Architekt von IS-Anschlägen bei Luftangriff getötet

Abu Muhammad al-Adnani
IS-Propagandachef al-Adnani offenbar in Syrien getötet, Russland und die USA beanspruchen entscheidenden Luftschlag für sich.

Der IS gab am Dienstagabend den Tod seines Propagandachefs Abu Mohammed al-Adnani bekannt, der direkt an der Planung von Anschlägen in Europa beteiligt gewesen sein soll. Adnani sei in der syrischen Provinz Aleppo getötet worden, meldete die IS-nahe Agentur Amaq.

Womöglich kam er bei einem Luftangriff der US-geführten Anti-IS-Allianz ums Leben. Das US-Verteidigungsministerium wollte seinen Tod allerdings noch nicht bestätigten. Amaq meldete, Adnani sei zum "Märtyrer" geworden, als er Militäreinsätze in Aleppo überwacht habe. Zum Zeitpunkt und den genauen Umständen seines Todes machte der IS keine Angaben.

Wie der Pentagon-Sprecher Peter Cook mitteilte, wurde Adnani am Dienstag bei einem "Präzisionsschlag" in der Stadt Bab in Aleppo ins Visier genommen. "Wir bewerten derzeit noch die Ergebnisse des Angriffs", fügte der Sprecher hinzu. Sollte sich Adnanis "Beseitigung vom Schlachtfeld" bestätigen, wäre dies jedoch ein weiterer wichtiger Schlag gegen den IS.

Russland reklamiert Angriff für sich

Russland lässt das nicht gelten und reklamiert den tödlichen Angriff auf al-Adnani in Syrien für sich. Die russischen Luftstreitkräfte hätten das Führungsmitglied des "Islamischen Staates" (IS) bei einem Angriff getötet, erklärte das Verteidigungsministerium am Mittwoch in Moskau. Adnani habe zu einer Gruppe von bis zu 40 IS-Mitgliedern gehört, die den Luftangriffen in der Region Aleppo zum Opfer gefallen seien. Dies sei über "verschiedene Geheimdienstkanäle" bestätigt worden.

Wer war Al-Adnani?

Der Pentagon-Sprecher bezeichnete Adnani als wichtigsten Sprecher des IS und den "Chefarchitekten" von Anschlägen außerhalb des IS-Gebiets. Er habe neue IS-Kämpfer rekrutiert, deren Einsätze koordiniert und zu Attentaten sogenannter einsamer Wölfe aufgerufen. Nach Erkenntnissen westlicher Geheimdienste war Adnani auch direkt an der Planung von Anschlägen in Europa beteiligt, etwa in Paris, Brüssel und am Istanbuler Flughafen. Die USA setzten ein Kopfgeld von fünf Millionen Dollar (4,48 Mio. Euro) auf ihn aus.

Im September 2014 rief Adnani die IS-Anhänger auf, "Ungläubige" in westlichen Staaten zu töten. Er listete verschiedene Möglichkeiten auf, Zivilisten und Soldaten ohne großen logistischen Aufwand umzubringen - etwa mit Messern oder Fahrzeugen. Damit könnte er etwa den Attentäter von Nizza inspiriert haben, der im Juli auf der Strandpromenade der südfranzösischen Stadt mit einem Lastwagen in eine Menschenmenge gefahren war.

Adnani, der 1977 in der syrischen Provinz Idlib geboren wurde, war eines der Gründungsmitglieder des IS. Anfang der 2000er Jahre schloss er sich den Jihadisten im Irak an und schwor dem Chef von Al-Kaida im Irak, Abu Moussab al-Zarqawi, die Treue. Aus der Gruppe ging später der IS hervor.

Beim IS stieg Adnani schnell zu einem der wichtigsten Strategen und zum Propagandachef auf: Nach der Eroberung großer Gebiete in Syrien und Irak rief Adnani im Juni 2014 in einer Audiobotschaft das "Kalifat" des IS aus und erklärte IS-Anführer Abu Bakr al-Baghdadi zum Kalifen.

Für den Dschihadismus-Experten Charles Lister ist der Tod des IS-Sprechers "ein großer Rückschlag" für die Extremistengruppe. Der Experte Hisham al-Hashimi bezeichnete seine Tötung als Anzeichen dafür, dass der IS nicht einmal mehr seine ranghöchsten Anführer schützen könne.

Der US-Geheimdienst wisse inzwischen sehr genau über die Führungsspitze des IS Bescheid. Erst im Juli hatte die IS-Miliz den Tod ihres Militärchefs Omar al-Shishani im irakischen Mosul bestätigen müssen. Im März gab US-Verteidigungsminister Ashton Carter die Tötung des IS-Finanzchef Abdul Rahman Mustafa al-Qaduli (Kaduli) bekannt. Er galt als die "Nummer zwei" des IS hinter Baghdadi.

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