Syrien-Konferenz findet ohne Syrien statt

US-Außenminister John Kerry ist wieder in Wien.
Über die Angelegenheiten der Syrer debattieren hochkarätige Politiker - Vertreter aus dem Krisenstaat fehlen.

Mindestens 17 Staaten sowie die EU und die UNO sind diplomatischen Kreisen zufolge beim Syrien-Gipfel an diesem Freitag in Wien durch hochrangige Politiker und Diplomaten vertreten. Syrische Repräsentanten werden aber nicht anwesend sein - weder von Regierungs- noch von Oppositionsseite. Ein erstes hochrangiges Treffen findet bereits am Donnerstagabend in Wien statt.

"Die Herausforderung, vor der wir in Syrien stehen, ist, einen Weg aus der Hölle zu finden."

US-Außenminister John Kerry hatte bei seiner Ankunft den Pfad für die Gespräche bereits vorgegeben: "Die Herausforderung, vor der wir in Syrien stehen, ist, einen Weg aus der Hölle zu finden."

Am Donnerstagabend wird er mit Russlands Außenminister Sergej Lawrow, dem türkischen Kollegen Feridun Sinirlioglu und Saudi-Arabiens Ressortchef Adel al-Jubeir erneut über einen möglichen Ausweg aus dem Bürgerkrieg sprechen. Noch vor dem abendlichen Treffen kam zudem Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) mit Kerry zusammen.

Hochkarätiges Gipfelreffen

Am Freitag werden die Gespräche in Wien zum Syrien-Konflikt in größerer Runde fortgesetzt. Aus informierten Kreisen erfuhr die APA, dass nach aktuellem Stand die Außenminister der USA, Russlands, Großbritanniens, Deutschlands, Frankreichs, Saudi-Arabiens, des Iran, der Türkei, Katars, Ägyptens, der Vereinigten Arabischen Emirate, des Libanon, Jordaniens, Italiens und des Oman teilnehmen. Unklar ist derzeit noch, ob aus dem Irak und aus China die Außenminister oder deren Stellvertreter anreisen werden, hieß es.

Teilnehmen werden zudem die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini sowie der Sondergesandte der Vereinten Nationen für den Syrien-Konflikt, Staffan de Mistura. Syrische Vertreter - weder von Regierungs- noch von Oppositionsseite - werden bei dem Gipfel nicht anwesend sein, bestätigte der informierte Diplomat der APA. Zuvor hatte bereits die Nachrichtenagentur Reuters darüber berichtet.

Saudi-Arabien & Iran: Fortschritt

Erwartet werden zahlreiche bilaterale sowie multilaterale Gesprächsrunden am Freitag. Das genaue Programm stand am frühen Donnerstagnachmittag allerdings noch nicht fest. Unklar war zunächst auch, ob die Vertreter der Erzrivalen Saudi-Arabien und Iran auch gemeinsam an einem Tisch miteinander verhandeln werden. Dass beide Länder zugleich an dieser Konferenz teilnehmen werden, wird allerdings von Beobachtern weithin als Fortschritt bezeichnet.

"Es gibt eine große Schwäche bei dem Treffen, weil dort Angelegenheiten der Syrer in deren Abwesenheit besprochen werden sollen."

Demgegenüber werden bei dem Gipfel keine syrischen Vertreter der Konfliktparteien anwesend sein. Repräsentanten der Opposition seien nicht eingeladen worden, erklärten am Donnerstag übereinstimmend zwei Vertreter der Gegner von Syriens Präsident Bashar al-Assad laut Reuters. Von der Regierung in Damaskus lag demnach zunächst keine Stellungnahme zu dem Treffen vor, das den Beginn einer Friedenslösung in dem seit über vier Jahren andauernden Konflikt markieren könnte. Unklar war, ob die syrische Regierung überhaupt nach Wien eingeladen worden ist. Bei früheren internationalen Treffen war das nicht der Fall.

"Es gibt eine große Schwäche bei dem Treffen, weil dort Angelegenheiten der Syrer in deren Abwesenheit besprochen werden sollen", sagte George Sabra von der Syrischen Nationalen Koalition (SNK/SNC). Dem Treffen mangle es an der nötigen Ernsthaftigkeit, kritisierte er.

Rolle Assads ist Top-Thema

In den festgefahrenen Konflikt ist Bewegung gekommen, seitdem Russland vor vier Wochen mit seiner Luftwaffe die Truppen Assads militärisch unterstützt, die dadurch Boden gutmachen konnten. Nach Darstellung der oppositionellen Yarmuk-Armee haben die russischen Piloten in der Nacht zum Donnerstag ihr Einsatzgebiet ausgeweitet, indem sie erstmals in der südlichen Provinz Daraa Ziele angriffen.

Ein Knackpunkt bei dem Gipfel dürfte die Rolle Assads bei einer möglichen Friedensregelung sein. Westliche Staaten haben erkennen lassen, dass der Präsident in eine Übergangslösung eingebunden werden könnte. Russland und der Iran als Hauptunterstützer des Langzeitmachthabers wollen von einer baldigen Ablösung Assads nichts wissen, Saudi-Arabien und die USA beharren aber darauf - zumindest langfristig. Unbestritten ist bei allen Konferenz-Teilnehmern, dass die dschihadistische Organisation "Islamischer Staat" (IS) der gemeinsame Hauptgegner ist. Die IS-Extremisten stellen die mit Abstand stärkste oppositionelle Kraft in der zersplitterten syrischen Opposition dar.

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