Syrien startet "groß angelegte" Bodenoffensive

Mit russischer Luftunterstützung hat die syrische Armee eine Bodenoffensive gegen moderate und radikale Regimegegner begonnen.
Moskaus Luftschläge haben Assads Regime Auftrieb gegeben. Besorgnis wächst allerorts.

Gestärkt durch die russischen Luftangriffe will Damaskus die Bodenkämpfe gegen die Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) und andere Rebellengruppen massiv ausweiten.

"Die syrischen Streitkräfte haben heute eine groß angelegte Offensive gestartet, um die Terrorgruppen zu besiegen und die Gegenden und Dörfer zu befreien, die unter dem Terror und seinen Verbrechen gelitten haben", zitierte das Staatsfernsehen am Donnerstag den syrischen Generalstabschef Ali Abdullah Ayoub.

Am Mittwoch war in syrischen Militärkreisen bereits bestätigt worden, dass die Truppen in der zentralen Provinz Hama eine Offensive gestartet haben. Durch die russischen Bombardierungen seien die Aufständischen schon geschwächt worden, sagte General Ayoub. Dadurch hätten "die syrischen Streitkräfte die militärische Initiative behauptet".

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Besorgnis wächst

Die NATO erwägt angesichts des russischen Eingreifens in den Syrien-Konflikt eine Aufrüstung im Süden des Bündnisgebietes. „Unsere militärischen Befehlshaber haben bestätigt, dass wir bereits jetzt die nötigen Fähigkeiten und die Infrastruktur haben, um die schnelle Eingreiftruppe (NRF) in den Süden zu schicken“, sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg am Donnerstag. Denkbar sei zum Beispiel eine Stationierung von Truppen auf dem Territorium des Allianzpartners Türkei. Aus Syrien kommende russische Kampfflugzeuge waren jüngst unerlaubt in den türkischen Luftraum eingedrungen.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan warnte Russland am Donnerstag vor einem nachhaltigen Schaden für die Beziehungen zwischen den beiden Ländern. Er sei "enttäuscht" vom russischen Verhalten. Noch vor kurzem habe er ausführlich mit Präsident Wladimir Putin gesprochen; kurz darauf seien die russischen Jets in den türkischen Luftraum eingedrungen. Neuerliche Gespräche mit Putin plant er offenbar nicht: "Unter diesen Bedingungen hat es keinen Sinn, dass ich anrufe", sagte er.

"Russland ist nicht konstruktiv, nicht verlässlich und zeigt sich nicht kooperativ."

Der britische Verteidigungsminister Michael Fallon sagte: „Russland macht die sehr ernste Situation in Syrien noch gefährlicher.“ Die niederländische Verteidigungsministerin Jeanine Hennis-Plasschaert kritisierte konkret das Verhalten Putins. „Russland ist nicht konstruktiv, nicht verlässlich und zeigt sich nicht kooperativ“, sagte sie.

So sehen das auch die USA: Mehr als 90 Prozent der bisher registrierten russischen Luftangriffe in Syrien gelten nicht der IS oder Terroristen, die mit Al-Kaida verbündet sind, hält der Sprecher des US-Außenministeriums fest. Die Luftschläge seien weitgehend gegen Oppositionsgruppen gerichtet, die gegen einen Verbleib des Regimes von Präsident Bashar al-Assad an der Macht seien.

Syrien startet "groß angelegte" Bodenoffensive
epa04967433 A handout frame grab taken from a video footage made available on the official website of the Russian Defence Ministry on 07 October 2015 shows a warship of the Caspian Flotilla launching missiles from the deployment area in the south-western Caspian Sea. According to information published on the official website of the Russian Defence Ministry, the warships of the Caspian Flotilla carried out massive strikes against Islamic State facilities in Syria by sea-based cruise missiles which passed through the airspace of Iran and Iraq and hit targets. EPA/RUSSIAN DEFENCE MINISTRY PRESS SERVICE/HANDOUT BEST QUALITY AVAILABLE HANDOUT EDITORIAL USE ONLY/NO SALES

Haben US-Geheimdienste versagt?

Die USA passten ihre Militärstrategie mit Ausweichmanövern an die russischen Angriffe an. In mindestens einem Fall habe ein US-Kampfflugzeug seinen Kurs geändert, um eine "sichere Trennung" von russischen Maschinen zu gewährleisten, sagte Marine-Kapitän Jeff Davis im Pentagon. Wie nah die Flugzeuge sich kamen sowie wann und wie oft es bisher zu Ausweichmanövern kam, sagte Davis nicht.

Indessen hat der US-Kongress Abgeordneten zufolge Ermittlungen eingeleitet, ob die Geheimdienste Pläne für die russische Intervention in Syrien nicht rechtzeitig aufgedeckt haben. In den Geheimdienst-Ausschüssen von Senat und Repräsentantenhaus werde geprüft, ob Warnsignale überhört worden seien, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters. Hinweise auf ein Versagen würden eine weitere Schlappe für die US-Geheimdienste bedeuten, die etwa bereits von der russischen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim überrascht worden waren.

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