Anhänger und Gegner Erdogans demonstrierten in Istanbul

Demos auf dem Taksim-Platz in der Türkei.
Türkische Fahnen und Porträts von Atatürk bei Kundgebung am Taksim-Platz. Erdogan trifft Oppositionsvertreter.

In Istanbul haben am Sonntagabend tausende Anhänger und Gegner von Präsident Recep Tayyip Erdogan gemeinsam demonstriert. Die sozialdemokratische Oppositionspartei CHP hatte zu der Kundgebung aufgerufen. Die Regierungspartei AKP, deren Anhänger bereits seit Tagen zu Zehntausenden auf die Straße gehen, schloss sich dem Aufruf an.

Anhänger und Gegner Erdogans demonstrierten in Istanbul
Supporters of various political parties gather in Istanbul's Taksim Square and wave Turkey's national flags during the Republic and Democracy Rally organised by main opposition Republican People's Party (CHP), Turkey, July 24, 2016. REUTERS/Baz Ratner
Die Demonstranten schwenkten gut eine Woche nach dem gescheiterten Putschversuch am Taksim-Platz unzählige rote türkische Nationalflaggen. Daneben dominierten Porträts des Republik-Gründers Mustapha Kemal Atatürk, der ein laizistisches Staatskonzept verfolgte. "Wir verteidigen die Republik und die Demokratie", "Die Souveränität gehört ohne Vorbedingungen dem Volk", "Nein zum Staatsstreich - Ja zur Demokratie", hieß es auf Spruchbändern.
Anhänger und Gegner Erdogans demonstrierten in Istanbul
Supporters of various political parties gather in Istanbul's Taksim Square and hold Turkey's national flags during the Republic and Democracy Rally organised by main opposition Republican People's Party (CHP), Turkey, July 24, 2016. REUTERS/Osman Orsal
Es gab nur wenige Slogans, die sich direkt gegen die AKP von Erdogan wandten. Ein Journalist der Nachrichtenagentur AFP hörte den Ausruf "Dieb, Mörder, AKP". Ein starkes Aufgebot der Sicherheitskräfte war im Einsatz.
Anhänger und Gegner Erdogans demonstrierten in Istanbul
Supporters of various political parties gather in Istanbul's Taksim Square and wave Turkey's national flags during the Republic and Democracy Rally organised by main opposition Republican People's Party (CHP), Turkey, July 24, 2016. REUTERS/Baz Ratner

Erdogan trifft Oppositionsvertreter

Nach der Verhängung des Ausnahmezustands in der Türkei kommt Erdogan am Montag mit Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu zusammen. Neben dem Chef der Mitte-Links-Partei CHP sollen an dem Treffen im Präsidentenpalast in Ankara auch Ministerpräsident und AKP-Chef Binali Yildirim sowie der Vorsitzende der ultrarechten MHP, Devlet Bahceli, teilnehmen. Erdogan wolle sich für die entschlossene Haltung der Opposition gegen den Putschversuch bedanken, Kilicdaroglu und Bahceli hätten die Einladung angenommen. Erdogan wolle mit den Oppositionsvertreten und seinem Regierungschef außerdem die jüngsten Ereignisse bewerten und Vorschläge entgegennehmen.

Keine Einladung erhielten demnach die Vorsitzenden der pro-kurdischen HDP. Die von einer Doppelspitze geführte HDP hatte den Putschversuch ebenfalls verurteilt. Sie hatte Erdogan aber vorgeworfen, den Putschversuch dafür zu missbrauchen, Gegner auszuschalten und demokratische Freiheiten einzuschränken.

Amnesty-Hinweise auf Folter - Regierung dementiert

Amnesty International hat nach eigenen Angaben "glaubwürdige Hinweise" auf Misshandlungen und sogar Folter von festgenommenen Verdächtigen in der Türkei. Die Menschenrechtsorganisation forderte die Türkei am Sonntag auf, unabhängigen Beobachtern Zugang zu allen Einrichtungen zu gewähren, in denen die mehr als 13.000 Verdächtigen festgehalten würden. Ankara wies die Vorwürfe vehement zurück.

"Die Idee, dass die Türkei, ein Land, dass nach der Mitgliedschaft in der EU strebt, das Gesetz nicht respektiert, ist absurd", sagte ein hochrangiger Regierungsvertreter der Deutschen Presse-Agentur in Istanbul. "Wir weisen die Vorwürfe kategorisch zurück und ermutigen Lobbygruppen zu einer unparteiischen Darstellung der rechtlichen Schritte, die gegen Menschen ergriffen werden, die fast 250 Zivilisten kaltblütig ermordet haben."

Erst am Samstag seien 1.200 Soldaten aus dem Polizeigewahrsam entlassen worden. Der Europa-Direktor von Amnesty International, John Dalhuisen, sagte einer Mitteilung zufolge: "Berichte von Misshandlungen inklusive Schlägen und Vergewaltigung in Polizeigewahrsam sind extrem alarmierend." Die Regierung müsse diese "abscheulichen Praktiken" sofort stoppen.

Amnesty kritisierte auch das am Samstag erlassene Dekret von Präsident Recep Tayyip Erdogan. Der erste Erlass unter dem am Donnerstag verhängten Ausnahmezustand erlaubt unter anderem, dass Behördenvertreter bei Treffen von Verdächtigen und Anwälten anwesend sein und dabei Ton- oder Videoaufnahmen machen dürfen. Dokumente, die zwischen Festgenommenen und Anwälten ausgetauscht werden, können beschlagnahmt werden. Amnesty bemängelte, damit werde das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren unterlaufen.

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