Nach Debakel: Grabenkriege in Schwarzenberg-Partei

Rücktritte, Streit, Intrigen.Nach Serienniederlagen bei Kommunalwahlen drohen Chaos und politische Flügelkämpfe.

Wir haben ordentlich eine auf den Deckel gekriegt": Es wäre nicht Karel Schwarzenberg, hätte er nicht auch für politische Rückschläge seinen grantelnden Humor parat. So souverän wie der Chef aber geht seine Partei nicht mit der krachenden Niederlage bei den Kommunalwahlen in der Vorwoche um. Noch während am Samstag landesweit die Stichwahlen laufen, steht das Debakel der bürgerlichen TOP09 fest.

Am meisten schmerzt die Niederlage natürlich in der Hauptstadt Prag, seit Jahren Hochburg der Schwarzenberg-Partei. Hier hat der bisherige Bürgermeister Tomas Hudecek die Mehrheit abgeben müssen, an jene Partei, die zunehmend die Rolle der TOP09 in der tschechischen Politik übernimmt: Die ANO-Bewegung des Unternehmers und Multimillionärs Andrej Babis.

Obwohl der seit dem Vorjahr als Finanzminister in einer Koalitionsregierung mit den Sozialdemokraten sitzt, hat das – anders als in Tschechiens Politik üblich – seiner Popularität kaum geschadet. Nach dem Sieg bei den Europawahlen dürften jetzt die Bürgermeisterposten in fast allen großen Städten an ANO gehen – eben auch in Prag. Bürgermeister Hudecek erwies sich aber nicht als guter Verlierer. Er kündigte umgehend seinen Austritt aus der Partei – nicht ohne der vorher öffentlich seine Meinung auszurichten. Die "Spiele hinter den Kulissen", die die TOP09 anfangs kritisiert habe, würde sie jetzt bei ihren Vertretern "stillschweigend hinnehmen."

"Soll sich schämen"

Schwarzenberg reagierte umgehend verstimmt. Hudecek solle "sich schämen", schließlich habe er den Wahlkampf geführt. Und der, ärgert sich der Adelige gegenüber der Zeitung Lidove noviny, sei komplett danebengegangen. Hudeck hatte sich völlig auf Andrej Babis und dessen möglicherweise anrüchige Vergangenheit eingeschossen. Der gebürtige Slowake Babis, Sohn eines Diplomaten, war selbst für die kommunistische Diktatur im Ausland tätig und soll dabei für den kommunistischen Geheimdienst spioniert haben.

Wirklich stichhaltige Beweise für Babis’ Verstrickungen sind allerdings bisher nicht aufgetaucht. Daher liefen auch die Wahlkampf-Attacken der TOP09 ins Leere. "Das ist alles längst vergangen und interessiert die Leute nicht", zieht Schwarzenberg sein bitteres Resümee.

Doch während sich der Chef bemüht, wieder halbwegs für Ruhe in der Partei zu sorgen, heißt es in den hinteren Reihen: Jeder gegen jeden. So heftig wird in einzelnen Städten um die verbliebenen Posten gerauft, dass Schwarzenberg erklären musste, in diese lokalen Kriege nicht eingreifen zu wollen, "das müssen die Kollegen vor Ort lösen." Selbst Hand angelegt aber hat er offensichtlich beim Abgang des Pragers Hudecek, der – so berichtete der tschechische Boulevard – weinend abgegangen sein soll. "Hudecek mussten wir opfern", so der trockene Kommentar Schwarzenbergs.

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