwartet worden, nachdem die vier an der Regierungskoalition beteiligten Parteien angekündigt hatten, gegen Essid zu stimmen. Der scheidende Ministerpräsident, der den Posten vor 18 Monaten angetreten hatte, hat nun zehn Tage Zeit, um Konsultationen über einen geeigneten Nachfolger zu führen.

Kritik vom Präsidenten

Zuletzt hatte Essid vor allem die Unterstützung von Präsident Béji Caid Essebsi verloren. Der Staatschef hatte im vergangenen Monat im Fernsehen die Regierung und ihre Arbeit kritisiert. Er schlug dabei die Bildung einer nationalen Einheitsregierung vor, um die Krisen des Landes in den Griff zu bekommen.

Vor dem Votum wandte sich Essid an die Abgeordneten und verteidigte die Arbeit seiner Amtszeit. Seine Gegner "tun so, als vergessen sie", welchen Fortschritt die Regierung im Kampf gegen den Terrorismus erzielt habe, sagte er. "Diese Regierung ist gebildet worden, um zu bleiben. Die Lage in unserem Land erfordert Kontinuität."

Viele Abgeordnete lobten Essid für seine Integrität, kritisierten aber auch die Bilanz seiner Regierungszeit. Der frühere Ministerpräsident Ali Larayedh von der islamistischen Ennahda-Partei sagte, die Regierung sei "zu schwach" gewesen. "Es ist Zeit für einen Wandel."

Land galt als Beispiel für die Region

Abdelaziz Kotti von der Partei Nidaa Tounès von Präsident Essebsi warf Essid und seiner Regierungsmannschaft vor, für die immensen Wirtschaftsprobleme keine Lösungen gefunden zu haben. Es sei der Führung außerdem nicht gelungen, "den Tunesiern Hoffnung zu geben". Die Arbeitslosigkeit in Tunesien lag zum Jahresende bei 15 Prozent. Das Wirtschaftswachstum betrug 2015 nur 0,8 Prozent nach einem Anstieg von 2,3 Prozent im Jahr davor.

Im nordafrikanischen Tunesien hatte vor mehr als fünf Jahren mit dem Aufstand gegen Präsident Zine El Abidine Ben Ali der sogenannte Arabische Frühling begonnen, der sich rasch auf andere Länder ausbreitete. Das Land gilt eigentlich als gelungenes Beispiel in der Region für den Übergang zur Demokratie nach einer Revolte. Seitdem gab es aber mehrere schwere islamistische Anschläge in dem Land.

Derzeit gilt in Tunesien zudem der Ausnahmezustand. Er war Ende November verhängt worden, nachdem bei einem Anschlag in der Hauptstadt Tunis zwölf Mitglieder der Präsidentengarde getötet wurden. Zu dem Anschlag bekannte sich die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS).

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